Dänemark, Herbst 2018
Teil I:
Eigentlich stand seit geraumer Zeit ein komplett anderer Plan, nämlich Polen. Da Chemie Leipzig in der Woche ein Pokalspiel gegen Paderborn hat und es sich über den Gästeverein eher unproblematisch gestaltet an Karten zu kommen, wurde das Wochenende davor ins Auge gefasst. Einige Wochen vorher stand auch ein Spielplan, doch der polnische Verband ist noch schlimmer mit Terminen als die DFL, so wurde nach und nach wurde unser schöner Plan über den Haufen geworfen. Also nichts mit dem ersehnten Krakau-Besuch und so musste eine Alternative her, denn Urlaub ist eingereicht und wird auch nicht wieder hergegeben, außerdem hat man bereits Karten für den Pokalkracher in Nordsachsen. Was liegt denn in der Nähe von Leipzig? Ach ja, Dänemark. Natürlich.
Wir suchten also fleißig nach möglichen Unterkünften und nach kurzer Zeit wurden wir auch da fündig. Also ging es am Freitag für mich die B6 gen Süden nach Hannover, in Marienwerder das Auto abestellt und zum Kater umgestiegen. Dieser hatte über Blabla-Car bereits Mitfahrer eingesammelt um die Fahrt etwas kostengünstiger zu gestalten, da ist er ja kreativ. "Wo kommt ihr denn her?", "Bochum, aber zugezogen!". Wie sich jeder bemüht, möglichst schnell diesen Zusatz nachzuschieben. Immer wieder amüsant! Die Fahrt in nördlicher Richtung verlief relativ entspannt, nur halt der übliche Stau bei Hamburg. Wie schön und einfach wäre doch das Leben, wenn es dieses Verkehrshindernis an der Elbe nicht gäbe. In Altona noch einen der beiden Mitfahrer rausgelassen und eine andere Mitfahrerin eingesammelt und weiter gehts...
SönderjyskE - Odense BK
Bis Flensburg waren dann auch diese beiden verschwunden und wir steuerten Haderslev an. Klingt zwar eher nach Slowakei, befindet sich aber in Dänemark und beheimatet Sönderjyske, einen mäßig begabten Erstligisten, welcher heute Odense BK empfing. Als 96er liegen meine Sympathien da natürlich bei den Gästen aus Fünen, dem Verein von Michael Schjönberg. Dieser war immerhin Pokalsieger mit 96 und Meister mit Lautern - wer hat noch solche Kunststücke auf Lager? Die beiden Vereine dieser Begegnung jedenfalls haben auch nicht sonderlich viele Erfolge verbuchen können. SönderjyskE gibt es so auch erst seit 2004 und ist halt ein typischer Fusionsverein, wie es sie in Dänemark mehrfach gibt. Odense war immerhin dreimal Meister (zuletzt 1989) und sogar fünfmal Pokalsieger (zuletzt 2007). Kurz hinter der Grenze erstmal Geld organisiert und an einem Unfallort vorbeigekommen. Da lag jemand offenbar doch ernster verletzt auf dem Boden, während die Polizei gefühlt 150 Meter lieber weiter "Grenzkontrollen" durchführt. Da muss man eben mal Prioritäten setzen!
Am Stadion angekommen verlief alles erstmal recht unproblematisch, geparkt wurde gefühlt 18,96 Meter vom Eingang entfernt, aber schon der Ticketkauf stellte die erste Herausforderung dar. Wir drehten (erfolglos) eine Runde durch das beeindruckende Vereinsheim und fragten einfach direkt draußen am Eingang die Ordner. Dort gab es Karten, diese sehen allerdings aus wie Quittungen im Supermarkt. Schöne Scheiße! Warum wir Sitzplatzkarten geordert haben (Snobs!) wissen wir heute auch nicht mehr, schließlich standen wir mehr oder weniger durchgehend auf der Hintertortribüne rum. Lediglich für ein paar Photos sind wir einmal für etwa drei Minuten auf die Tribüne. Aber es kontrolliert auch einfach keine Sau irgendwas, es ist einfach herrlich entspannt.
Nach dem Verzehr einer grandiosen Bratwurst und einer Cola (Taubencola!) lief auch schon bald das Spiel. Ich werde das jetzt mal so ausführlich beschreiben wie möglich:
Die erste Chance erspielten sich die Hausherren kurz vor der Pause, wo ein Distanzschuss nur knapp über die Latte flog. In der 81. trafen die Hausherren die Latte. Das war es in 90 Minuten. In der Nachspielzeit versuchten dann beide wirklich noch zu gewinnen. Sönderjysk konterte nach einem Ballverlust von Odense über die rechte Seite in den Strafraum, der Rechtsaußen legt hoch in die Mitte und statt direkt zu schießen verstolpert der Angreifer wirklich kläglich. Im Gegenzug wird der Ball unmotiviert nach vorne geholzt und Odenses Angreifer ist plötzlich alleine vor Mielitz, zieht viel zu früh ab und setzt ihn mehr als kläglich am Pfosten vorbei. Das wars. Abpfiff. Endlich weg von diesem kalten Ort. Auch wenn das Stadion definitiv beim Stadiontest gut punkten wird, war der Kick grauenhaft. Wieso hat Odense nicht mal was aus der Distanz versucht? Mielitz stand im Tor, da sind 2 von 2,5 Schüssen automatisch drin. Ein trostloses 0:0 hab ich vorher fast befürchtet. Vom Support war ich auch enttäuscht. Auf der Heimseite steht eine ultraorientierte Truppe auf der Tribüne (Sektion Stimmbruch), die es überhaupt nicht verstanden haben den Rest in Sachen Support mitzunehmen, schließlich haben die seltenen Wechselrufe durchaus funktioniert, Odense hat man drei- bis viermal vernommen. Highlight waren da schon die "Ostddeutsche Dullis"-Rufe von den Hamburgern neben uns, großartige Jungs!
Also ab zur Unterkunft. bzw. erstmal einkaufen und dann einen Schlüssel abholen und dann in die wirklich tiefste Pampa! Ein Ortsteil des Dorfs Knebel sollte für die kommenden Tage unsere Heimat werden. Knebel... Da besser keine Verträge für irgendwas abschließen!
Mittlerweile war es doch recht finster, aber die Suche gestaltete sich doch unkomplizierter als befürchtet. Ab in die Bude, Zimmer bezogen und das Häuschen mal genauer inspiziert. Während der Kater sich um warmes Wasser bemühte bequemte ich mich erstmal in den vorhandenen Schaukelstuhl mit einer Pulle Herri in meiner Hand. Wer jetzt beim Wort Schaukelstuhl eine Altherren-Einrichtung vor Augen hat liegt goldrichtig. So ungefähr sah es bei meinen Großeltern aus, bis Oppa den Löffel abgegeben hat und so sieht es dort vermutlich noch immer aus. Aber damit kein falscher Eindruck entsteht: ich fand die Hütte großartig. Eine Kreuzung aus besserer Jagdhütte und Museum mit TV! Mit einer großen Portion Euphorie ob der kommenden Tage und einer noch größeren Portion Übermut sammelte ich draußen direkt mal Holz für den Kamin, hackte dieses klein und schaffte es auch beeindruckend schnell ein Feuer zu entfachen. Dumm nur, dass der Abzug gar nicht mehr funktioniert und ich unsere schöne Hütte damit von innen in dichten Rauch gehüllt habe. Immerhin der Ofen ist in der Hinsicht annähernd brauchbar. Aber das mit dem Feuer ließen wir dann doch lieber und versuchten unser Glück mit den Heizungen. Der große Nachteil zeigte sich am nächsten Morgen. Eispalast wäre noch eine sehr euphemistische Beschreibung. Es war kalt, lausig kalt!