Spielberichte aus aller Welt

  • London & Cardiff 2020


    Mindestens ein halbes Dutzend mal war ich mittlerweile auf der Insel, ein Spiel gesehen hab ich da bis zu diesem Jahr aber noch nie. Dabei wäre das eigentlich naheliegend gewesen, zumal ich jedes mal in Städten mit halbwegs sinnvollen Zweit- und Drittligisten unterwegs war. So dauerte es eben bis zu diesem Januar, bis ich das endlich nachholen konnte. Hoppen ist teuer, also wird wenigstens die günstigste Verbindung rausgesucht, für einen Zwanni pro Flug kann man nicht viel falsch machen. Meine Trödelei bei der Suche nach Unterkünften kam mir preislich auch noch entgegen, wodurch auch hier nur hauchdünn über 50€ zu entrichten waren. Früher hätte ich auch nicht suchen können/dürfen, einige Spiele haben sich in der Zwischenzeit zerschlagen und mit dem walisischen Derby drängte sich sehr kurzfristig eine neue Option auf.
    So ging es am Samstagmorgen gutgelaunt zum Flughafen in Dortmund und die Laune wurde nicht mal dadurch verhagelt, dass ich direkt nach dem Start aus meinem Fenster das hässliche Westfalenstadion zu Gesicht bekam. Muss an dieser Stelle erwähnt werden, dass über dem Festland teilweise gute Sicht herrschte und ab der Insel nur noch eine finstere Wolkendecke zu sehen war? Erheiternd fand ich auch die Tatsache, dass sich Engländer jetzt schon bei Passkontrollen an den Non-EU-Schaltern anstellen. Ob das Ungeduld oder Unwissen war entzieht sich der Kenntnis des Verfassers dieser Zeilen. Vor mir am Schalter wurden auch die ersten Klischee-Teutonen erspäht, welche durch ihre Motorrad-Club-Klamotten zum einen auffielen, zum anderen dadurch, dass sie Bierbüchsen in der Hand hielten. Wo auch immer die da schon ihr Bier her hatten...
    Per Bus ging es vom Flughafen "London" Stansted in die Stadt, wobei es auch am Olympiastadion vorbeiging. Dort trägt ja mittlerweile West Ham seine Heimspiele aus um in der Kategorie "seelenlose Heimspielstätte" endlich mit den Spurs und Arsenal gleichziehen zu können. Immerhin ist man relativ nah an seiner Heimat geblieben. In der Stadt angekommen wurde der erstbeste Pub angesteuert, der sich mir in den Weg gestellt hat. Nachdem ich mein Gepäck losgeworden bin war einfach noch ein wenig Zeit und trotz des kurzen Stopps mit einem Pint "Hop House 13" war ich deutlich zu früh in Charlton. Direkt eine Karte geordert und in den Fanshop gestolpert, um diesen unter die Lupe zu nehmen. Gestolpert ist dabei genau der richtige Begriff, das bin ich nämlich über eine dusselig platzierte Tasche. Nach einem kurzen "blöde Scheiße", welches reflexartig über meine Lippen kam wurde ich direkt von einer Verkäuferin angesprochen, die nun Interesse an meiner Herkunft hatte. Deutsche Hopper sind dort wohl seltener gesehen und wenn, dann vorwiegend mal am Boxing Day. Der Fanshop hat mich nun weniger glücklich gemacht und auch der erworbene Schal ist keine Schönheit, aber bei den grimmigen Wetterverhältnissen eine der besten Investitionen meines Lebens. Wissen die in England denn nicht, dass der Rest des Kontinents schon Frühling hat? Direkt vorm Stadion stand noch sehr verlockend eine Burgerbude mit halbwegs vernünftigen Preisen. Aber hier gibt es für den Touri/Hopper aus Deutschland einen wichtigen Unterschied. Fragt dich in Deutschland beim Burgerkauf jemand, ob du Zwiebeln drauf haben willst lautet die Antwort selbstverständlich "ja, so viele wie möglich", in England muss ein grimmiges Gesicht gemacht, verneint und dabei noch energisch der Kopf geschüttelt werden. Zwiebeln werden da aus irgendwelchen Gründen einfach so lange in Öl geworfen, bis sie einen wirklich bestialischen Geschmack entwickeln, während man sie hier einfach roh auf einen Burger wirft. Das hatte ich einen Moment lang vergessen, gehorchte dem alten Reflex und das alte Trauma brach wieder auf, als ich diesen Berg matschiger, fettiger Ölzwiebeln auf meinem Burger erspähte. Aber eine der größten Umstellungen zum Rest des Kontinents ist der Bierkonsum in englischen Stadien. Nach der letzten großen Stadionkatastrophe sprach der "Taylor Report" ja einige komplett bescheuerte Empfehlungen aus, wie den Verbot des Ausschanks alkoholischer Getränke. Kurze Zeit nach der Umsetzung wurde diese Regel gelockert und in "keine alkoholischen Getränke" in Spielfeldnähe abgeändert, diese Einnahmequelle wollten sich die Vereine dann doch lieber nicht nehmen lassen. Das führt dazu, dass der Engländer vor dem Spiel und in der Halbzeit so zecht als wenn es kein Morgen gäbe und während des Spiels keinen Tropfen trinkt. Selbstverständlich hab ich mich da gut eingefügt und schon vor Spielbeginn mit zwei Pints gestärkt. Dabei wurde natürlich der ganze Bereich vor der Tribüne mal in unter die Lupe genommen und als ich ein Plakat erblickte, welches den Leser darauf hinwies doch bitte seine Sprache zu zügeln, da Charlton ein Familienverein ist habe ich kurz überlegt das Stadion zu verlassen und einfach in den versifftesten Pub zu gehen den ich finden kann. Was tun die hier bloß dem Fußball an?


    Kurz vor Spielbeginn wurde ich auf meinem Sitzplatz aber doch ein wenig durch den kahlköpfigen Stiernacken schräg hinter mir beruhigt, der schon vor Anpfiff durch wirklich hässliche Unflätigkeiten auffiel. Auffallend ist aber sofort, dass der Alterssschnitt in den Stadien ein anderer ist als bei uns. Aber wer kann da auch regelmäßig mit Familie hin? Unter solchen Bedingungen hätte mich mein Vater damals als Kind nicht regelmäßig ins Niedersachsenstadion gebracht. Gegen sämtliche Befürchtungen war die Stimmung trotzdem durchaus okay, wobei der Gästeblock zwar seltener, dafür aber dann lauter zu hören war. 19.720 Zuschauer sahen ein von Beginn an munteres Spiel, in welches die Gäste als Favorit gingen, stehen sie doch immerhin auf einem direkten Aufstiegplatz, während Charlton dringend ein paar Punkte braucht, um nicht auf einen Abstiegsplatz zu rutschen. Die Hausherren begannen auch direkt mal druckvoll, um ihrem neuen Besitzer (East Street Investments) zu gefallen. Daran werde ich mich wohl nie gewöhnen...
    Schon beim aufwärmen sieht man die Spieler nur den Ball hoch und weit übers Feld schlagen, das ist doch sehr vielversprechend. Beide Mannschaften begannen schwungvoll und leisteten sich defensiv atemberaubende Aussetzer, aber beim ausnutzen sieht man dann, wer oben steht und wer unten... Trotz des besseren Starts der Hausherren gingen die Gäste nach 21 Minuten etwas überraschend in Führung. Ein dusseliger Ballverlust außen, Zohore sprintet diagonal in den Strafraum. Zwar wird sein erster Schuss noch per Grätsche geblockt, aber den Nachschuss setzt er trocken flach in die Tormitte. Charlton war davon wenig beeindruckt und kam nur sechs Minuten später zum Ausgleich. Nach einer kurz ausgeführten Ecke flankt Callagher in die Mitte, wo Josh Davison per Kopf sein erster Tor erzielt. In der Invalidentruppe ist das aktuell der einzig verbliebene Stürmer. Bevor die Ecke ausgeführt werden konnte amüsierte sich der Gästeblock noch mit dem Ball, der da zur Ecke geklärt wurde und rückten diesen nicht raus, sondern warfen ihn fröhnlich von A nach B. Erst mit einem Ersatzball, der viele Sekunden später zum ausführenden Spieler geworfen wurde konnte die Ecke ausgeführt werden. Ist mir übrigens mehrfach aufgefallen, dass es irgendwie kaum Ersatzbälle gibt und Balljungen wie bei uns auch eher nicht. Vor der Pause verspielte West Brom dann noch astrein einen Konter in Überzahl, sonst passierte vor dem Seitenwechsel nicht mehr allzu viel. Mein Pausenbier dauerte einen Moment zu lang, so sah ich nur noch beim Gang zu den Rängen den Ball von Robson-Kanus Fuß nach flacher Hereingabe ins Netz springen. Das ganze war 30 Sekunden nach Wiederanpfiff und der Gästeblock rastete ziemlich sehenswert aus. West Brom danach mit seiner besten Phase und es gab ein paar gute Gelegenheiten Charlton jetzt den Rest zu geben, stattdessen lud man diese ab der 70. Minute immer wieder ein und in der 76. Minute wurde man dafür dann auch direkt "belohnt"; Daughty mit wundervoller Flanke auf Lockyer, dessen Kopfball landet am Pfosten, springt aber auf dem Rückweg an den Rücken des Torhüters. 2:2. Die "You're not singing anymore"-Rufe danach kamen schon ziemlich geil, trotzdem stellt sich die Frage, wieso es vorher zehn Minuten lang auf der Heimseite totenstill war. Trotzdem konnte ich nach Schlusspfiff durchaus zufrieden sein. Ein wirklich ausgezeichnetes Spiel und auch auf den Rängen war es nicht allzu schlecht, auch wenn es längst nicht an andere Länder heranreicht. Es war immerhin lauter als bei allen Spielen, die ich in Holland bisher gesehen habe zusammengenommen.
    Außerhalb des Stadions war nach Ende des Spiels enorm viel Polizei zu sehen und diese wirkten irgendwie komplett unentspannt, lustigerweise kann auch ein englischer Polizist wie auf Knopfdruck freundlich lächeln und eine höfliche Auskunft erteilen, wenn man etwas fragt. In Deutschland hätte mir beispielsweise die simple Frage nach der Uhrzeit wahrscheinlich schon nur ein Schlagstock beantwortet. Nach fast vier Stunden an der frischen Luft musste in der Innenstadt eine kurze Rast bei einem Pint Bier eingelegt werden, diesmal allerdings mit etwas mehr Eile, denn es wartete eine annähernd vierstündige Busfahrt in die walisische Hauptstadt auf mich. Der Kater hat ja hier im Forum schon mal einen inzternationalen Vergleich bei Bahnpreisen aufgestellt und auch für meine beiden Fahrten wäre ein nettes Sümmchen im dreistelligen Bereich zusammengekommen. "National Express" bot mir die einfache Fahrt für 15,80 GBP an, was dann letztendlich auch ohne eine Sekunde zu zögern den Zuschlag bekam.
    Dort angekommen wurden erstmal sämtliche Pläne durchkreuzt. Eigentlich wollte ich nur kurz meinen Kram in die Unterkunft bringen und dann ein erfrischendes Kaltgetränk in dieser fabelhaften Stadt zu mir nehmen, aber in der Behausung angekommen war ich vom Regen schon wirklich komplett durchnässt. Da ich nur leichtes Reisegepäck bei mir hatte wollte ich nicht auch noch einen zweiten Kleidungssatz durchnässen und kaufte stattdessen einen Viererträger Bier bei einer Esso-Tankstelle, die nur zehn Minuten entfernt war und wärmte mich den Rest des Abends im Zimmer auf. Irgendwie blöd, gerade an einem Samstagabend weiß Cardiff sehr zu gefallen und in den Pubs der Stadt ist immer was los. War zumindest vor wenigen Jahren noch so und ich bezweifle, dass sich daran groß was geändert hat... Wer hier neulich im Laberthread mitgelesen hat weiß, was für eine Unterkunft das war, aber das gehört hier natürlich ebenso rein. Für 20 GBP erwarte ich natürlich nicht viel, sondern einfach nur eine warme, saubere Unterkunft mit einem brauchbaren Bett und dem Zugang zu einem ebenfalls sauberen Badezimmer. Mehr nicht. Alles, was darüber hinausgeht kostet halt auch mehr, das sagt einem schon die Vernunft, vor allem 20-25 Minuten Fußweg vom Stadtzentrum entfernt. Aber meine Herren, war das schäbig! Ein typisches britisches Reihenhaus mit eingebauten Zahlenschlössern, so weit, so gut. Aber den ersten Lacher gab es für die "Lampe", also eine Glühbirne, die am Kabel von der Decke baumelt, den zweiten gab es für das Bett, welches auch mal selber zusammengebastelt wurde (man konnte aber tatsächlich gut darin schlafen, konnte ich jedenfalls nach den paar Pullen Bier ziemlich gut). Ansonsten stand ein kleiner Nachttisch im Raum und es gab einen Fernseher, sowie ein großes Foto von New York an der Wand - das wars. Ach ja, einen Spiegel gab es noch, der stand aber noch halb ausgepackt an der Wand angelehnt. Aber der Blick aus dem Fenster war doch sehr schön, welcher einen Blick auf einen Messi-Garten (dort werden Steine gesammelt) und eine Fensterbank freigab, wo die Farbe abbröckelt. Das Badezimmer wimmelte von Farbflecken, also muss hier zumindest irgendwann mal jemand gestrichen haben, ist aber auch schon etwas länger her. Vorhanden waren ein kleines Regal, eine angebrochene Rolle Klopapier und ein paar Dübel in der Wand, das helle Rechteck auf der Tapete lässt darauf schließen, dass dort mal ein kleiner Hängeschrank an der Wand hing. Dass das Licht erst drei Minuten nachdem man an der Schnur gezogen hat anging war da noch das kleinste Problem. Wobei ich mich schon frage, wer je auf die Idee gekommen ist, dass ein Lichtschalter per Schnur praktisch oder sinnvoll sein könnte... Immerhin die Heizung in meinem Zimmer war stark genug um meine nassen Klamotten über Nacht zu trocknen. Ist vielleicht kein besonders netter Zug von mir, die Heizung auf Hochbetrieb arbeiten zu lassen und das Fenster über Nacht offen zu lassen damit ich nicht in dem kleinen Hochofen einen grausigen Tod zu sterben, aber man möge es mir bitte nachsehen. So schlürfte ich noch mein Bier, sah das jähe Ende der Vikings in den Playoffs und wie auch das spektakuläre Jahr der Ravens schlagartig beendet wurde.
    Aber wie gut, dass ich gar nicht vorhatte mich morgens lange dort aufzuhalten. Das Spiel beginnt ja schon mittags und vorher musste unbedingt noch ein Abstecher in die feine Stadt unternommen werden. Langsam meldete sich auch mein Magen zu Wort und ich begann einen brauchbaren Imbiss zu suchen. Döner hat mich im UK bisher nie glücklich gemacht, aber natürlich hatte ich genau darauf jetzt Hunger. Mir sprang dann doch eine Kebabbude ins Auge, in welchem nur zwei oder drei Türken/Araber saßen und kein einziger Einheimischer, während die Imbissbuden nebenan halbwegs gut gefüllt waren. Nichts wie rein! Eine ausgezeichnete Wahl meinerseits, denn wenn im Königreich nicht ein einziger Engländer/Waliser Gast eines Lokals ist, dann ist das ein gutes Zeichen. Guten Döner können Türken/Araber sowieso viel besser beurteilen und so konnte ich zufrieden den Imbiss verlassen. Portionsgröße Medium hat mich schon überfordert, wer soll denn dann bitte die große Portion vertilgen können?
    Wieder ab nach draußen und schnell noch ein bisschen durch die Straßen geschlendert und nochmal das Millennium Stadium angeschaut, welches zwar keine Schönheit ist, aber einfach toll gelegen ist, direkt am Rande der Innenstadt. Irgendwann vor zig Jahren hab ich in dem Ding mal eine Stadionführung mitgemacht, erinnere mich aber an absolut gar nichts mehr, außer an die tolle Sicht von den Rängen. Jetzt geriet ich aber plötzlich in Panik. Die Uhr zeigte 11:10 und ich hatte ja noch mein gesamtes Gepäck bei mir. Schnell zum Bahnhof um dort festzustellen, dass man in britischen Bahnhöfen offenbar kein Gepäck verstauen kann. Jedenfalls erntete ich auf die Frage danach an der Information einen Blick, als hätte ich gerade eine Niere verlangt. Zum Glück verriet Google mir ein Hotel, wo man für 5 GBP Taschen verstauen kann. In anderen Ländern kostet dich das höchstens einen Dackelblick, hier will man lieber Kohle. Lag aber auf dem Weg und nahm mir den Stress ab, jetzt konnte ich auf dem Weg Richtung Stadion wieder auf Kleinigkeiten achten, wie beispielsweise die ganzen "Amnibyniaeth"-Aufkleber (Unabhängigkeit), die es so vor ein paar Jahren noch nicht gab. Generell sieht man viel Anti-UK-Zeug, obwohl gerade die Leute im walisischen Süden immer deutlich pro-britischer waren. Eine gewisse Abneigung gibt es da auch eher im Norden, wo auch öfter noch wirklich walisisch gesprochen wird und selbst da nicht mal allzu stark ausgeprägt. Was man noch sieht sind Aufkleber anderer Fanszenen. Gladbach, Elfsborg, Hansa. Alles dabei. "Union Bears" stand auch auf einem, keine Ahnung was das bitte sein soll, aber der Union Jack darauf ist sicherlich in letzter Zeit nicht beliebter geworden.
    Das Stadion erreichte ich ziemlich genau fünf Minuten vor Anpfiff, fand auf Anhieb die richtige Kasse für meine reservierte Karte und stieg die 110 Stufen hinauf zum Oberrang. Das ist keine Übertreibung, ich hab auf dem Rückweg gezählt und kann sagen, dass die genannte Zahl maximal um vier oder fünf abweicht (scheiß Gedächtnis). Eigentlich hätte ich ja jetzt ein Bier gebraucht, aber das Spiel lief seit zwei Minuten und auf meinem Platz angekommen sah ich eine Heimmannschaft, die sich Chance um Chance herausspielte, aber vor dem Kasten einfach kein Glück hat. Swansea konzentrierte sich darauf mit Nadelstichen immer wieder zu zeigen, dass die Heimelf sich keine Fehler erlauben darf.
    Auf den Rängen demonstrierte man gesangstechnisch auch direkt mal die gegenseitige Abneigung. An anderer Stelle las ich vor kurzem einen Vergleich zwischen Cardiff und Swansea auf der einen, sowie Hannover und Braunschweig auf der anderen Seite. Einen kurzen Moment stutzte ich beim lesen, aber eigentlich ist es recht naheliegend. Hier die wunderschöne Hauptstadt, die optisch viel mehr zu bieten und einen gewissen Wohlstand erwirtschaftet hat, die Touristen in Massen anlockt. Dort das drogenverseuchte (keine Übertreibung) Dörfchen, welches einem keine Perspektive bietet, außer die Wirtschaftsflucht in die glorreiche Hauptstadt. Trotzdem schaffte Swansea vor Cardiff den Aufstieg in die neue Premier League, konnte sich dort jahrelang behaupten, den Ligapokal gewinnen, international spielen und als Sahnehäubchen konnte man mit Gerhard Tremmel sechs Jahre einen Spitzentorwart unter Vertrag halten, der keinen Vergleich mit Borel, Mielitz oder David Seaman scheuen muss.
    Ein Reintasten in das Spiel gab es (wie schon am Vortag) nicht und zumindest die Hausherren legten gut los. Was für eine Wohltat im Vergleich zur Bundesliga, wo 14 von 17 Mannschaften erstmal ganz lange keine Gegentore kassieren wollen.
    Glatzel vergibt nach wenigen Minuten per Kopf auf der einen Seite, Routledge aus der Drehung auf der anderen Seite. Vor allem Robert Glatzel konnten die Hauptstädter mit ihrem Flügelspiel über Hoilett und Whyte immer wieder gut in Szene setzen, aber selten war es zwingend genug um Torwart Woodman richtig zu prüfen. Auf der anderen Seite führt eine verunglückte Hereingabe von Celina fast zur Führung. Wenige Minuten später kommt dessen Abschluss dafür aber gewollt und platziert, aber nur an den Innenpfosten. Glück für die Gastgeber, aber das Momentum schien bis zur Pause dennoch erstmal gekippt, von der Spiellaune Cardiffs blieben nur noch mäßig gefährliche Standardsituationen. Fünf Minuten vor der Pause setzte sich ganz Cardiff in Bewegung um sich an den raren Bierbuden für die Pause zu versorgen. Ich schaute mir das Schauspiel nur aus sicherer Entfernung an, dafür fehlte mir die Geduld und so reifte der Plan in mir, statt eines ausgiebigen Stadtspaziergangs nachher einfach noch in einem Pub rumzuhängen, bis der Bus gen London abfährt. Auch 10 Minuten nach Wiederanpfiff sah man immer noch größere Gruppen wieder zu den Plätzen drängen.
    Die Pause tat den Gastgebern ganz gut um sich zu sammeln und es entwickelte sich ein netter Schlagabtausch, der aber nicht mehr für ernsthafte Torchancen sorgte. In der 70. Minute brachten die Hausherren dann Josh Murphy und Callum Paterson für Gavin Whyte und den glücklosen Robert Glatzel. Damit hätte man um ein Haar den Sieg eingewechselt denn schon nach wenigen Minuten setzte sich Murphy toll auf dem linken Flügel durch, findet mit seiner Flanke präzise den Kopf Patersons, der aber aus maximal zweieinhalb Metern nur die Latte trifft. Der Rest war dann Brechstange auf der einen, harmlose Konter auf der anderen Seite. Nach den obligatorischen 5 Minuten Nachspielzeit beendete der Schiedsrichter die Partie, mit deren Ausgang die Gäste vermutlich etwas besser leben können, sind sie doch ein Stück näher an Platz 6, welcher zur Aufstiegsrunde berechtigt. Cardiff braucht da schon ein paar Zähler mehr um den Wiederaufstieg doch noch erreichen zu können. Aber noch sind ja knapp 20 Spieltage...


    Etwas eilig marschierte ich jetzt Richtung Zentrum um doch noch einen kleinen Rundgang machen zu können. Das Schloss, die "Castle Arcade", die Einkaufsmeile und ganz wichtig: Kneipenviertel. Ich fand eine Pinte nah genug am Busnahnhof um wirklich bis fünf Minuten vor Abfahrt noch ein bisschen entspannt sitzen und vor allem zwei oder drei Pints Guinness schlürfen zu können. So verlebte ich die letzten Minuten in dieser wunderbaren Stadt mit dem Vorsatz, bald nochmal so zurückzukommen (und vielleicht ein Spiel der walisischen Liga zu sehen).
    Vier Stunden dauerte die Rückfahrt und damit nochmal 30 Minuten mehr als ursprünglich geplant. Der Bus, den ich nehmen wollte fiel spontan aus und stattdessen nahm mich ein anderer Busfahrer mit dem gleichen Ziel (London Victoria Station) mit, nur mit dem Zwischenhalt in Bristol, wo die zusätzlichen 30 Minuten draufgingen. Zuschlag für die Rückfahrt bekam übrigens der Anbieter "Megabus" mit dem unschlagbaren Preis von 10,80 GBP. Vor dem Umstieg in die U-Bahn gab es noch einen schnellen Einkauf im Sainsburys, für den Abend im Hotel bei Football musste noch Bier gekauft werden. Dazu gab es noch ein schnelles Pint in einem Pub, immerhin war noch ein 40-minütiger Zeitpuffer übrig, den ich noch irgendwie vertrödeln wollte. Das Hotel meiner Wahl befand sich übrigens in Notting Hill, weltberühmt für günstige Übernachtungen und preiswerte Lokale. So gratulierte mir auch der Typ an der Rezeption zu dem günstigen Kurs, eine Übernachtung kostet sonst wohl mindestens das doppelte, in besseren Monaten auch mal das dreifache. Da von meinem Zeitpuffer jetzt wirklich nichts mehr übrig war ging es ohne Umwege ins Zimmer, nochmal zur Rezeption (um mir erklären zu lassen, dass ich meine Chipkarte benutzen muss um den Strom einzuschalten) und wieder zurück. Gerade noch rechtzeitig um dabei zusehen zu können, wie die Packers die Seahawks vermöbeln. Das ganze Spektakel ging dann auch lange genug um meine Schlafzeit wirklich auf ein Minimum zu reduzieren, dadurch hatte ich morgens dann auch recht wenig Laune mich mit den verschiedenen Möglichkeiten auseinanderzusetzen, mit denen man zum Flughafen kommen könnte und nahm einfach den Zug. 18 GBP, das würde sich nicht mal die unverschämt teure deutsche Bahn trauen! Uhrensöhne! Ich hasse Züge! Der Flughafen war dann direkt der nächste Nervfaktor, da ich für eine etwas genauere Kontrolle ausgesucht wurde. So konnte ich mal einen von diesen futuristischen Körperscannern bei der Arbeit bewundern und einem Sicherheitsvogel dabei zusehen, wie er meine Tasche mit seinen Griffeln durchwühlt. Ich hatte ja auch noch so furchtbar viel Zeit... Der Flieger hob pünktlich ab und setzte pünktlich auf deutschem Boden wieder auf. Noch nie eine so harte Landung erlebt und noch nie so viele kreidebleiche Gesichter gesehen, aus denen fast das Frühstück gefallen wäre. War ein spaßiger Abschluss einer wirklich netten Tour.

  • Portionsgröße Medium hat mich schon überfordert, wer soll denn dann bitte die große Portion vertilgen können?

    Ich!

    Alles dabei. "Union Bears" stand auch auf einem, keine Ahnung was das bitte sein soll,

    Sofern nicht ironisch gemeint: Rangers

    Wattenscheid statt Bochum

  • Dass das Licht erst 3 Minuten nachdem man an der Schnur gezogen hatte anging... :klatsch:

    Was dich nicht glücklich macht, kann weg.

  • Am morgigen Tag ist es genau fünf Jahre her das ich dank @Archie mit ihn über die Osterfeiertage nach London flog. Es begannen die bis dahin verrücktesten knapp 100 Stunden meines Lebens (das sind sie eigentlich heute immer noch). Anlässlich diesen kleinen Jubiläums gebe ich mal meine Spielberichte von damals (die ich damals in einen anderen Forum unmittelbar nach der Londonfahrt verfasste) zum besten.


    Fulham FC vs. Brentford FC 1:4 (03.04.)


    Mein erstes Spiel auf der Insel am Freitag zeigte wohl die ganze Misere der Gastgeber. Sie bekamen bis auf die ersten Minuten kein Bein ins Spiel und benötigten gar einen ihn geschenkten Elfmeter um am Ende überhaupt ein Erfolgserlebnis feiern zu können. So droht den Gastgeber schlimmstenfalls Liga drei. Die Tore von Brentford waren alle fein. Die Stimmung im Stadion war eine der zweiten Liga und des Spielstandes angepasste.


    Arsenal London FC vs. Liverpool FC 4:1 (04.04.)


    Das Spiel auf das ich mich vor der Fahrt nach London am meisten freute, konnte ich doch mal Liverpool live sehen. Das erste Erlebnis gab es aber schon nach der Ankunft nach der Einlasskontrolle. Ich war zwar drin aber nirgend gab es einen Hinweis wie ich auf meinen Platz finden soll. Die Blöcke im unteren Teil des Stadions waren es jedenfalls nicht ;) . So fragte ich einen Ordner der aber relativ schnell mir an deutete das er mir nicht helfen kann, weil er seinen Platz nicht verlassen durfte. So verwies er mich an einen der mich genau so wenig verstand wie ich ihn :D . Am Ende einigten wir uns, das ich ihn einfach zum Platz folgen sollte. So ging es mit den Fahrstuhl aufwärts und bis auf mein Platz. Der war dann zwei Plätze hinter den BBC Reporter sowie 3 Meter neben der Hauptkamera der Fernsehübertragung. Ich konnte so also immer den Spiel auf zwei Plätzen folgen. Zum einen mit den Blick auf das Spielfeld, sah aber gleichzeitig so auch alle Wiederholungen des Fernsehens vor mir im Laptop des Reporters.
    Das Spiel ging dann wie die Feuerwehr los. Große Chancen auf beiden Seiten wechselten sich im Minutentakt ab. Offen bis zur 20 Minute danach schien zumindestens bei Liverpool die Luft schon weg zu sein und Arsenal übernahm nach und nach die Spielkontrolle und kamen zum 1:0. Beflügelt von diesen Treffer waren die Arsenalprofis immer ein Schritt schneller und man konnte auf Reeds Seite froh sein das es nur 3:0 zur Halbzeit stand. Wenn es nach so einer Halbzeit aber 6:2 gestanden hätte, dann wäre das wohl auch eher dieser gerecht gewesen.
    In der zweiten Halbzeit besannen sich die Mannschaften beide auf die Defensive mehr, wobei man Arsenal nicht den Willen ab sprechen konnte, das man den Zuschauern noch was bieten wollte. So ging die Halbzeit 1:1 aus und das Spiel eben 4:1. An diesen Tag war sogar am Ende so vielleicht ein Klassenunterschied zu sehen. Mein Ärger über die Niederlage konnte ich aber nicht zeigen, weil es war erstens auch in der Höhe verdient war und zum zweiten ging es ja weiter zum Abendspiel.


    Chelsea FC vs. Stoke City FC 2:1 (04.04.)


    Das Spiel, das das Spiel der Torhüter werden sollte. Wir verfolgten das Spiel aus den Gästeblock. Und es war Premiere und einzig artiges zu gleich. Wir wurden nämlich mal abgetastet. Aber nur sehr vorsichtig. Anders wie bei Spielen hier in Deutschland ist dieses in England gar nicht üblich so wohl. Auch gehen die Gästefans mit den Fans der Heimmannschaft aus den Stadion mit fast Null Polizei drum herum. Ein paar um den Verkehr zu regeln.
    Die Spielweise von Chelsea ist sehr einschläfernd. So war auch bis zum 1:0 – was auch noch ein Elfmeter war – zwar ein Spiel das sich hauptsächlich in der Hälfte von Stoke ab spielte, aber dennoch eben einschläfernd erschien. Da die Zuschauer auch mehr der Stimmung abgeneigt sind, kam diese auch nicht nach der Führung auf. Kurz vor der Halbzeit brachte dann ein 65 Yard Schuß den überraschenden Ausgleich. Der Spieler probierte einfach mal was und es klappte. Ohne eine Anspielposition in der gegnerischen Hälfte mußt eben mal drauf schießen :D. In der zweiten Halbzeit verhalf dann aber der Torwart von Stoke Chelsea zum Sieg. Das dieser verdient war, steht außer Zweifel, aber kann ja wohl getrost als nicht mehr getan wie nötig beschrieben werden. Bei den Opernpublikum ist dieses wohl auch nicht anders machbar.


    Watford FC vs. Middlesbrough FC 2:0 (06.04.)


    Das kleine Stadion im Norden der Stadt erreichten wir zwar nur über Umwege, aber den noch rechtzeitig. Was das ganze Spiel abging war unbeschreiblich. Fans die einen Dauersingrekord versuchen wollten verbreiteten Stimmung auch ohne den in Deutschland typischen Einpeitscher. Ein Fan meinte es dabei ganz fein machen zu wollen. Er war mit Begeisterung dabei und mehr. Leider saß dieser hinter mir, so das ich vergeblich hoffte, das dieses irgendwann mal nach lassen könnte :D. Begünstigt wurde dieses durch die Führung des Gastgebers. Ein zweites Tor brachte die Fankurve zur Extase. Das bis lang beste Spiel des Wochenendes ging zu Ende. Ein Zweitligaspiel bot durchaus eine 1 A Atmosphäre. Wenn die Mannschaft irgendwie aufsteigen sollte, dann sollte man das Stadion um bauen. Es reicht dann garantiert nicht mehr. Fazit: Die Engländer sind schon ein verrücktes Fussballvölkchen.


    Crystel Palace FC vs. Manchester City 2:1 (06.04.)


    Wer meinte zuschauer- und stimmungsmässig sei das Zweitligaspiel vom Mittag nicht mehr topbar sein, war an wohl noch nicht im kleinen Selhurst Park. Dort wurde schon vor den Spiel die Mannschaft gefeiert. Alte Flutlichtmasten und die Enge des Stadions ließen recht bald auch bei mir Europacuperinnerungen hoch kommen. Spielen tat unentwegt nur eine Mannschaft, die aus Manchester. Die Millionäre aus Manchester haben die 22 Beine des Gastgebers ein ums andere Mal verknotet, aber die brachten immer wieder was dazwischen. Mit den zweiten Schuß auf das Tor des Favoriten erzielte der Underdog die Führung, was der Stimmung zusätzlich gut tat. Zur Halbzeit sah das Fazit so aus, die einen wollen, die anderen können aber nicht. Die die nichts konnten führten aber 1:0. Als nach 3 Minuten der zweiten Habzeit durch ein direkt verwandelten Freistoss das 2:0 fiel, schien die Überraschung das erste Mal greifbar zu werden und eine realistische Chance darauf zu bestehen. Das diese dann zu Stande kam war zwei Glücksumständen zu verdanken. Der Anschlußtreffer fiel erst in der 78. Minute und der Schiedsrichter pfiff pünktlich nach 95 Minuten ab. Das Spiel hätte wirklich nicht einen Moment länger gehen dürfen. Der gastgeber warf sich mit allen in alle Schüsse, die letzten zehn Minuten waren eine reine Abwehrschlacht die aber mit den Fans im Rücken überstanden wurde.


    Mein Dank gilt immer noch @Archie das er mir dieses Erlebnis ermöglichte, er plante es damals alles allein bestellte die Eintrittskarten, buchte die Flüge, zeigte mir zwischen den Spielen nicht nur das touristische London und was wohl damals am wichtigsten war, er war schlicht mein Dolmetscher (weil ich kein Wort englisch kann, das ist aber heute immer noch so). Was ich mir damals schwor, habe ich mir letztes Jahr erfüllt. Mit einen Busunternehmen kehrte ich nach London zurück, dieses Mal stand logischerweise mehr das touristische im Vordergrund. Die Zeit wo wir Freiteit hatten (und ich quasi mit meinen Pap auf uns gestellt waren) kam mir das Wissen von damals und mein fast fotografisches Gedächtnis (wenn ich einmal wo war, kenne ich mich dort aus), was auch schon damals Archie bemerkte zu Gute. Obwohl wir beide kein Englisch können verhungerten wir aber auf dieser Fahrt auch nicht ;) . Viel Füsse und Hände sei Dank :D


    PPS: Wenn es nicht hier rein passt, dann einfach verschieben.

    24.09.2012 - 08.12.2012

    Danke an Wayne Simmonds (Philadelphia Flyers, 9 Spiele, 4 Tore, 10 Assists), Chris Stewart (St. Louis Blues, 15 Spiele, 6 Tore, 14 Assists) sowie Clarke MacArthur (Toronto Maple Leafs, 8 Spiele, 4 Tore, 6 Assists) im Trikot der Eispiraten Crimmitschau

  • Pogon Stettin - Brøndby IF 1:1 (0:1), Qualifikation zur Conference League



    Eigentlich hasse ich, was die UEFA und die großen Vereine und Verbände aus dem europäischen Fußball gemacht haben, trotzdem freue ich mich über die Conference League und dass man dadurch international mal wieder interessante Duelle sieht.

    Durch meine Sympathie für Brøndby wurde dann auch die Auslosung mit Spannung verfolgt… Besser hätte es kaum laufen können! Stettin ist nicht nur von der Distanz her zu schaffen, sondern auch sportlich nicht unmöglich. Eher ein Duell auf Augenhöhe. Aber ein paar Hindernisse sollten sich mir noch in den Weg stellen.

    Die größte Hürde stellte die Kartensituation dar. Auch wenn das Stadion ziemlich fertig aussieht ist da irgendwas noch nicht ganz fertig und so wird nur das halbe Stadion gefüllt. Von daher ein blödes Timing, denn der Umbau des Stadions zieht sich schon eine Weile und ist jetzt erst kurz vor der Fertigstellung.

    BIF hatte sein Kontingent etwas früher im Verkauf, hatte aber kein einziges Ticket mehr im freien Verkauf. Alle Karten waren kurz nach Verkaufsstart für DK-Inhaber weg. Bei Pogon schafften es auch nicht viele Karten in den freien Verkauf und deren Onlineshop ist eine Katastrophe, aber eine der letzten 100-200 Karten war dann doch meine. Ganz am Rand der Heimkurve. So richtig begeistert hat mich das nicht…

    Da der Kater bekanntlich covidisiert war (aufrichtiges Mitgefühl an dieser Stelle), war auch recht früh klar, dass ich die Fahrt alleine antreten werde. Dank Aktionspreisen gönnte ich mir dann auch mal den „Luxus“ einer ICE-Fahrt. Ich hätte doch einfach das Auto nehmen sollen!

    Los ging es morgens um 8, Ankunft war für ca. 14 Uhr geplant. Ich hätte wissen müssen, dass ich mir das abschminken kann. War der erste Zug nach Hannover noch annähernd pünktlich, fuhr der ICE gen Berlin schon verspätet los und häufte unterwegs dank zwei außerplanmäßiger Stopps genug weitere Verspätung an, um meinen Anschlusszug zu verpassen. Warum ein „Schnell“zug, der am Berliner Hauptbahnhof hält auch nochmal in Spandau anhalten muss bleibt dabei ein ungelöstes Rätsel. Damit beraubt man sich freiwillig einer eigentlichen Stärke solcher Züge.

    So kam ich ungewollt zu zwei Stunden Aufenthalt in Berlin, die ich dann doch lieber in Stettin verbracht hätte. Der Kater gab mir aber den berechtigten Hinweis, dass das Poststadion fußläufig vom Hauptbahnhof erreichbar ist. Bei der Hitze waren aber auch die knapp 15-20 Minuten mit dem Gepäck kein Vergnügen. Wieso kann man nicht sämtliche Fußball-Wettbewerbe in die Zeit von September bis April quetschen? Am Stadion angekommen erspähte ich direkt ein geöffnetes Tor und begab mich auf die schattige Tribüne. Kaum betrat ich Minuten später für ein paar Fotos die Laufbahn stürmte so eine Spinatwachtel auf mich zu, dass ich auf keinen Fall irgendwelche Bilder machen darf. Hä? Mich irritierte das ganze dann doch etwas, weil meine Anwesenheit offenbar kein Problem darstellte, wie sie mir zu meiner noch größeren Verwirrung sagte. Da dort aber noch ein paar Figuren rumlatschten, die da wohl arbeiten hatte ich keine Argumente und auch keine Lust mich weiter mit ihr auseinanderzusetzen.

    Der Rest der Hinfahrt verlief so, wie man sich eine Zugreise in Ostdeutschland vorstellt. Das Land zwischen Berlin und Stettin ist einfach wie ausgestorben, da wundert es einen auch nicht, wenn wegen Gleisarbeiten ein Teil der Route per Bus (!) überbrückt werden muss um dann den Rest mit einer Regionalbahn zu fahren. So stelle ich mir eine Auswärtsfahrt quer durch Estland, Weißrussland oder Georgien vor.


    Die extrem späte Ankunft ließ dann auch nicht mehr viel Zeit. Ab ins Hotel, duschen und noch etwas über eine halbe Stunde die Füße hochlegen. Ebenfalls im Hotel war eine recht große Truppe mit „Gedania 1922“-Trainingsklamotten. Eine Recherche, was der Viertligist aus Danzig nach Stettin führt blieb allerdings ergebnislos. Übrigens ebenfalls ein Verein mit sehr spannender Historie, wie ich später noch nachlesen konnte, die lasse ich hier jetzt aber doch mal weg.

    Mit der Tram ging es dann bis fast direkt vors Florian-Krygier-Stadion. Gastgeber Pogon wurde bisher übrigens zweimal Vizemeister und stand dreimal im Pokalfinale. Titel sprangen bisher nicht heraus und selbst bei belanglosen „Wettbewerben“ wie dem Ligapokal gab es nicht mehr als ein verlorenes Finale. Richtig ruhmreich ist Pogon also nicht, aber auch die internationale Glanzzeit von BIF liegt schon ein paar Tage zurück, auch wenn die sich schon ein bisschen anders liest mit unter anderem einem Uefa-Pokal-Halbfinale (kleiner Fakt am Rande: Rudi Völler verhinderte mit einem Tor zwei Minuten vor Schluss für AS Rom den Finaleinzug). Heute ist man jedenfalls qualitativ ungefähr gleichauf…

    Eigentlich sollte noch ein Schal als Souvenir gekauft werden, aber ich fand nur eine einzige winzige Bude mit zwei verschiedenen, die sich in ihrer Hässlichkeit kaum unterschieden. Einen richtigen Fanshop konnte ich jedenfalls nicht finden. So ging ich in der Hinsicht leer aus. Das heimische Publikum ist extrem spannend. Rein optisch ein bisschen wie in England, nur im Schnitt 30 Jahre jünger und daher geht es auf den Rängen doch sehr lebendig zu. Donnerwetter, ist das laut! Für das Stadion selber gibt es die Tage nochmal einen Stadiontest im entsprechenden Thread, hier nur so viel; in keinem Stadion in Deutschland hab ich jemals auch nur annähernd so gut gegessen. Dagegen schmeckt die beste Stadionwurst hierzulande immer noch total scheiße. Richtig irre, wie gut das Ding geschmeckt hat - schönen Gruß an Pilsen, die diesbezüglich damit harte Konkurrenz haben. Die würde ich jetzt zum direkten Duell gerne auch nochmal verputzen, aber ich glaub, Stettin gewinnt das Duell knapp.

    Das Stadion war mit seinen aktuell nur 8.700 Plätzen natürlich restlos voll und die Atmosphäre großartig. Der rappelvolle Gästeblock zog 90 Minuten mit nahezu 100% der Mitgereisten mit um gegen die brachiale Lautstärke der Heimkurve anzukommen. Ich hätte zu gerne irgendwo in der Mitte gesessen um das Spektakel zu hören, so war es vor allem der Pogon-Mob, den ich die meiste Zeit gehört habe. Hexenkessel ist hier eindeutig noch untertrieben und diesbezüglich bin ich voll auf meine Kosten gekommen. Nur schade, dass das Liedgut nicht sehr abwechslungsreich ist und die fünf oder sechs Sachen in wechselnder Reihenfolge aufs Spielfeld geschmettert werden. So ein bisschen wie „Radio 21“; alles ganz cool, aber wenn man das einen ganzen Tag hört verdreht man irgendwann die Augen. An dieser Stelle muss ich betonen, dass das Jammern auf hohem Niveau ist, in Sachen Lautstärke stellt das definitiv sehr, sehr viele Kurven Westeuropas (fast alle, die ich bisher gesehen/gehört habe) in den Schatten. Schon ziemlich krasse Scheiße!

    Brøndby spielte von Beginn an munter drauf los und suchte sein Glück in der Offensive. Nun ja, wenn man keinen Stürmer hat, der mehr als dreimal pro Jahr trifft ist es wohl die beste Strategie, sich eine solche Vielzahl von Chancen zu erspielen, dass schon zwangsläufig irgendwann mal jemand durch einen glücklichen Zufall am richtigen Ort steht und trifft. Hedlund, Cappis und Divkovic sollten nicht diejenigen sein, trotz guter Möglichkeiten in den ersten 20-25 Minuten. Stattdessen war es Außenverteidiger Riveros, der den Ball nach einem Abpraller in der 28. Minute in den Winkel beförderte. Unhaltbar und natürlich pure Ekstase im Gästeblock. Sah ein bisschen so aus wie ein durchschnittliches Tor in der ehemaligen Qiumi-Fifa-Liga. Brøndby kontrollierte danach weiter das Spiel nach Belieben, war aber nur vor der Pause noch einmal bei einem Freistoß gefährlich. Da ich mich gerade mit dem Gedanken „das wird ja sowieso nix“ umgedreht habe um Bier zu holen konnte ich nicht mehr sehen wer den Ball Richtung Gehäuse zimmerte, nur viele blasse Gesichter um mich herum konnte ich vernehmen. Muss echt knapp gewesen sein. Dass Brøndby aber im Winter seinen Toptorjäger in die USA verramscht hat und seitdem immer noch keinen ernsthaften Nachfolger geholt hat ist einfach ein großer Witz und rächt sich immer und immer wieder. Dabei kündigte man zum Ende der letzten Saison diesbezüglich an zu handeln. So stand zur Pause eine fragile 1:0-Führung, obwohl man längst die Planungen für die nächste Runde hätte beginnen können. Zu diesem Zeitpunkt wirkte es nicht unbedingt wie ein Duell auf Augenhöhe.

    Nach der Pause änderte sich das Bild aber doch mal schlagartig. Nach vorne gepeitscht vom lautstarken Mob (samt ordentlicher Pyroeinlage kurz nach Wiederanpfiff) stürmte Pogon auf das Tor und ließ dabei eine Menge liegen. Immer Pech ist Unfähigkeit. Hedlund und Sebulonsen hätten bei starken Kontern beide jeweils den Deckel drauf machen können um Pogon für seinen Chancenwucher zu bestrafen, stattdessen kam es doch, wie es leider kommen musste. BIF ließ sich vollständig im eigenen Strafraum festnageln, hatte außer den beiden genannten Kontern faktisch keinerlei Spielanteile mehr und sechs Minuten vor dem Ende fand Zahovic die entscheidende Lücke in der Defensive und ließ Hermansen mit einem platzierten Schuss in die Ecke keine Chance. Dabei blieb es dann auch. Zwei komplett unterschiedliche Halbzeiten, ein leistungsgerechtes 1:1. Die Hoffnung auf die nächste Runde und ein Duell mit Basel lebt. Aber auch die fehlende Reaktion auf den Ausgleich entmutigt mehr, als dass es Optimismus entstehen lässt. Eine gelbe Karte für Zeitspiel von Torwart Hermansen, der ganz gut überblickt hat, dass seine Vorderleute wie schwer getroffene Boxer rumgetaumelt sind. Das war Brøndbys Antwort auf den wuchtigen Sturmlauf der Hausherren. In einer Woche muss das anders laufen…

    Am Gästeblock wurde wohl irgendwann während des Spiels ein provokatives Banner an die Gäste adressiert, was diese mit massenhaft Bierbecher-Würfen quittiert haben. BIF ist wohl nicht amüsiert und untersucht den Vorfall, aber an dieser Stelle dennoch ein Lob an den Mob vor Ort. Dass man die Jungs trotz der lauten Heimkurve in genau dieser immer wieder mal vernehmen durfte verdient richtig fetten Respekt. Mit gemischten Gefühlen verließ ich also zum Abpfiff das Stadion, aber trotz der sportlichen Bedenken überwogen hier die positiven Eindrücke doch stark.

    Ich bescherte auf dem Rückweg noch einem Irish Pub geschätzt die Hälfte des Tagesumsatzes und gab zeitig der Müdigkeit des langen Tages nach. Abgesehen von der Stadionwurst bestand meine Ernährung an diesem Tag ausschließlich aus einer Flasche Wasser und etwa vier Litern Bier.


    Dass ich abends im Hotelzimmer nach den Guinness in der Pinte noch ein paar Carlsberg genascht habe sollte sich morgens rächen. Ich hab schon länger und besser geschlafen, aber der volle Tank riss mich immerhin früh genug aus dem Schlaf, um einen wirklich ausgiebigen Spaziergang zu machen.

    Mit knapp über 400.000 Einwohnern ist die alte Hansestadt die siebtgrößte Stadt in Polen und optisch erahnt man zumindest schon die vielfältige und spannende Geschichte der Stadt. Das reiße ich an dieser Stelle nur ganz kurz an; entstanden aus dem Zusammenschluss einer slawischen und zweier kleiner deutscher Siedlungen ging es im 13. Jahrhundert wirtschaftlich steil bergauf und 1278 trat man der Hanse bei. Mit dem Bau des Schlosses 1309 wurde Stettin auch offiziell Residenzstadt von Pommern. Selbst Konflikte wie der zwischen dem Deutschen Orden und Polen erwiesen sich als nützlich, da beide Seiten Stettin Handelsprivilegien gewährten.

    Rückschläge musste die Stadt in Form von Pestepidemien hinnehmen. Als Herzog Philipp II. das Schloss vergrößern ließ und noch weitere Bauprojekte in Angriff nahm, zu deren Finanzierung 1616 eine Biersteuer eingeführt wurde war ein dreitägiger Volksaufstand die Folge, wodurch die Steuer wieder verschwand. Nie hab ich mich der Geschichte einer Stadt mehr verbunden gefühlt als an diesem Punkt.

    Während des Dreißigjährigen Krieges besetzten die Schweden 1630 die Stadt und blieben auch über den Frieden von 1648 hinaus dort. Im Nordischen Krieg wurden sie sehr kurzzeitig dort vertrieben. Aber erst im Großen Nordischen Krieg fiel Stettin 1720 endgültig an Preußen.

    1806 kamen für ein paar Jahre die Franzosen und wurden 1813 vertrieben.

    Im zweiten Weltkrieg gehörte Stettin zu den 20 am meisten zerstörten deutschen Städten, vor allem 1944 gab es mehrere große Luftangriffe auf die Stadt und den Hafen, wonach mehr als die Hälfte der Stadt nur noch eine Trümmerwüste darstellte. Wenige Jahre zuvor hatte die etwa 1000 Menschen umfassende jüdische Gemeinde Stettins die zweifelhafte Ehre, als erste jüdische Gemeinde einer deutschen Stadt vollständig ins besetze Polen deportiert zu werden. Nach dem Krieg war der genaue Grenzverlauf zwischen Polen und Deutschland zunächst unklar, auch wurden linientreue deutsche Bürgermeister von der Sowjetunion eingesetzt und die Westalliierten setzten sich für die Oder als Grenzverlauf ein. Doch die Sowjetunion schuf kurz darauf vollendete Tatsachen und übergab die Stadt ohne Rücksprache mit den Westalliierten an polnische Verwaltungsbehörden.

    In den 70ern und 80ern entwickelte sich Stettin zu einer oppositionellen Hochburg und 1980 wurde im Stettiner Hafen die Legalität von „Solidarnosc“ erreicht und in Stettin fand auch die erste freie Kommunalwahl Polens nach dem Zusammenbruch des Ostblocks statt.

    Auch heute widersteht die Stadt totalitären Gedanken, wodurch die Piss-Partei vom noch existierenden Kaczynski hier eine deutlich kleinere Rolle spielt als beispielsweise im Osten des Landes. Außerhalb Londons hab ich nie mehr EU-Flaggen gesehen als hier…


    Heute prägen auch zahlreiche Baustellen das Stadtbild. Überall Kräne und sonstige Baufahrzeuge, in jeder zweiten Straße wird irgendwas renoviert, gebaut oder abgerissen. Das hat die Stadt auch immer noch nötig, auch wenn Stettin noch ein bisschen was an schöner Bausubstanz hat. Ich mag die Mischung aus schönen, alten Gebäuden und typischer Ostblock-Architektur, die Unmengen an Beton verschlungen hat.

    Ein Eindruck, den ich am Vortag bereits im Stadion gewonnen habe und der sich in der Stadt nochmal verstärkt; der russische Angriffskrieg auf die Ukraine bewegt die Menschen deutlich mehr als bei uns und die Sympathien sind - zumindest in Stettin - klarer verteilt als bei uns, wo man gerne mal Verständnis für den armen, provozierten KGB-Penner aufbringt. Überall irgendwelche Plakate, Aufkleber, Graffiti oder auch T-Shirts bei den Einheimischen. Auch bedingt durch die eigenen leidvollen Erfahrungen mit dem großen östlichen Nachbarn bewegt der Krieg die Menschen hier auf emotionaler Ebene deutlich stärker.

    Am Ende von knapp zehn Kilometern Fußmarsch stand noch ungeplant ein Ausflug über so einen Flohmarkt, wo unter anderem internationales Essen (und ganz wichtig: Getränke!) angeboten wurde an. Eigentlich nur durch puren Zufall drüber gestolpert hielt ich mich hier doch recht lange auf und habe mich noch von einer geschätzt 250 Jahre alten Verkäuferin aus Litauen böse über den Tisch ziehen lassen als sie gesehen hat, dass meine Begeisterung für Bier aus Vilnius jede Vernunft in meinem Kopf entfernt hat.

    Nach diesem Mittagsbier und einem kurzen Einkauf in einem dieser vielen kleinen Läden (wie ein etwas größerer begehbarer Kiosk - und die sind da gefühlt alle 20 Meter) gab es einen Mittagsschlaf, der dann doch etwas länger als geplant ging.


    Bis zum Abend hatte sich auch das Wetter wieder beruhigt. Mittags war es unfassbar warm, dazu aber hässlich grau und - das kannte ich gar nicht mehr - es gab immer wieder mal ein paar ganz kurze Schauer. Am späten Nachmittag war es dann nicht mehr wie im Amazonas und nun konnte mal das Zentrum ein wenig inspiziert werden statt erneut dem inneren Drang nachzugeben ans Wasser zu gehen.

    Dahin ging es aber zum Sonnenuntergang doch noch - erwies sich die Innenstadt doch als komplett langweilig - steuerte dabei die Hakenterrasse an. Dort befinden sich ein paar nette Bauwerke, welche darauf warteten fotografiert zu werden. Benannt ist diese Terrasse nach Hermann Haken, der von 1878 bis 1907 Bürgermeister von Stettin war und unter dessen Regie dort am Westufer der Oder gebaut wurde. Meinen Erfolg beim fotografieren kann man bestenfalls als mäßig bezeichnen, immerhin konnte ich noch ein paar Minuten die Stettiner Antwort auf das „London Eye“, nämlich einen kompletten Jahrmarkt samt Riesenrad am anderen Oder-Ufer bewundern.

    Nach knapp 15 Tageskilometern war mein Tag dann auch vorbei und mit einem unsicheren Gefühl, welche Steine die Bahn mir am nächsten Tag in den Weg legen wird, ging es kurz nach 11 in die Koje.

    Geschlafen hab ich aber dennoch erst um 4 oder so. Seit zwei Wochen haben mich die in unregelmäßigen Abständen heimsuchenden Schlafstörungen fest im Griff und als um 8 der Wecker bimmelte war ich nicht unbedingt begeistert nun eine doch recht weite Rückreise antreten zu müssen.

    Die Erfahrungen der Hinfahrt haben mich dann auch direkt dazu gebracht früher als geplant loszufahren um Verspätungen der Bahn ausgleichen zu können. Ab Berlin herrschte für mich Zugbindung. Den ersten Patzer legte dann auch direkt mal die Bahn-App hin, als sie mich aufs falsche Gleis schicken wollte, glücklicherweise hab ich die Anzeigetafeln vor Ort noch rechtzeitig beachtet.

    Die Strategie der frühen Rückfahrt bescherte mir direkt wieder zwei Stunden Aufenthalt in Berlin, die ich diesmal komplett ungenutzt verstreichen ließ, außer dass ich mir zeitweise die Zweitligakonferenz gab und dabei ein wunderschönes Eigentor der Eintracht aus dem Zonenrand gewundert durfte. Auch der Rest verlief unspektakulär und es gab keine größeren Verspätungen, so dass kurz vor 18 Uhr die erste längere Fußballtour seit Pandemiebeginn in der Heimat endete…


    Fotos folgen je nach Faulheit im Laufe der nächsten zwei bis zehn Tage, zusammen mit dem Stadiontest

  • Sehr gut geschrieben bis auf diesen Satz:

    Die Hinfahrt verlief so, wie man sich eine Zugreise durch Ostdeutschland vorstellen würde.


    :knueppel:


    Diese Landstriche, wo absolut tote Hose ist, gibt es hier auch. :cool2:

    Was dich nicht glücklich macht, kann weg.

  • Diese Landstriche, wo absolut tote Hose ist, gibt es hier auch. :cool2:

    Selbstverständlich richtig. Aber dieser ganze Bereich um Berlin herum ist schon echt tot und da, wo was ist sieht auch alles eher deprimierend aus. Gerade wenn man Richtung Stettin rausfährt.

  • Fahr mal nach Eggesin (Neubrandenburg), da ist wirklich außer Steppensand nichts. War zu Warschauer Pakt-Zeiten Manövergebiet der NVA. :D

    Was dich nicht glücklich macht, kann weg.

  • Ich war gestern bei Roda JC - Jong Ajax.


    Mein Plan war, ich gucke mir vorher die Stadt an, kauf mir ein Saisonvorschauheft und gucke mal so durch die Läden. Dummerweise bin ich falsch ausgestiegen (Zwei Haltestellen mit dem gleichen Namen...) und stand, anstatt in Kerkrade vor einem Krankenhaus in Heerlen im Nirgendwo. Bin dann mit dem nächsten Bus nach Kerkrade gefahren, war um 17:57 Uhr dort, fand die Fußgängerzone und.... Da macht alles um 18 Uhr zu. Da war bis auf eine Eisdiele und eine Pizzeria nichts mehr auf. Um 18 Uhr im Sommer. Das hab ich noch nie erlebt. Dann bin ich zum Stadion gefahren und da gab es ein Albert Heijn Supermarkt. Bin ich einmal durchgeschlendert, hab mir Comics gekauft :D und mir dann am Stadion eine Karte gekauft.


    Ich verstehe Niederländisch, ich kann es lesen und etwas schreiben. Das war jetzt das erste Mal, dass ich es auch gesprochen habe. Das war grauenvoll. Also mich hat keiner verstanden, was ich wollte, so dass ich dann irgendwann auf Englisch gewechselt bin. Ich hab mich aber am Bus mit jemandem unterhalten, der mich verstanden hat. Glaube ich.


    Im Stadion habe ich eine Frikandel gegessen. Hat geschmeckt, aber so überragend war das nun auch nicht. Die Preise waren ganz moderat. Die Frikandel 2,50 €., eine Tüte Pommes für 3,75 €, Softdrinks für 2,80 € oder 4,30 € und wer sich mit Barcadi Cola betrinken wollte, 8 €. Ich saß relativ oben und nahe an der Stehtribüne der Roda-Fans. Ein Vorprogramm gab es nicht, der Stadion-DJ hat bis um 19:50 Uhr die besten Dancehits der 2010er und 20er aufgelegt, ehe dann der Stadionsprecher mal was sagen durfte. Auch sonst gab es relativ wenig Programm. Und wenn der andere Torwart abstößt, gibt es auch hier "A....loch, Wi...er, H....sohn" :D


    Das Spiel selbst war interessant. Jong Ajax hat mich genervt, weil sie immer durch 4 oder 5 Mann durchspielen wollten, anstatt mal zu schießen. Am Ende gab es diese Szene und der Elfer war das einzige Tor. Das Stadion an sich war sehr laut und ich habe noch nie so laute Pfiffe gehört. Ich und ein anderer Deutscher, hatten eine Maske auf. Ich hoffe, da kommt nichts nach.


    Die Rückfahrt verlief dank einer Bahnverspätung nicht ganz planmäßig und ich war anstatt um 3, erst um 4 zu Hause. In Aachen hatte der Busfahrer zwei Haltestellen vorm Ende keine Lust mehr und hat alle rausgelassen. Dann konnte mir niemand den Weg zum nächsten Bus zum Bahnhof erklären, so dass ich einen Taxifahrer fragte. Ich hätte sonst den Zug verpasst. Ich glaube aber, dass er noch durch drei oder vier Seitenstraßen fuhr, wo er nicht herfahren brauchte...


    Bilder aus Kerkrade

    Bilder aus dem Stadion

    Interesse an Datenbanken/Statistiken zum Fußball in den Niederlanden? Einfach fragen. ;)

    2 Mal editiert, zuletzt von Lion ()

  • Schön zu lesen, dass auch du Spaß mit der Bahn hattest. |-)


    Ich fand es schon damals im Stadion sehr faszinierend, dass man sich da richtig einen hinter die Binde kippen könnte, wenn einem das Spiel nicht zusagt. ;D

    Nanakorobiyaoki

  • FC Basel - Brøndby IF 2:1 (2:1) - 3:1 i.E. - Conference League-Qualifikation


    Da guckt man zweieinhalb Jahre mehr oder weniger gar nicht Fußball irgendwo vor Ort, schon kriegt man direkt zwei reizvolle Touren nacheinander serviert. Das hab ich so auch nicht kommen sehen. Erwähnte ich während der Spiele zwischen BIF und Stettin noch, dass ich von der Aussicht auf Basel als Gegner gar nicht so glücklich bin, zeigte sich der Kater plötzlich sehr interessiert. „Basel ist ja fast noch reizvoller als Stettin!“

    Vielleicht gar nicht so falsch, denn kurz darauf stellte ich meinen Urlaubsantrag bevor erstmal ein paar Tage ins Land zogen. Vollständig überzeugt war ich noch nicht, dank Covid ist zwar die Reisekasse einigermaßen gefüllt, aber die Schweiz ist teuer… Vorverkauf war dann auch erst spät. Sehr spät. Und dann vertrödelten wir einen weiteren Tag. Und das zu unserem Glück! Hätten wir sofort zugeschlagen hätten wir mehr als das doppelte hingeblättert, denn die Schweizer haben ziemlich spontan fette Rabatte gegeben. Ich will nicht wissen was sich da manche im Nachhinein geärgert haben, die mit ihren Karten für 50 Franken im Block neben Leuten saßen, die nur einen Zwanni hingeblättert haben.

    Wir entschieden jedenfalls angesichts der entspannten Kartensituation noch ein bisschen zu warten und vor Ort richtige Eintrittskarten zu kaufen statt irgendwelcher Kackdinger zum selber drucken. Hotels gab es dann zwischen all den kostenintensiveren auch ein paar bezahlbare und schon saßen wir Donnerstag im Zug.

    Im Zug? Ja, im Zug. Aber war nicht die Fahrt nach Stettin schon problematisch? Ach, halt die Fresse! Diesmal zeigte sich vor allem der Kater sehr interessiert an dieser Reisemöglichkeit und ich war nicht abgeneigt (spätestens bei den Steinen, die uns beim zusammenstellen der Reise in den Weg gelegt wurden hätten wir Abstand von dieser Idee nehmen sollen), konnte ich so immerhin den Weg bis Velbert sparen und direkt gen Süden starten. Machen wir es mal kurz: es war der Horror! Alles, was irgendwie schief gehen konnte ging auch schief.

    Zugegeben, der Kater hatte die etwas größeren Schwierigkeiten alleine bei der Strecke Wuppertal bis Köln. Also für etwa 18,96 Kilometer. Ich wiederum hab erst weit nach der Abfahrt erfahren dass eventuell in Mannheim mehrere Züge nicht mehr halten, das würde man auch erst kurzfristig erfahren. Blöd, dass ich da umsteigen muss. Gut, dass ich auch einfach in Frankfurt umsteigen konnte und das musste ich letztendlich auch, weil mein Zug am Ende wirklich davon betroffen war.

    Dass wir wirklich in Basel ankamen war also mehr Zufall als Können der Bahn. Verspätung hatten wir „nur“ knapp 45 Minuten. Zeit hatten wir ohnehin genug und so vertrödelten wir noch etwas Zeit in unserer Absteige bevor der für mich frustrierende Teil der Tour losgehen sollte. Nach der heftigen Packung im Derby am Sonntag ahnte ich schon, dass das kein gutes Ende nehmen würde, trotz dieser enormen Schwäche, die auch den FC Basel aktuell befallen hat. Bei denen gesellt sich zur sportlichen Krise auch noch eine kleine finanzielle Schieflage hinzu, weswegen die tatsächlich auf die paar Kröten angewiesen sind, die man in der Gruppenphase dieses europäischen Resterampe-Wettbewerbs (den ich dennoch ziemlich geil finde) erhält.

    Mit der Tram - die dazu auch noch direkt vorm Hotel hielt - ging es bis direkt vors Stadion und nach dem Kauf von zwei Billets für die Gegentribüne wurde erstmal das kulinarische Angebot unter die Lupe genommen. Auch hier wird es wieder einen Stadiontest geben, aber das ist schon sehr üppig, wenn auch sehr teuer für den Durchschnittsteutonen.


    Gerne würde ich jetzt das Spiel einfach überspringen, aber um Spielberichte geht es hier ja eigentlich. Mehr oder weniger. Eher weniger als mehr. Trotzdem fühle ich mich genötigt dazu ein paar Zeilen zu verfassen…

    Vor dem Anpfiff durften wir erstmal eine kleine Choreo der Heimkurve bestaunen, die aus einer Blockfahne, einigen kleinen Flaggen und einem „Motivationsspruchband“ („Mit dr Wand im Rugge“) bestand. Abgerundet wurde das ganze mit etwas Pyrotechnik. Ich gebe an dieser Stelle gerne zu, dass ich für Blockfahnen einfach nichts übrig habe, aber in Kombination sah das schon nicht so schlecht aus. Der Gästemob traf da schon eher den richtigen Nerv bei mir. „Brøndbys gelbes Heer“ war das Motto, so dass der komplett in gelb gekleidete Block mit entsprechender Zaunfahne farblich passenden Rauch zündete, bevor der ganze Block lichterloh mit Bengalos brannte. Mit sowas kriegt man mich einfach immer wieder.

    Leider wurde nicht direkt danach bei 0:0 abgepfiffen, der „Spaß“ ging erst los. Der FC Basel versuchte zaghaft die Initiative zu ergreifen um das 0:1 aus dem Hinspiel auszugleichen, Brøndby tat alles, um ihnen das schnell und komfortabel zu ermöglichen. Seit Abwehrchef Maxsø verletzt ist, gesellt sich zu dem Problem, dass man keine Tore mehr schießt noch ein riesiges Abwehrproblem. Dass auch Außenverteidiger Mensah seit Monaten fehlt ist da fast noch das kleinste Problem. Himmel, waren die schnell am schwimmen, dabei war Basel auch ziemlich einfallslos. Und eklig. Die lagen wirklich bei jeder Gelegenheit auf dem Boden und versuchten so, die Emotionen hochzukochen. Beliebter Move war das Dribbling in den Strafraum, in den Gegner rennen und hinfallen. Schiedsrichter Dingert wollte nur einfach nicht darauf reinfallen.

    Nach knapp 20 Minuten verletzte sich dann auch noch Linksverteidiger Riveros und als Heggheim als gelernter Innenverteidiger den Platz übernehmen musste war das Chaos perfekt. Von da an musste Trainer Frederiksen permanent improvisierend eingreifen und Spieler auf ihren Positionen hin- und herschieben. So gab es bis zur 40. Minute zwar keinen einzigen eigenen Entlastungsangriff, aber einen Elfmeter für Basel. Zurecht.

    Heggheim geht zu ungestüm in den Zweikampf, der Schweizer fällt zwar sehr schnell, aber schon für die Doofheit war das berechtigt. Hermansen ist zwar in richtige Richtung unterwegs, aber der Schuss von Fabian Frei ist extrem platziert. Fünf Minuten vor der Pause war das Hinspielergebnis damit egalisiert.

    Nun geschah etwas seltenes. Brøndby fühlte sich genötigt aktiv am Spiel teilzunehmen. Cappis schickt in der Nachspielzeit mal Kvistgaarden auf die Reise, der lässt noch einen Verteidiger stehen und versenkt eiskalt ins rechte Eck. Sehr zur Begeisterung der ganz grob überschlagen 400-500 Gäste aus Dänemark.

    Leider war damit aber noch nicht Halbzeit. Vier Minuten war die Nachspielzeit bereits alt, da hat Millar unfassbar viel Zeit zu flanken, nachdem die Abwehr wieder mal nur halbherzig geklärt hat,Zeqiri muss nicht mal springen um den Ball per Kopf aus zehn Metern unhaltbar ins Eck zu verlängern. Pause. Platzwechsel für uns. Die Gegengerade war ja sehr schön, aber mich haben die Leute um uns herum gestresst. Neben dem Gästeblock war erheblich mehr Platz und ich konnte lauter vor mich hinmeckern ohne irgendeinen Eingeborenen damit zu provozieren.

    Klappt da auch erstaunlich gut, weil schweizer Ordner ihrer Arbeit mit maximaler Entspannung nachgehen, Durchgänge nur sporadisch bewachen und nirgendwo ein Ticket kontrollieren. An dieser Stelle sei auch mal erwähnt, dass die Taschenkontrolle auch keine ernsthafte Kontrolle war. Wohltuender Unterschied zu manch einem Möchtegern-Sheriff, denen man ja auch öfter mal begegnet.

    Direkt gegenüber von der Heimkurve und schräg unterm Gästesteher darf auch mal erwähnt werden, dass der Support nicht wirklich die Erwartungen erfüllen konnte.

    Sowohl Basel als DIE Szene der Schweiz, als auch die Gäste können beide ziemlich sicher mehr. Mit wachsender Spieldauer konnte sich die Heimkurve minimal steigern, während die Gäste eher Dienst nach Vorschrift machten.

    Die zweite Halbzeit ist sehr schnell erzählt. BIF hatte keine Ideen für einen eigenen Spielaufbau und beschränkte sich darauf zu hoffen, dass Basel zu dämlich ist. Mit Erfolg. Diese Strategie wurde auf die Verlängerung übertragen und hat auch dieses Mal - wenn auch mit unfassbar viel Glück - Erfolg gehabt.

    Blöd war nun aber - und Trainer Frederiksen muss es geahnt haben - dass man im Elfmeterschießen nicht mehr auf „durchmogeln“ hoffen konnte, sondern man fünf Leute zum Punkt schicken musste. Und auf dem Feld war ein Haufen Jung- und Ergänzungsspieler. Alle, denen ich Erfolg zugetraut hätte waren entweder ausgewechselt oder gar nicht erst mit angereist. Und es wurde pünktlich zu dem Duell vom Punkt irre laut. Also wirklich extrem laut. Keine Ahnung, ob ich jemals im Stadion so einen Krach erlebt habe wie in den Momenten, in denen ein Brøndby-Spieler Anlauf nahm.

    Diouf für Basel; drin (auch weil Hermansen aufgeregt viel zu früh in eine Ecke rennt), Radosevic - dem ich einen Treffer noch am ehesten zugetraut hätte - verballert, NDoye trifft wieder (Hermansen war in der richtigen Ecke), Greve trifft, Hermansen hält gegen Szalai, aber Salech verballert auch. Nach dem Tor von Males für Basel lag es an Bjur, die Minimalchance zu erhalten. Aber auch ihm versagten die Nerven. Die europäische Reise endet für Brøndby beim zweiten Gegner, Basel wird hoffentlich von Sofia in der nächsten Runde erledigt.

    Auch ohne dieses Ergebnis ein ziemlich unsympathischer Kackverein.


    Mit dem Ende ging es dann auch raus aus dem Stadion und rein in die volle Tram. Ab zum Kiosk und ins Hotel. Spätestens nach der Dusche war das Bedürfnis nochmal irgendwo hinzufahren eher überschaubar und so ließ man den Abend bei zwei, drei Getränken entspannt ausklingen. In dem wirklich extrem warmen Zimmer war es gar nicht so einfach Schlaf zu finden und dementsprechend war ich morgens auch erstmal ein bisschen gerädert.

    Mit der Tram und den Füßen wurde aber dann doch zeitig die Stadt erkundet und ein paar Orte für Fotos angesteuert, wobei wir irgendwann an einem kleinen Strandabschnitt am Rhein ankamen, wo wir uns ziemlich lange niedergelassen haben und ich beim Kauf eines Kaltgetränks noch ziemlich böse übers Ohr gehauen wurde. Das gleiche Schicksal sollte mich kurz darauf nochmal in einem asiatischen Hipster-„Restaurant“ ereilen. Wenn man etwas zu essen in ein Überraschungsei quetschen kann, dann ist es keine Mahlzeit!

    Beim abendlichen Rundgang durch die Stadt gewann ich langsam den Eindruck, dass diese Stadt von unfassbar vielen verrückten Menschen bewohnt wird.

    Dieser Eindruck wurde nicht besser, als man plötzlich Trommeln und laute, schrille Flötenmusik durch die Gassen hörte. Der Kater glaubte an einen Spielmannszug, ich hab Protestanten erwartet, die jetzt Katholikenkinder anspucken und mit Steinen bewerfen (aber falsches Land), stattdessen sah man eine US-Flagge vor einem kleinen Mob vorwegwehen. Und zwar noch die Flagge aus der Zeit des Unabhängigkeitskriegs. Okay, wenn die losgezogen sind um ein paar Rotröcke abzuknallen haben die natürlich meine uneingeschränkte Sympathie, aber ich hab leider keine Flinten gesehen. So blieb der Eindruck, dass dort einfach nur ein paar Irre irgendwo entwischt sind.

    Nachdem es nochmal für ein paar Bilder an den Rhein ging, gab es zu später Stunde wenigstens noch einen Hot Dog, womit der Skandinavier in mir auch befriedigt wurde, diesmal wurde der Kater in dem Laden übers Ohr gehauen, indem er einen geschmacklich eher drittklassigen Döner angedreht bekam. Ja, die Preise sind natürlich höher als bei uns, aber Fleisch sollte nicht mal dann in so einer Metallbox stundenlang warmgehalten werden, wenn das Ding nur einen Euro kostet.

    Immerhin konnte man gesättigt ins Hotel zurück und dieser Abend endete dann doch zeitiger als der vorige. Meinen Vorrat an dänischem Dosenbier hatte ich auch ziemlich präzise um Mitternacht aufgebraucht. Und für das NFL-Preseason-Spiel Lions vs. Falcons wollte ich dann auch nicht auf eine gesunde Dosis Schlaf verzichten. Schließlich ging es morgens auch noch ein wenig durch die Stadt, wobei wir auch diesmal irgendwann wieder spontan am Rhein verweilten und ich irgendwann farblich von Dr. Zoidberg kaum noch zu unterscheiden war. Highlight des Tages war aber der Typ, der vormittags um 11 mit einer Kanone Bier an uns vorbeitaumelte, nach etwa 20 Metern stehenblieb, einen letzten großen Hieb aus seiner Büchse genommen hat um diese dann halbvoll mit Schmackes in die Botanik zu feuern, bevor er wild entschlossen seinen Weg mit starkem Seegang fortsetzte. Danke an dieser Stelle für diesen unfassbaren Unterhaltungswert!

    Von der Sonne rotgefärbt wie ein Engländer ging es nun auch schon zum Bahnhof, wodurch ich ab der Ankunft dort einfach über alles genörgelt habe um nicht auch für einen solchen gehalten zu werden. Gründe dafür gab es ab dem Moment, wo wir am Bahnsteig ankamen auch zur Genüge.

    Über die Unfähigkeit der Bahn auch auf der Rückreise lege ich mal besser den Mantel des Schweigens und Verweise auf alles, was der Kater an anderer Stelle bereits gepostet hat und noch posten wird. Es gibt in D kein Unternehmen, was auch nur annähernd so schlecht geführt wird, selbst die Bumsbude, für die ich arbeite sieht dagegen hochprofessionell aus!


    Bilder folgen diesmal vermutlich zeitiger…


    Edit: Und zwar jetzt, diesmal war ich etwas fleißiger…


  • Schön zu lesen, dass auch du Spaß mit der Bahn hattest. |-)


    Ich fand es schon damals im Stadion sehr faszinierend, dass man sich da richtig einen hinter die Binde kippen könnte, wenn einem das Spiel nicht zusagt. ;D

    Alles nur weil es eine Baustelle gab. Aber ich hab die Zeit rumbekommen.


    Das stimmt. Da gab es an den Kiosken ein Fenster nur für hartes Zeug. :D



    Danke schmiddelfeld Und zurück. ;)

    Interesse an Datenbanken/Statistiken zum Fußball in den Niederlanden? Einfach fragen. ;)

  • Alles nur weil es eine Baustelle gab. Aber ich hab die Zeit rumbekommen.


    Ja, same here. 12 Minuten Verspätung bei der Abfahrt, weil - Aussage des Zugchefs - "sich Fahrgäste nicht zu benehmen wussten" ( :D ), bedingen 90 Minuten Verspätung bei der Ankunft. Hier mal nen Anschluss nicht gekriegt, da mal 10 Minuten länger warten müssen, usw...

    Nanakorobiyaoki

  • SG Wattenscheid - Preußen Münster


    Keine Ahnung wie oft ich mittlerweile im Ruhrpott war und was ich dabei alles für nutzlose Stadien und Vereine gesehen habe, aber Wattenscheid hab ich einfach immer und immer wieder aufgeschoben. Exzessive Prokrastination begleitet mich eben auch beim hoppen. Nun war es damit aber endgültig vorbei. Eine Frist von drei Spielen setzte mir ein Beitrag im SGW-Board, um das Stadion noch in seiner jetzigen Form zu sehen. Also erstmal hektisch den Spielplan studiert. Das Zebra hat mir ja vor einiger Zeit bereits eine kleine Stadionführung in der Lohrheide ermöglicht, aber Fußball wurde von mir hier noch nicht gesehen. Die Zwote von Düsseldorf, Münster oder Ahlen waren meine Möglichkeiten. Nummer 1 schied aus - zu kurzfristig (mein Auto repariert sich auch nicht von alleine). Eigentlich wäre mir das letzte Spiel am liebsten gewesen, aber MS bringt ja immerhin vermutlich den größten Mob mit und so hätte ich keine zweite Chance, wenn was dazwischen kommt.

    Da ich diesmal schlecht geplant habe blieb es auch bei einem Tagesausflug, zum Glück mit kleinem Foto-Ausflug im Anschluss, da ist der Kater ja leicht für zu begeistern. Und da ich wenigstens ein bisschen was trinken wollte und mit der gerade erst reparierten Karre auch nicht unbedingt direkt 500 Kilometer reißen wollte (irgendwo in Ostwestfalen will einfach niemand eine Panne haben, wenn man unwissentlich gepfuscht hat) entschied ich mich für eine hybride Anreise. Bis Minden mit dem Auto, von da aus per Zug. Wäre die Verbindung zwischen Minden und Nienburg nicht so eine bodenlose Unverschämtheit wäre ich vermutlich komplett per Zug gefahren.

    So aber ging es entspannt morgens um 8 los, wo meine Zylinderkopfdichtung ihre Bewährungsprobe bestanden hat (hurra, es lohnt sich also doch, die schleifende Kupplung demnächst zu wechseln!) und ich mich an Minden erfreuen durfte. 5,60€ für einen schäbigen Parkplatz ("Keine Kartenzahlung möglich!") und diese wirre Nummerierung der Gleise brachten mich dann doch wieder zum kichern. Aber in dieser Geisterstadt fällt sowas nicht mal mehr negativ auf. Die Anreise mit dem RE ist zwar alles andere als schnell, aber in diesem Fall mal halbwegs günstig und da es ein Direktzug war konnte die Bahn auch absolut gar nichts verbocken. Nicht mal 'ne ernsthafte Verspätung gab es - die 96 Sekunden lasse ich denen mal ganz großzügig durchgehen. Bei der Ankunft am Bahnhof in Wattenscheid dann aber doch über das größere Polizeiaufgebot gestaunt. Nachdem sich die Polizei in letzter Zeit einen stabilen Ruf unter den Freunden der dritten Halbzeit erarbeitet hat, wollte man sich heute wohl mal mit der Szene aus Münster messen, immerhin eine vierstellige Zahl sollte den Weg aus dem Münsterland in den Pott antreten.

    Nachdem ich mir die Vorbereitung der lustigen Truppe mit ihren nervigen, nervösen Kötern ein wenig angeschaut habe (die Kombination aus einem Stativ in der einen und einem Bier in der anderen Hand hat zumindest für ein wenig Verwirrung gesorgt) hab ich mich vom Kater einsammeln lassen. Am Eingang dann auch endlich mal wieder das Zebra gesehen und nach einem kurzen Lagebericht vom Bahnhof ging es ins Stadion. Auf dieses und das kulinarische Angebot werde ich im Stadiontest selbstverständlich detaillierter eingehen, aber so viel sei gesagt: richtig starke Wurst! Und das Stauder kann selbstverständlich auch ordentlich punkten. Der einzige andere Verein, der ähnlich mit seiner Wurst angibt ist übrigens Arminia Hannover. Aber in beiden Fällen ist das absolut berechtigt.

    Der Fanshop erheiterte mich auch ziemlich. Für einen Viertligisten kann sich das Angebot mal richtig sehen lassen, aber das Personal ist schon ziemlich premium. Vor allem wenn irgendwelche Typen "angelernt" werden, die sich 5€-3,50€ vorrechnen lassen müssen :D unter anderem gibt es dort Gin und Whisky zu kaufen. Single Malt für 40€ pro halbem Liter. Meine Neugier war geweckt. Kein billiger Fusel-Preis. Eine kurze Recherche führte mich zur "Destillerie & Brennerei Heinrich Habbel". Donnerwetter! Das ist doch der mit diesem berühmten Teleskop!

    Whisky aus Sprockhövel klingt jetzt aber erstmal weniger verlockend, auch wenn der im Netz schon ziemlich gelobt wird...

    Nach einer ausgiebigen Stärkung durch 'ne Krakauer und 'ne Currywurst (Frühstück hab ich ausfallen lassen) hatte ich auch genug Kraft für 90 Minuten Spektakel, denn zumindest ergebnistechnisch steht 09 aktuell exakt dafür. Zitat Zebra: "diesmal lassen wir dem Gegner gleich drei Tore Vorsprung". Diese Worte sollten in meinem Kopf noch lange nachhallen. Hatte 09 doch zuletzt gleich mehrfach Spiele gedreht oder Spiele kurz vor Schluss ausgeglichen, man muss ja auch mit den Herausforderungen wachsen! Die Gastgeber starteten aber nicht so, als hätten sie diesmal allzu viel Lust großen Rückständen hinterherzulaufen, stattdessen sollte wohl mal eine eigene Führung ausprobiert werden. Die ersten zehn Minuten verlagerte man das Spiel jedenfalls in die Preußen-Hälfte und hätte Sané ein wenig mehr Übersicht stünde es da auch schon 1:0. Stattdessen bekamen wir rund eine Minute später das andere Gesicht der Gastgeber zu sehen. Der Innenverteidiger will den Spielaufbau einleiten, der Mittelfeldspieler schläft. Ein Münsteraner mit dem weiten Ball auf Wooten, der wiederum mühelos vollenden kann. 0:1. Zwei Minuten später schafft es Wooten wiederum vor dem leeren Tor an den Pfosten zu ballern, 09 bekommt den Ball nicht mehr geklärt und Wegkamp darf auf 0:2 erhöhen. Die Laune auf der Tribüne war jetzt nicht mehr unbedingt die beste. Der Gästemob übrigens spektakulär groß für Regionalliga-Verhältnisse, aber auch unfassbar scheiße. Auf der Tribüne direkt unterm Dach und dann kommt von vielleicht 100-150 Leuten ein einschläfernder Singsang, während der Rest mit rumstehen beschäftigt ist. Wenn man mal die Größe des Mobs mit den akustischen Möglichkeiten betrachtet war das vielleicht einer der zehn schlechtesten Gästeblöcke, die ich je gesehen habe. Ich bin übrigens sicher, dass ein Teil der Szene aus MS vor nicht allzu langer Zeit zum hoppen in Schweden war, hab ich dort doch einiges an Liedgut gehört, was ich bisher nur von Göteborg kannte. Ähnlich dem trostlosen Gemurmel im Gästeblock plätscherte daraufhin das Spiel eine ganze Weile vor sich hin, bis sich in der 39. Minute Lerche nach einer SCP-Ecke zu einem dummen Foul hinreißen ließ und Lorenz den fälligen Strafstoß verwandelte. Das wiederum ließ Münster die ganze Angelegenheit ein wenig zu entspannt nehmen, was Wattenscheid nur vier Minuten später zu einem ebenfalls unstrittigen Elfmeter brachte, den Meier locker einnetzte. Was bitte ist das denn für eine grandios beschissene Tormusik? Die MUSS ich bitte noch ein paar mal hören! Aber unmittelbar vor der Pause fing man sich dann doch wieder einen. Die erste sinnvolle Kombination des Tages von Münster fand über Lorenz per Flanke zu Wegkamp, der Wattenscheids Torwart aus nächster Nähe per Kopf keine Chance ließ. Wie sich die 09-Abwehr vor der Flanke verarschen ließ war aber schon spektakulär. Mit 1:4 ging es nun in die Pause und ich war von dem Spielstand nicht unbedingt angetan. viel zermürbender war aber die etwas ältere Wattenscheiderin ein paar Reihen hinter uns, die mit ihrer nervigen Stimme wirklich jeden Gedanken in ihrem Kopf in einen sinnlosen Ausruf umwandeln musste. Auch sonst viel Ruhrpott-Folklore, aber eher sympathisch als nervig.

    Die zweiten 45 Minuten begannen mal wieder mit einer kleinen Druckphase der Hausherren, die eine solche Ausgangslage ja mittlerweile kennen und davon jetzt nicht sonderlich beeindruckt oder demoralisiert wirkten. So holte man nur 96 Sekunden nach Wiederanpfiff den nächsten Elfmeter heraus, den diesmal Lerche in den Winkel hämmern durfte. Nochmal fünf Minuten später segelt ein langer Freistoß in den Strafraum, doch diese Großchance blieb ungenutzt und auch ein Distanzschuss im Anschluss an diese Szene verfehlte nur knapp sein Ziel. Aber das Publikum jetzt hellwach und die Spieler schienen auch wieder daran zu glauben. Hatte das verdammte Zebra etwa recht? In der 65. Minute schien aber auch das letzte bisschen Hoffnung verloren. Lerche holt sich einen ziemlich überflüssigen Platzverweis bei einem Mittelfeld-Zweikampf ab, konnte aber immerhin den Gästeblock mit ein paar provokativen Gesten ordentlich auf die Palme bringen, die sich natürlich nicht lange bitten ließen über dieses Stöckchen zu springen. Dass er nochmal nachgelegt hat als der Zorn wirklich groß war spricht für ihn. Geiler Typ! Der Spielfluss war jetzt aber ruiniert. Wattenscheid wollte nicht mehr, Münster wollte nicht mehr. Per Freistoß wurde man noch einmal gefährlich, ansonsten spielte der SCP das jetzt gut runter, nur das 5:2 wollte nicht fallen. Der ansonsten so unfassbar wacklige Torwart verhinderte eine Viertelstunde vor Ende gegen Wooten schlimmeres.

    Das weckte die SGW aber dann doch nochmal auf und knapp zehn Minuten vor Ende gab es dann auch die schönste Kombination des Spiels. Yildiz wird ab der Mittellinie keine Beachtung mehr von Münster geschenkt, 25 Meter vor dem Tor spielt er einen wunderschönen Doppelpass mit Lucas, der ihm direkt in den Lauf lupft. Den wiederum direkt aus der Luft abgezogen und drin. Fußball kann so einfach und schön sein, zumal das Publikum jetzt endgültig hellwach war. Es schien jetzt keine Frage mehr ob der Ausgleich fällt, sondern wann. Und Münster bekam gewaltig Gummibeine. Und die gerechte Quittung. In der 92. Minute segelt ein eher zielloser Ball in den Strafraum und drei Verteidiger plus Torwart können nicht verhindern, dass Brdaric (ja genau, der Sohn von DEM Brdaric) in diese "Flanke" sprintet und zum Ausgleich vollendet. Ich musste meinen imaginären Hut vor Zebras Prophezeiung ziehen. Ein dramatisches Spiel, ein großes Finale, ein ausrastendes Heim-Publikum und ein völlig fassungsloser Gästeblock. Für den neutralen Zuschauer kann es gar nicht geiler laufen. Ein würdiges Ende. Eigentlich. Aber Fußball ist manchmal ein Arschl*ch...

    Dass Münster (was für unglaubliche Lappen!) ab der 60. Minute schon massiv auf Zeit gespielt hat kam ihnen jetzt plötzlich entgegen. Selbst in der 96. Minute durfte Münster nochmal nach einem Einwurf flanken, aber richtig stark gerettet. Ecke. Was dann folgte war irgendwie absehbar. Bei keiner einzigen Ecke wirkte die Abwehr souverän und der Schlussmann taumelte jedes mal komplett orientierungslos herum. Dennoch hatte man bis dahin Glück, doch dieses war nun aufgebraucht. Die Ecke war nicht mal besonders gut getreten, fand aber über Umwege den Weg zu Scherder, der mit seinem Treffer wiederum den Gästeblock explodieren ließ. Im Rausch der Emotionen stürmte ein nicht gerade kleiner Teil des Publikums auch direkt mal das Spielfeld. Das war dann auch der tragische Höhepunkt des Spiels und der einzige Moment, in dem Münster auf den Rängen mal laut war. Wann hatte ich zuletzt mal derart viele Tore bei einem Spiel gesehen? Ich kann mich jedenfalls spontan nicht erinnern. Trotz des Ausgangs hab ich vermutlich nicht gerade das schlechteste Spiel ausgesucht. Den Gastgebern werden auch dem Rest der Saison sämtliche Daumen für den Klassenerhalt gedrückt, Münster darf gerne noch von irgendwem abgefangen werden und eine oder zwei Bonusrunden drehen. Spielerisch kann Wattenscheid mithalten, mit der Moral dürfte man es sowieso mit jedem aufnehmen können. Nur Torwart und Abwehr. Puh...


    Vom Zebra wurde sich dann verabschiedet und ich kann mir vorstellen, wie es um seine Laune in diesem Moment bestellt war. :D

    Für uns ging es nun schnell zur Jahrhunderthalle Bochum um wenigstens etwas blaue Stunde für vernünftige Fotos abzubekommen. War doch ganz okay, nur eine Horde vorher noch friedlich schlafender Enten versuchte zwanghaft uns die Wasserspiegelung zu zerstören. Auch wenn ich ziemlich gepöbelt habe mag ich diese kleinen Krawall-Tierchen ja irgendwie...

    Im Anschluss ging es nach Düsseldorf. Auf einem Samstag direkt nach dem "Black Friday" war das gar nicht so schlau von uns, dazu dann am frühen Abend. Wir drehten also nur eine kurze Runde mit dem Auto, bestaunten ein paar wirklich schräge Vögel und ließen dann den Abend in Wuppertal ausklingen. Die Marvin-Schwäbe-Bahn (danke nochmal dafür :D ) fotografieren hat doch mehr Freude bereitet als ich es mir hätte vorstellen können. Immerhin ist die ja in Wuppertal...

    Aber richtig schattig war es mittlerweile geworden. Und damit meine ich nicht die Kälte, die von der Stadt Wuppertal auf Gäste ausgestrahlt wird, sondern echte Kälte. Kurz vor 22 Uhr konnte ich aber insgesamt zufrieden die Rückreise antreten, auch wenn die Spaßvögel von der Bahn wenigstens diesmal eine halbe Stunde Verspätung hinbekommen haben. So ging es dann erst um halb 2 in die Koje. War sicher nicht der letzte Ausflug zum einzig sinnvollen Verein der Stadt, der Umbau liefert ja Gründe für ein Wiedersehen...

  • Toller Bericht, danke dafür. :amen:



    unter anderem gibt es dort Gin und Whisky zu kaufen.

    Find ich auch immer geil: Glasverbot vor dem Stadion, aber innerhalb kann man sich dann hochprozentigen Alkohol in Glasflaschen im Fanshop kaufen :D

    Was bitte ist das denn für eine grandios beschissene Tormusik? Die MUSS ich bitte noch ein paar mal hören!

    Kult! Und hier bitte:

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    . viel zermürbender war aber die etwas ältere Wattenscheiderin ein paar Reihen hinter uns, die mit ihrer nervigen Stimme wirklich jeden Gedanken in ihrem Kopf in einen sinnlosen Ausruf umwandeln musste.

    Ich weiß genau, wen du meinst ;D

    Nervt sonst noch viel mehr, wenn das Stadion leerer ist. So ging die Gute zumindest an unseren Plätzen akustisch unter.

    Vom Zebra wurde sich dann verabschiedet und ich kann mir vorstellen, wie es um seine Laune in diesem Moment bestellt war.

    Richtig klasse! :D

    Wattenscheid statt Bochum

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