"Mein schönstes Ferienerlebnis" - Katers Spielberichte

  • am besten natürlich im Winter

    Den Gedankengang verstehe ich, aber da wäre ich mir gar nicht so sicher.

    Vom Schloss aus, das mittlerweile Öffnungszeiten hat, sieht man größtenteils die Dächer von Stolberg.

    Ob das so viel hermacht, wenn alles Weiß in Weiß ist?

    Die Ortsansichten überzeugen auch so, ohne dass man da mit Kulisse nachhelfen muss.

  • Das ist im Grunde ein T-förmiger Ort, der fast nur aus Fachwerk besteht.

    Aber im Gegensatz zu Wernigerode oder Quedlinburg auch nur diese drei Straßen, die sich in der Mitte treffen und das Schloss.


    Schau dir mal bei Google Bilder an.

    Sowohl mit "Schnee" als zusätzlichen Suchbegriff als auch ohne.

    Da bekommst du einen Eindruck.


    Ich finde, dass der Schnee es in diesem Fall sehr viel komplizierter macht, ein ansprechendes Foto hinzubekommen und die Gefahr besteht, dass das schnell in trostlosen Kitsch abrutscht.

    Man muss schon wissen, was man da tut, dann kann es was werden, wenn die Bedingungen stimmen.

    Aber darauf wetten, dass der nächste Winter so ergiebig mit Schnee wird wie der letzte, würde ich nicht.


    Dafür kann man an einem sonnigen Tag auch ohne Schnee viel aus dem Ort herausbekommen.

    Das meinte ich mit Kulisse.

    Es gibt Orte, die man in die weiße Zuckerwatte packen muss, damit sie ein ansprechendes Motiv abgeben, aber hier ist fast schon das Gegenteil der Fall.

  • Man muss schon wissen, was man da tut, dann kann es was werden, wenn die Bedingungen stimmen.


    Ich hatte Stolberg schon länger notiert. Zielfoto ist/war in meinem Kopf, mir eine Gasse rauszusuchen und in der blauen Stunde darauf zu hoffen, dass das Schloss etwas beleuchtet wird. Und dann quasi die Straße/Gasse als Vordergrund und das Schloss als Hintergrund zu nutzen. Da ich aber wie gesagt noch nicht vor Ort war, ist diese Idee nur basierend auf Google Maps und "könnte gehen" entstanden und bedarf noch einer genauen Begutachtung.

    Nanakorobiyaoki

  • Dass Du so lange im Harz bist und mir nicht Bescheid gibst für ein kurzes Bierchen...schade :( !

    Und alles was wir hassen, seit dem ersten Tag, wird uns niemals verlassen, weil man es eigentlich ja mag.

    (Tocotronic, Let there be Rock)

  • Ich wollte auch erst Cherry-Coke sagen... ;)

    Und alles was wir hassen, seit dem ersten Tag, wird uns niemals verlassen, weil man es eigentlich ja mag.

    (Tocotronic, Let there be Rock)

  • Weiter geht's mit Teil 2 - die Abenteuer des Niklas Müllkrug


    Komplett und in hübsch:


    Tour de Harz Teil 2 – Die Abenteuer des Niklas Müllkrug – valokuva.de


    Wie so oft hat die Überschrift nicht viel mit dem Inhalt des Beitrags zu tun. Dafür mit allerhand infantilem Blödsinn, denn schließlich war Hannoi immer noch dabei.


    Der Freitag startete verhältnismäßig spät. Sonnenaufgang fiel eh aus, also kann man auch ausschlafen. Zumal für die Nacht wolkenfreier Himmel vorhergesagt war und diese deshalb eher lang ausfallen würde. Nachdem wir in Braunlage was zum Frühstück besorgt haben, fuhren wir in die Berge. Moment mal, wir sind schon in den Bergen. Ok, dann fahren wir halt aus den Bergen raus und wieder in die Berge. Hä? Verwirrt? Gut, ich auch. Es ging nach Halberstadt, eine gute Autostunde von Braunlage entfernt. Wir fuhren über Benzingerode, was mich zu der Frage führt, ob man dort wohl Benzin kaufen kann. In Halberstadt warteten die Klusberge. Clueso sahen und vor allem hörten wir aber glücklicherweise nirgendwo. Ich gebe zu, dass dieser schlechte Gag mündlich um einiges besser funktioniert.

    DIE CFR CLUJ-BERGE

    Ok, CFR Cluj ist ein Fußballverein aus Rumänien. Mit einer Lokomotive im Wappen. Das wird dich nicht interessieren, also genug mit der Blödelei (vielleicht). Weiß man nicht um ihre Existenz, könnte man an diesen Klusbergen glatt vorbei fahren. Wobei das auch wieder schwierig ist, denn sie liegen an einer Sackgasse. Gefühlt ist das ganze Areal nur so groß, wie eine mittlere Kleingartensiedlung, aber viel spektakulärer! In der Gegend um Halberstadt rechnet man eigentlich nicht mehr mit sowas, da es dort schon relativ flach ist.

    Nanakorobiyaoki

  • Teil 3 ist fertig:


    Tour de Harz Teil 3 – Die Ilse und der wilde Wolf – valokuva.de


    In einer imaginären Familie der Bundesliga-Maskottchen wäre Wölfi der BWL-Justus. Brav, unscheinbar, etwas zu schmal. Mit Hornbrille und hochgeklapptem Polo-Kragen absolviert er ein Werksstudium bei VW. Der leider schon längst eingemottete hannoversche Hanno hingegen wäre der stets etwas zu prollige Onkel, den jeder von uns schon mal auf einer Familienfeier erlebt hat, wie er sturzbesoffen peinliche Nazi-Witze erzählt.

    Nanakorobiyaoki

  • EIN FUSSBALLERISCHER R(H)EINFALL – BASEL TEIL 1

    Mit Bildern und in hübsch: https://valokuva.de/ein-fussballerischer-rheinfall/


    ES BAHNT SICH WAS AN


    Hannoi hatte ja schon im Juli die grandiose Idee, nach Stettin zu fahren, um sich dort Brøndby IF in der Qualifikation zur Conference League anzuschauen. Diesem Vorhaben konnte ich dank Corona nicht beiwohnen, dafür war ich für die nächste Quali-Runde Feuer und Flamme, zumal es ebenfalls in eine durchaus interessante Stadt ging; nach Basel! Leider war ich diesmal derjenige, der für die Schnapsideen zuständig war, denn ich kam auf den glorreichen Einfall, diese Reise mit der Bahn anzutreten. Wären wir, wie normale Menschen, mit dem Auto gefahren, wäre uns einiger Ärger erspart geblieben. Und dieser Bericht wäre nur ungefähr halb so lang, was dann wieder schlecht für euch gewesen wäre.

    Damit diese Rechnung überhaupt zugunsten der Bahn aufgeht, brauchten wir dieses Egal-Wohin-Ticket, das für 39,90€ eine einfache Fahrt mit egal welcher Bahn innerhalb Deutschlands erlaubt. Jetzt wirst du vielleicht gestutzt haben, denn es soll doch nach Basel gehen und ich kann dich dahingehend beruhigen, dass die Bundeswehr dort nicht zwischenzeitlich einmarschiert ist.

    Ein bisschen Trivia: In Basel gibt es einige Bahnhöfe, für Deutschland am Wichtigsten ist neben dem Hauptbahnhof (Basel SBB) der Badische Bahnhof (Basel Bad). Und jetzt sag dreimal hintereinander “Basel Badischer Bahnhof”. Dieser ist – wie einige andere Bahnhöfe im schweizerischen Grenzgebiet auch – deutsches Hoheitsgebiet. Also gilt dieses Ticket auch dort.

    Hin und zurück für 80€ ist mal ein fairer Kurs, zumal Hannoi anderenfalls erst mit dem Auto zu mir hätte gurken müssen und wir in Basel für zwei Nächte parken auch locker nochmal nen Fuffi losgeworden wären.

    Bei der Ticket-Buchung für’s Spiel kam uns unsere Trägheit zugute. 48 Franken (Kurs ca. 1:1) wollten die für das Spiel haben, zwei Tage vorher gab es die Karten dann aber plötzlich für nen Zwanni. Wir entschieden uns daraufhin, die Tickets vor Ort zu holen.


    VON BAHNAUSEN UND LETZTEN ZÜGEN

    Nun denn, Abenteuer Bahnfahrt. Die letzten Wochen waren die Nachrichten voller Schauergeschichten nicht nur von Flughäfen, sondern auch von der Bahn. Die Pünktlichkeitsquote fiel auf den schlechtesten Wert seit Dezember 2010 – und da hatten wir einen echt garstigen Winter. Hoffnungsfroh begab ich mich zur S-Bahn… um dort 10 Minuten zu warten. „Verspätung eines vorausfahrenden Zuges“ wusste der Lautsprecher, „Stellwerk defekt“ wusste die Bahn-App. „Sie werden Ihren Anschluss in Köln nicht erreichen“, wusste eine E-Mail der Bahn. Hauptproblem war nicht die S9, sondern die Regionalbahn, die ich in Wuppertal besteigen sollte. Diese hatte bereits vorher irgendwas um die 45 Minuten Verspätung angesammelt. Ich beschloss, daraufhin zum Hauptbahnhof durchzufahren, denn dort gibt es wesentlich mehr Anschlussmöglichkeiten. Nachricht an Hannoi: „Du siehst Kassel, ich sehe Wuppertal. Stelle fest, dass wir beide irgendwas verbrochen haben müssen.“

    Dort bediente ich mich eines Regional-Expresses, der des Weges geschlichen kam. Dieser sollte 20 Minuten vor Abfahrt meines ICE in Köln eintreffen, was ich für genug Puffer hielt. Los fuhr das Ding schon mal pünktlich, trotz dass er von einem englischen Unternehmen betrieben wurde, die von Eisenbahn gemeinhin ja noch weniger verstehen als unser wunderbarer Staatskonzern. Leider musste der RE alsdann, noch auf Wuppertaler Stadtgebiet, 10 Minuten in der Wildnis stehen, weil ein ICE mit 80 Minuten Verspätung unbedingt vorbei wollte. Das erste von nur so vielen Beispielen allein an diesem Wochenende, warum z.B. in Frankreich und Japan bei der Einführung von Hochgeschwindigkeitszügen so viel mehr richtig gemacht wurde, als hierzulande. Aber hey, von einem Konzern, dessen Bahnen erst ab einer Verspätung von mehr als 6 Minuten auch statistisch als verspätet gelten, sollte man vielleicht nicht die Weitsicht erwarten, seine ICE konsequent auf eigene Gleise zu stellen. Ständige Ausbremsungen, weil vorneweg ein Güterzug oder ne Regionalbahn fährt, sind doch auch für die Fahrgäste viel unterhaltsamer.

    Ich konnte jedenfalls von Glück reden, dass sich auch der ICE mittlerweile eine Verspätung von 10 Minuten draufgeschafft hat, sonst wäre der tatsächlich futsch gewesen. Ehe bereits der ICE einfuhr, schaffte ich es gerade so eben, die Hälfte meiner ungefähr drei Jahre alten Laugenstange zu verputzen, die ich aus niedersten Racheinstinkten beim Wuppertaler Bahnhofsbäcker in die Hand gedrückt bekam. Wer könnte auch ahnen, dass die Verkäuferin so garstig reagiert, wenn man das nicht funktionierende EC-Gerät mit “naja…willkommen in Wuppertal” kommentiert…

    Würde Bahnfahren immer so funktionieren, wie zwischen Köln und Frankfurt, wo das Ding ohne großartige Zwischenhalte mit 300 km/h durch den Westerwald brettert, ich wäre Fan dieses Ladens. Ich lasse entspannt die Landschaft an mir vorbeiziehen und nicht mal das enthusiastische Würfelspiel am Tisch hinter mir bringt mich irgendwie aus der Fassung. Die Realität beschrieb ich bereits im vorherigen Absatz…

    Diese Realität bekam in diesem Moment auch Hannoi zu schmecken, denn in seinem Zug stellte man kurz vor Frankfurt wohl relativ spontan fest, dass man heute in Mannheim nicht anhalten möchte. Aus meiner Sicht verständlich, ist das Kaff doch so hässlich wie die Nacht finster, aber Hannoi wollte dort eigentlich in meinen ICE umsteigen. Gut, dass wir beide in der Lage sind, Alternativen zu finden und so stieg er bereits am Frankfurter Flughafen aus, schob sich drei Burger in die Figur („die letzte günstige Mahlzeit der nächsten 3 Tage“) und nahm neben mir Platz.

    Wie so etwas aber Leute jenseits der 70 hinkriegen sollen, frage ich mich da schon. Ihr könnt doch nicht einfach fünf Minuten bevor es donnert, einen wichtigen Umsteigehalt einfach so ausfallen lassen. Die ältere Dame neben mir war auch schon der Verzweiflung nahe, denn sie wollte sich in Mannheim mit einer Freundin treffen und dann gemeinsam weiterreisen. Diese kam allerdings schon gar nicht aus ihrem Startort Bingen weg, weil auf der Strecke ein Feuerwehreinsatz war. Oder die Dame mittleren Alters vor mir, die um 5 Uhr in Ostfriesland startete, kurze Zeit später aufgrund eines defekten Zuges zwei Stunden auf offener Strecke stand und sich beim erstbesten Aufenthalt in Lingen erstmal ne Büchse Pils bei ein paar Jugendlichen schnorrte.

    Übrigens, bei der später noch zu befahrenden Strecke von Karlsruhe nach Basel zoffen sich die Deutschen seit einiger Zeit mit der Schweiz. Diese hat ihren Teil zur geplanten europäischen Magistrale schon längst fertig, während man in Deutschland jetzt dann auch mal angefangen hat. Geplant ist dieser viergleisige Ausbau seit 1987. Fertig sein will man im Jahre 2041!!! Das sind fast 60 Jahre! Für einen Ausbau einer Bahnstrecke! Dieses Land ist so im Eimer…

    Dies sind nur einige von täglich tausenden Beispielen, wie die Bahn es schafft, ihre Passagiere in die Weißglut zu treiben. Sowas kann man nur mit ganz viel Idealismus ertragen, oder mit Alternativlosigkeit. Die Verkehrswende wird allerdings nur gelingen, wenn man günstig und zuverlässig ist und nicht teuer und unzuverlässig.


    DIE BASIS IN BASEL

    Genug gemeckert (vorerst), denn wir erreichten tatsächlich irgendwann Basel und das auch nur mit 45 Minuten Verspätung. „Das Hotel ist nur 700 Meter entfernt.“ Wie weit 700 Meter sein können, wenn man Kameraausrüstung und Klamotten durch eine über 30 Grad heiße Stadt schleppen muss, ahnte ich vorher nicht. Das Hotel lag genau an der Messe, die wiederum mitten in der Stadt ist. Verrückte Schweizer, aber immerhin sorgte dies für eine gute Erreichbarkeit.

    „Check-In Automat defekt, gehen Sie bitte ins benachbarte Hotel.“ Vorzüglich… Hannoi freute sich über die willkommene Raucherpause, passte auf das Gepäck auf und ich lief zum Nachbarhotel, um dort einzuchecken. Dort durfte ich auch 4 CHF pro Person und Nacht Tourismusabgabe zahlen, bekam im Gegenzug allerdings die Baselcard, mit der man kostenlos sämtliche Transport-Angebote der Stadt nutzen kann, freies W-Lan in vielen Bereichen der Innenstadt hat und in vielen Museen, Theatern und im Zoo 50% Ermäßigung bekommt. Diese Karte kann man als Pappticket mitführen, oder mit dem Smartphone scannen und dann online nutzen.

    Bei unserer Hotel-Wahl war Geiz und Hektik irgendwie geiler, als nen Zwanni mehr für das Ibis am anderen Ende der Stadt hinzulegen. Das hätte nämlich ne Klimaanlage gehabt. Dieses Easy-Hotel (Franchise der Billig-Airline) hatte keine Klimaanlage zu bieten, dafür Bettzeug, das auch bei -10°C vermutlich noch vorzüglich gewärmt hätte. Immerhin stellten sie einen billigen Ventilator der Marke Weber ins Zimmer, was uns mutmaßen ließ, ob man darauf auch Würstchen grillen könnte.

    Jedoch stellten wir entzückt fest, dass die Straßenbahn vor der Tür direkt bis zum Stadion fuhr und so gammelten wir einfach noch eine Stunde im Zimmer rum, bevor wir starteten. Praktischerweise fuhr die Bahn auf ihrem Weg zum Stadion mitten durch die Stadt, sodass wir einen ersten Eindruck klimatisiert und gratis bekamen.


    DAS STADION

    Ebenfalls einen ersten Eindruck bekamen wir am Stadion von der Faulheit der Schweizer, irgendetwas auszuschildern. Einfach nirgendwo war die Tageskasse verzeichnet, ein Ordner wusste auch nicht weiter und dann fanden wir uns im Fanshop weiter, was genauso falsch war, uns aber immerhin die erste Begegnung mit diesem “Deutsch” bescherte. „Hast du die jetzt verstanden?“ „Ja, sicher. Treppe hoch und immer geradeaus. Hat se doch gesagt…“ „aaaachso…“ Tatsächlich war dort ein Kassenhäuschen und tatsächlich wollte man uns dort sogar Karten für die versprochenen 20 CHF überlassen. Die Taschenkontrolle war keiner Erwähnung wert, Hannoi hatte mit seiner Olympus und dem 9-18mm-Objektiv keinerlei Schwierigkeiten und ich habe meine Kamera erst gar nicht mitgenommen. Hätte ich wohl ohne Probleme tun können, ich wollte mich – nach dem letztjährigen Verkauf meiner RX100 – aber auf’s Handy verlassen. Hat geklappt, auch wenn ich die Politik vieler Hersteller nicht verstehe, den Pro-Modus (und somit die Möglichkeit, RAWs zu schießen), nur auf die Hauptlinse zu begrenzen.

    Die Heimstätte des FC Basel, der St. Jakob-Park wurde letztmalig zur EM 2008 erweitert und ist mit ca. 38.500 Plätzen das größte Stadion des Landes. Das „Joggeli“, wie es von den Einheimischen genannt wird, ist von außen wirklich potthässlich, von innen aber eins der schöneren Stadien des Kontinents. Möglich machen es die dreirangige Gegentribüne und die Haupttribüne, die mit einer großzügig verglasten VIP-Behausung daherkommt, die mit ihrer ebenso großzügigen Beleuchtung ein bisschen an den Palast der Republik erinnert. Auf dem Dach finden sich kleine Flutlicht-Masten ringsrum. Im Stadion tragen die Ränge übrigens die Bezeichnung Parkett, Balkon und Galerie. Viel größer dürfte es auch nicht ausfallen, das Joggeli, denn es steht etwas gequetscht zwischen Hauptbahn und der St. Jakob-Allee. Südlich davon schließt sich ein weitläufiger Sportpark an. Der Grund für die gequetschte Bauweise lässt sich in den Anfängen des Stadions in den 1930ern finden: Die St. Jakob-Allee bildet gleichzeitig die Kantonsgrenze zwischen Basel-Stadt (nördlich) und Basel-Landschaft (südlich) und die zu erwartenden Steuereinnahmen aus dem Stadionbetrieb sollten doch bitteschön auf Stadtgebiet fällig werden.


    ES SPIELTE NUR EINER…

    Es ist tatsächlich fast drei Jahre her, seitdem ich das letzte ernsthafte Fußballspiel gesehen habe. Ich freute mich also sogar etwas darauf, trotz meiner mittlerweile noch ausgeprägteren Abneigung gegen diese Hochglanz-Kirmesbuden namens UEFA und Co.

    Zum Spiel nur so viel: Ich habe selten so etwas einseitiges erlebt. Brøndby tat alles dafür, den knappen (und viel zu niedrigen) Vorsprung aus dem Hinspiel zu verdaddeln. Es ging hitzig zu, der deutsche Schiedsrichter Christian Dingert musste insgesamt 11x gelb zeigen, hatte die Partie aber verhältnismäßig gut im Griff. Basel hatte ungefähr 600 Torchancen, diese wurden aber reihenweise vom besten Mann auf dem Platz, BIF-Torwart Hermansen vereitelt. Gegen das Unvermögen seiner Vorderleute und gegen das ständige Anrennen der Basler war aber auch er machtlos, sodass Basel das Spiel mit 2:1 für sich entschied, was – unter Berücksichtigung des Hinspiels – in einem Elfmeterschießen mündete. In diesem, wie schon im Spiel, merkte man eindeutig, wer die reifere Mannschaft war. Während BIF ein Durchschnittsalter von gefühlt 18 Jahren auf dem Platz hatte, zeigte Basel mit seiner ganzen Erfahrung, wie man fast perfekte Elfmeter schießt. Der Heimvorteil tat sein Übriges, das während des Spiels doch eher durchschnittliche Joggeli erwachte pünktlich zum Elfmeterschießen in einer Lautstärke, die ich bisher selten in einem Stadion vernommen habe.

    Hannoi war bedient, ich tatsächlich auch ein bisschen – Zeit für zwei Dinge, die mich in Basel unglaublich genervt haben. Erstens: Du bekommst nach 19/20 Uhr quasi nirgendwo mehr irgendetwas zu trinken, außer dich für horrende Preise in eine Kneipe zu setzen. Kioske, wie wir sie hier kennen, gibt es zwar, allerdings schließen die ähnlich früh wie diese ganzen Mini-Supermärkte, die überall in der Stadt verteilt sind. Gut, dass ich während des Spiels ungefähr 3 Liter Wasser in mich reingeschüttet habe. Das Zweite ist die nicht vorhandene Beschilderung der Tram-Stationen. Diese sind – gerade im Zentrum – gerne mal aufgeteilt, sodass die Station in verschiedenen Straßen verschiedene Bahnsteige hat. Sagt einem aber niemand, du weißt also nicht, ob du nun nach links oder rechts laufen musst. Dieses nicht sehr touristenfreundliche Konzept, gepaart mit sehr knapp kalkulierten Anschlüssen, ließ uns einige Bahnen verpassen. Ein Problem ist das allerdings nicht, die Dinger fahren auch abends noch in manierlichem Takt.

    Wir hatten so gar keine Motivation mehr, irgendetwas zu machen, zumal die Stadt stockfinster war. Also besorgten wir uns am Bahnhofskiosk, der immerhin bis 23 Uhr offen hat, ein paar gekühlte Getränke und ließen den Abend auf dem Zimmer ausklingen. Einschlafen funktionierte ob der Affenhitze aber mal so überhaupt nicht…

    Nanakorobiyaoki

  • EIN FOTOGRAFISCHER R(H)EINFALL – BASEL TEIL 2

    Mit Bildern und in hübsch: https://valokuva.de/ein-fotografischer-rheinfall/


    Heute wollten wir uns die Stadt anschauen, dies aber erst später. Es waren nämlich schon wieder 30°C, ohne dass sich eine Wolke am Himmel zeigte. Daher bevorzugten wir erstmal einen Ausflug an den Rankhof, eine kleine Sportanlage im Osten Kleinbasels, also der „deutschen“ Rheinseite. Ich hatte ja die Drohne mit und die wollte auch ein bisschen spielen. Diesbezüglich sind die Schweizer übrigens ziemlich entspannt; Solange du mindestens 5 km vom nächsten Flughafen entfernt bist, darfst du dort quasi alles.

    Danach verließen wir bereits Basler Stadtgebiet und fanden uns in Birsfelden wieder, das offiziell schon zum Kanton Basel-Landschaft gehört. Dieses erreichten wir über das Rheinkraftwerk und zu unserer Verzückung fanden wir nicht weit davon einen riesigen Park direkt am Rhein. Dieser lud quasi dazu ein, die Schuhe in die Ecke zu werfen und etwas im Rhein rumzutigern.


    Hannoi organisierte derweil etwas zu trinken und ließ sich von der einzigen Bude weit und breit bereitwillig über den Tisch ziehen. Für zwei Becher Eiswürfel mit zwei Fingerbreit Cola wurden ihm 13 Franken abgenommen. In diesem Park verbrachten wir die nächsten zwei Stunden und verspürten irgendwie so gar keine Lust, bei dieser Affenhitze durch die Stadt zu laufen. Allerdings mussten wir ja noch irgendwo was essen. Und vor diesem Teil fürchteten wir uns! Konnte die Nahrungsaufnahme gestern noch verhältnismäßig (!) kostengünstig im Stadion gestaltet werden, blieb uns ein Restaurantbesuch heute nicht erspart. Ich hatte im Vorfeld alle möglichen Restaurants abgecheckt und bin zu dem Schluss gekommen, dass es völlig egal ist, wo man etwas essen geht, es ist überall schweineteuer. Also entschieden wir uns aus Faulheit für das Lokal direkt in unserem Hotel: Ein asiatisches Etablissement, welches unter anderem meine geliebten Ramen im Angebot hatte.

    Hannoi hatte nicht so großen Hunger und begnüngte sich mit einer Teigtasche für immerhin auch CHF 9. Was dann kam, damit hatte er nicht gerechnet. Mit großem Brimborium wurde ein Dim-Sum-Körbchen geliefert, aus dem weißer Rauch aufstieg. Dabei hatte er nicht versehentlich einen neuen Papst gewählt, sondern wir waren in einem 1a-Hipsterschuppen gelandet, in dem die Präsentation wichtiger ist, als die Menge des Essens. Normalerweise kehren wir auf solchen Touren eher beim Dorfgriechen und ähnlichen Kalibern ein. Nun ja, Hannois Gebiss schnappte zwei Mal zu und schon war der Bao Bun Geschichte und sein Gesicht war länger, als das eines Polizeipferdes. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Die Ramen war schon ganz gut, wenn auch kein Japaner in Düsseldorf vor Neid erblassen würde, aber diese Portion… und dafür CHF 25… Nur so viel: Wir suchten uns später noch ne Dönerbude und dieser (kleine) Kebab war mit CHF 8 nicht nur der teuerste, den ich jemals gefuttert habe, sondern auch einer der schlechtesten. Aber – wir sprachen drüber – was anderes hat in dem Nest um 23 Uhr halt nicht mehr auf.


    Nun aber genug von der Nahrungsaufnahme, wir schnappten unseren Fotokram und fuhren mit der Tram in die Altstadt. Dort verdingten wir uns zuerst in der Nähe der Haltestelle ‘Bankverein’ (Schweiz macht Schweiz-Sachen) und liefen dann Richtung Barfüßerplatz und Rathaus.


    Das Rathaus wurde Anfang des 16. Jahrhunderts gebaut, als Basel der Eidgenossenschaft beitrat und nun auch etwas zum Herzeigen brauchte. Kosten und Mühen scheute man offensichtlich wenige, sogar ein goldenes Türmchen ließ man montieren. Der große Rathausturm wurde freilich erst fast 400 Jahre später angebaut. Auch heute zeigt sich reges Bautreiben, direkt neben dem Rathaus wird großflächig irgendein Shoppingtempel errichtet. Dies und die Tatsache, dass der gar nicht zu große Rathausplatz von einer gar zu großen Tramhaltestelle begrenzt wird, ließen vernünftige Fotoambitionen direkt im Keim ersticken. Also 14mm drauf und einfach stumpf davor stellen! In meiner Verzweiflung kippte ich sogar reichlich Wasser auf die Kopfsteinpflaster, aber um hier eine Pfütze – und damit eine Spiegelung – zu erzeugen, hätte ich schon einen ausgewachsenen Eimer benötigt. Diese Brunnen sind übrigens eine großartige Erfindung. Knapp 200 stehen in der ganzen Stadt herum, sehen gut aus und spenden nebenbei kostenlos Trinkwasser für alle, die es benötigen, unter anderem für geizige Touristen.


    Plötzlich ertönten Trommeln und Tschingderassabumm durch die Stadt, sodass wir erst an einen Schützenumzug glaubten. Wenig später erschien auch die Ursache des Lärms vor unserer Nase; eine Horde historisierend verkleidete Dudes mit der Flagge der 13 US-Kolonien zog durch die Stadt. Warum sie das taten und was sie bezwecken wollten? Ich habe nicht den geringsten Dunst!


    Wir machten uns unterdessen auf zum St. Alban-Ufer, das ca. 15 Minuten Fußweg entfernt liegt. Dort bekommt man die klassische Postkarten-Ansicht von Basel zu sehen, die quasi jeder fotografiert. So auch wir, denn die Recherche-Zeit im Vorfeld verlief kurz und unkoordiniert und so fiel uns einfach nichts besseres ein, zumal sich hier direkt zwei Fotomotive ergeben wollten. Aufgrund des absolut unspektakulären Sonnenuntergangs flog ich jedoch erstmal ein bisschen mit der Drohne durch die Gegend.

    Als sich die blaue Stunde zeigte, nahmen wir uns erst die Roche-Towers am anderen Flussufer vor. Wie der Name schon sagt, gehören die Türme zum Hauptsitz des Pharma-Unternehmens.


    Nun hat sich auch das Basler Münster dazu entschlossen, die Beleuchtung einzuschalten. Und nein, das Bild ist nicht schief, die Brücke steigt tatsächlich leicht an.


    In diesem Moment reifte in mir ein Entschluss, der bei der Bildbearbeitung am heimischen Rechner komplettiert wurde; die Z6 kommt weg! Ich weiß nicht, ob es an meiner Dummheit liegt, oder ob Nikon einen magnetischen Sensor gebaut hat, der Staub und Flusen magisch anzieht… ich kann vorsichtig sein, wie ich will, ich kann das Ding sauber machen wie ich will, dieser verdammte Sensor ist immer (!) dreckig. Und zwar nicht ein paar gut in Lightroom wegzustempelnde Punkte-dreckig, sondern richtig große-schwarze-Streifen-dreckig. Außerdem habe ich in Basel gelernt, wie maximal sinnlos es ist, eine fette Vollformat-Kamera im Hochsommer durch eine große Stadt zu schleppen. Wie diese Geschichte ausging, gibt es an anderer Stelle zu lesen…

    Zurück in unsere laue Sommernacht: Wir machten uns auf den Weg zum Aeschenplatz in die Nähe des Hauptbahnhofs, denn dort habe ich am Vortag beim Vorbeifahren eine schöne, alte Tram-Station ausfindig gemacht. Auf dem Weg dorthin kläffte uns plötzlich eine als Hund getarnte Teppichratte an und wollte speziell Hannoi gar nicht mehr von der Seite weichen. Die Besitzerin war auch direkt sehr redselig, was Geschichten rund um Fiffi anging. Zu unserem Glück tat sich wenig später eine elegante Problemlösung in Form der Nachbarskatze auf, die im Hauseingang nebenan ihr Schlafplätzchen gefunden hat. Bis sie vom heranstürmenden Fiffi unsanft aus ihren Träumen gerissen wurde, was sie mit einem saftigen Fauchen quittierte. Wir nutzten den Aufruhr, um uns unbemerkt aus dem Staub zu machen.


    Am Aeschenplatz hatte ich leider so gar keine Idee für meine Station, da dort allerhand modernes Zeug herumstand, das jegliche Stimmung erfolgreich zunichte machte. Also haben wir kurz den schlechtesten und teuersten Döner der Welt in uns reingeschaufelt und sind ins Hotel gefahren. Am nächsten Morgen waren wir dann nochmal hier…


    Der Morgen startete dann mit einer Fahrt zum Bahnhof, um unseren Krempel ins Schließfach zu werfen. Danach fuhren wir nochmal in die Stadt, Hannoi wollte nämlich noch zum Spalentor. Eine ausgezeichnete Idee, wie ich – vor Ort angekommen – feststellen durfte. Hierbei handelt es sich um eines von drei erhalten gebliebenen Stadttoren, welches um 1400 fertiggestellt wurde. Auf das Tor, das als eines der schönsten der gesamten Schweiz gilt, läuft die Straße Spalenvorstadt zu, die mit ihren schönen Häusern einen wunderbaren Rahmen für das Tor bildet.


    Auch ein Blick auf die ansässigen Geschäfte lohnt sich, während Hannoi über die Touristen in seiner Linse fluchte, vertrieb ich mir die Zeit, indem ich die Ladenfronten fotografierte, was ihn verwundert fragen ließ, was ich da wohl treiben würde: „Na, fotografieren! Siehst du doch!“


    Auf der anderen Seite hat man zwar theoretisch genug Platz, das komplette Spalentor mit einem Weitwinkel auf’s Bild zu kriegen, allerdings steht direkt davor ziemlich viel neumodisches Ampelzeug und die Straße ist wirklich stark befahren – auch an einem Samstagmorgen.


    Wir begaben uns langsam wieder auf die andere Rheinseite, denn die Abfahrt rückte näher. Vorher hielten wir jedoch noch am Wettsteinplatz, wo ich am Vortag eine coole Tankstelle gesehen hatte. Leider wirkte diese auf Fotos dann doch nicht so toll, aber mit Roller im Vordergrund doch ganz ok.


    Wir hatten nun rein gar nichts mehr zu tun, Hannoi wollte noch zur Mittleren Brücke, die ein passables Fotomotiv abgibt. Nur leider nicht gerade in der Mittagshitze, jedenfalls war unsere Lust zu fotografieren eher überschaubar. Jedoch hatten wir eine Treppe entdeckt, die in den Rhein führte. Kurzerhand setzten wir uns drauf und steckten die Füße ins Wasser. Hier konnte man es wunderbar über eine Stunde aushalten. Dabei wurden wir Zeugen einer Basler Tradition; dem Rheinschwimmen. Ich weiß nicht, wie viele Leute in dieser Zeit an uns vorbei paddelten, es war sicher eine vierstellige Anzahl. Der Ablauf ist simpel: Du nimmst einen wasserdichten Sack, Wickelfisch genannt, in den deine Klamotten verstaut werden und der dir im Wasser gleichzeitig Auftrieb verleiht. Damit steigst du irgendwo oben in den Rhein und lässt dich einfach treiben. Bis zu 3 km kannst du so zurücklegen. Der Schwimmbereich ist sogar großzügig abgetrennt, damit die Binnenschiffer den Schwimmern nicht in die Quere kommen.

    Kurz vor dem Bahnhof hielten wir noch an der Messe. Hier wollte ich kurz mal die abstrakte Dachkonstruktion ins Bild nehmen, während Hannoi demonstrativ-gelangweilt daneben stand und garstige Kommentare von sich gab. Nachts ist dieser Platz übrigens spannend mit Laufschrift beleuchtet, aber ich konnte an keinem der beiden Abende die Energie aufbringen, dort das Stativ aufzubauen.


    Nun ja, Rückfahrt… Diesmal hatte Hannoi das Glück, ohne Umstieg bis fast vor seine Haustür fahren zu dürfen. Ich dürfte in Mannheim, Köln und Wuppertal umsteigen. Der Zug kurvte schon quer durch die Schweiz und kam bereits mit 15 Minuten Verspätung in Basel an, weil „sich einige Fahrgäste nicht zu benehmen wusste“, wie die Zugbegleiterin verkündete, nicht ohne Stolz, an dieser Verspätung gar keine Schuld zu haben. Ich verabschiedete mich schon mal innerlich von meinem Umstieg in Mannheim, hatte dort aber immerhin genug Alternativen – nach Köln fährt da quasi im Minutentakt irgendetwas.


    Leider erwischte ich ausgerechnet den Zug, der von Bonn nach Köln genauso lange brauchte, wie vorher von Frankfurt nach Bonn. Laut DB-App wurde kurz der Zug repariert und offenbar darf man mit reparierten Zügen nicht über Deutz fahren, sondern muss den Umweg über die Südstrecke nehmen, was mich gleich zwei Anschlüsse kostete.


    Frustriert erstand ich eine (sensationell gute) Krakauer im Kölner Hbf. und setzte mich schon mal ans Gleis. Der nächste Zug um 19:37 nach Düsseldorf nützte mir nix, denn die Bahn von Düsseldorf nach Wuppertal fiel aus. Also musste ich bis 19:52 und somit gut 40 Minuten auf eine Regionalbahn warten. Diese Wartezeit wurde immerhin vom ICE auf dem Nachbargleis versüßt: Die Tür zum Bordbistro ging auf, ein Müllsack flog im hohen Bogen auf den Bahnsteig, die Tür ging wieder zu.


    Die Regionalbahn hält in Köln an jeder Frittenbude und fährt nach Wuppertal, was an einem Samstagabend in einem äußerst spannenden Publikum resultiert. In Leverkusen stiegen noch einige rotzvolle Bayer-Fans ein, deren Truppe gerade von Augsburg auf den Sack gekriegt hat. Selten fand ich Fußballfans so nervtötend wie diese dummen Figuren. Jetzt weiß ich, wie sich normale Reisende fühlen, die nicht part of the game sind und einfach nur – von der DB eh schon gepeinigt – nach Hause wollen.


    Solingen Hbf. ist erreicht. Hier steigen nur Menschen ein, die am Körper genauso viel Fett haben, wie auf dem Kopf. Wuppertal-Vohwinkel. Zeit auszusteigen. Hätte ich das mal nicht gemacht. Ich erwähnte ja eingangs schon mal die tolle S-Bahn-Taktung auf meiner „Heimatstrecke“. Dies führt dazu, dass man genau 0 Sekunden Zeit zum Umstieg hat. Natürlich probierten mein Sitznachbar und ich es dennoch, denn in Vohwinkel will man nicht eine halbe Stunde seines Lebens verschwenden. Zu unserer Überraschung stand die S-Bahn auf dem Gleis und machte so gar keine Anstalten, sich aus diesem gottlosen Kaff zu entfernen. Der Lokführer murmelte kurz etwas von „Feuerwehreinsatz im Gleis“ und dass er hier noch eine Weile stehen müsse. Ich habe jetzt Lust, ebenfalls einen Feuerwehreinsatz zu provozieren… die einzige Alternative war, mit der Schwebebahn in die Innenstadt zu fahren und von dort aus den Bus nach Hause zu nehmen. Leider hat irgendein Profi die Schwebebahn-Station 700 Meter vom Bahnhof entfernt aufgebaut. Mit drei Taschen und noch immer knapp 30°C macht dieser „Sprint“ total viel Spaß. Der darauf folgende Bus kurvte noch eine halbe Stunde durch die Wildnis – natürlich unklimatisiert – und ließ mich mit ca. 90 Minuten Verspätung zuhause ankommen.

    Nanakorobiyaoki

  • KRAWEHL, KRAWEHL – EIN ROADTRIP DURCH DIE SLOWAKEI

    Mit Bildern und in hübsch: https://valokuva.de/krawehl-krawehl-1/


    Eigentlich sind wir nur in die Slowakei gefahren, weil Hannoi seinem Groll gegen Südwestdeutschland mal wieder freien Lauf gelassen hat. Das waren jedenfalls die beiden Optionen, die wir uns ausgeknobelt hatten. Sein Groll und die Möglichkeit, das mit ein paar Fußballspielen zu kombinieren, nötigten uns letztlich dazu, in die Slowakei zu fahren. Von der wusste ich – wie bereits im Beitrag zur Fotoplanung beschrieben – vorher nicht allzu viel. Ich dachte mir nur, dass es dort bestimmt schön ist. Damit lag ich glücklicherweise richtig.


    Schön war auch der Sonnenaufgang, den ich auf der morgendlichen A2 bewundern durfte. Weniger schön war das Übliche kurz vor Hannover. Kommen wir zu einem Klassiker auf diesem Blog: “Nennen Sie ein Verkehrshindernis mit sieben Buchstaben!” “Garbsen!” War dann sogar relativ egal, denn auch Hannoi war alles andere als pünktlich an unserem hannöverschen Treffpunkt. Seine Zylinderkopfdichtung ist ihm auf dem Hinweg um die Ohren geflogen und so ging es im Schritttempo die B6 entlang – also nicht viel schneller als sonst morgens. Dafür landete nicht nur sein Gepäck in meinem Kofferraum, sondern auch ein paar leere, abgeranzte Behältnisse. Wir müssten auf dem Rückweg irgendwo (Kühl-) Wasser holen, damit er es noch nach Hause schafft. Das klingt nach einer Menge Spaß, aber erstmal überließen wir seinen Engländer dessen Schicksal und machten uns bei strahlendem Sonnenschein auf in Richtung unseres ersten Ziels: Brünn! Der findige Leser wird bemerkt haben, dass Brünn nicht in der Slowakei liegt. Allerdings gibt es dort eine wahre Stadionperle zu bestaunen und zu fotografieren.


    Erstmal jedoch erfreuten wir uns am schönen Herbstwetter, der leckeren Thüringer Roster unterwegs und der freien A14. An der prognostizierten Ankunftszeit erfreuten wir uns jedoch weniger. 17:50 Uhr wusste das Navi zu berichten, Sonnenuntergang wäre 5 Minuten früher und ein Tankstopp stand uns auch noch bevor. Nun passierten wir aber erstmal die Grenze nach Tschechien und wenige Kilometer später staunten wir Bauklötze. “Guck mal, der Berg da ist völlig vom Nebel verhüllt”, sagte ich eher euphorisch zu Hannoi.


    Von Kilometer zu Kilometer wurden wir jedoch weniger euphorisch, denn dieser Nebel wurde tiefer und dichter und machte keinerlei Anstalten, sich wieder zu aufzulösen. Den Tankstopp nutzten wir, um einen Stau zu umfahren, und kamen auf dem Rückweg durch eine kleine Stadt, die mitten in eine Festung gebaut war. Wir wunderten uns noch, dass dort ein Holocaust-Mahnmal stand, erst für die Recherche für diesen Beitrag bin ich darauf gestoßen, dass wir in Terezín und somit im KZ Theresienstadt waren. Ein paar deutlichere Hinweise für die nicht-tschechischsprachige Menschheit hätte ich sehr begrüßt.

    Quizfrage: Wie kann man durch Prag fahren, ohne etwas von Prag zu sehen? Die waren so schlau und haben ein riesiges Tunnelsystem gebaut, knapp 10 km durchquert man unterirdisch und die wenigen überirdischen Momente? Tja, da war noch dieser Nebel…

    Der Weg von Prag nach Brünn ist nichts für dich, wenn du dich schnell langweilst. Du durchquerst Gegend. Sehr viel Gegend. Links und rechts der Autobahn passiert absolut gar nichts. Dennoch ist an ein entspanntes Fahren nicht zu denken, jedenfalls nicht, wenn du ein Date mit einem abgetakelten Stadion hast und dieses nicht in der absoluten Finsternis ausleben willst. Dank eines mächtigen Staus vor Brünn verzögerte sich unsere voraussichtliche Ankunftszeit auf mittlerweile 18:15 Uhr und das würde ewige Finsternis bedeuten. Wir überlegten lange, ob wir lieber über die Dörfer fahren sollen und entschlossen uns letztlich auch dafür, denn das Stadion lag sowieso im Norden der Stadt und die Autobahn führt südlich vorbei. Also ging es für gut 40 km durch die Prärie, wo wir allerdings den Abendverkehr auch etwas unterschätzten.

    ZA LUŽÁNKAMI, BRNO

    Um Punkt 18 Uhr kamen wir am Stadion an und waren “erleichtert”, dass die blaue Stunde sowieso ausfiel. Passend dazu fing es an zu regnen. Allerdings passte zumindest der Regen auch ganz hervorragend zum Fotomotiv, dem Stadion Za Lužánkami. Hier trug der FC Zbrojovka Brno bis 2001 seine Heimspiele aus.


    Die Geschichte des Stadions ist dabei eng mit der durchaus wechselhaften Geschichte des Vereins verknüpft. Zbrojovka heißt übersetzt Waffenkammer, der Verein war also der Sportverein der Brünner Waffenwerke, die im Ostblock allerdings nur marginal Waffen produzieren durften und sich auf Alltagsgegenstände beschränken mussten. Mit dem neuen Unternehmen gleichen Namens, das nach einem Konkurs neu gegründet wurde, hat der Verein allerdings nur den Namen gemein. Anfang der 90er wurde der Verein vom Unternehmer und ehemaligen Eishockeyspieler Lubomir Hrstka übernommen und nach seinem Spitznamen in FC Boby Brno umbenannt. Hrstka ging Ende der 90er pleite und musste den Verein verkaufen.


    Auch für das Za Lužánkami war kein Geld mehr da und es verfiel im Zeitraffer und musste 2001 gesperrt werden. Bis dahin war Brno DER Zuschauermagnet der Liga, bei einem Ligaschnitt von 6.000 Besuchern konnte man z.B. in der Saison 1996/97 durchschnittlich 21.600 Gäste im riesigen Rund begrüßen. Nachdem aber das Aus des Stadions besiegelt wurde, musste der inzwischen in 1. FC Brno umbenannte Verein in den benachbarten Stadtteil Králove Pole umziehen. Das dortige Stadion stand leer, nachdem der ansässige Verein SK LeRK Brno Mitte der 90er die Stadt verlassen hatte. Die Stadt Brno renovierte das Stadion in Rekordzeit von nur 4 Monaten, der neue Ground wurde von den Fans allerdings nie als Heimat akzeptiert. In der ersten Saison im neuen Stadion, 2002/03 hatte der 1. FC Brno einen Zuschauerschnitt von lediglich 3.200, was lediglich gut 1/7 der Zuschauerzahlen aus Mitte der 90er entsprach.


    Das Za Lužánkami wurde immer mal wieder Gegenstand von Umbauplänen, die aber weder die Stadt, oder der klamme Verein tragen konnten. Zu allem Überfluss war dieser mittlerweile zu einem Fahrstuhlverein geworden und auch die meisten verbliebenen Zuschauer freundeten notgedrungen mit dem neuen Zuhause an, was einen Umbau des Za Lužánkami in naher Zukunft in weite Ferne rückt.


    Es bedarf erst des Engagements von Ex-Spieler Petr Švancara, der 2015 gerne ein Abschiedsspiel im Za Lužánkami ausrichten wollte. Er trommelte Sponsoren und viele freiwillige Helfer zusammen, denn die Natur hat sich das weite Rund mittlerweile zurückgeholt. Überall sprießten Sträucher, Büsche und junge Bäume aus den Tribünen und auf dem Spielfeld. Die Mühe lohnte sich, neben der versammelten tschechischen Sportprominenz kamen 35.000 Zuschauer zu Švancaras Abschiedsspiel. Diese Euphorie gab auch den Umbauplänen neues Futter, aber auch dieses Mal blieb es bei vagen Diskussionen und das Stadion verfiel erneut und eigentlich sieht es jetzt wieder genauso aus wie vor 2015.


    Nach einem kurzen Rundgang machten wir uns auf unsere letzte Etappe – gut 90 Minuten sollte die Fahrt nach Bratislava dauern. Dabei waren wir recht froh, nicht entgegengesetzt zu fahren. An der Grenze staute sich der Verkehr auf locker 20 km, darunter 90% LKW. Aber wennde nicht durch kommst, kommste nich durch. ;)


    WIE SIE SEHEN, SEHEN SIE NICHTS


    Und was Sie nicht sehen, werden Sie jetzt lesen… Wir sind in Bratislava angekommen. Nur hätte man uns auch ein potemkinsches Dorf aus Pappmaché da hinbauen können, wir hätten es glauben müssen. Durch die tiefe Lage im Donautal hat sich unser Nebelproblem noch potenziert. Die Sichtweite betrug nur mit viel Phantasie über 100 Meter. Sogleich fielen uns aber diese unendlich vielen Werbeschilder überall an der Autobahn auf. In der Slowakei wird für alles geworben. Jede freie Fläche wird von einer Werbetafel, von einem Banner, von einem Schild besetzt und sonst pinselt man einfach die Hauswände an. Noch dazu waren für das nächste Wochenende landesweite Kommunalwahlen angesetzt, also sah man überall grinsende Backpfeifengesichter auf Wahlplakaten. Wie wir wissen, die schönste Zeit des Jahres!


    Aber nun erstmal ins Hotel, da aus der Buchung nicht wirklich hervor ging, wie lange man einchecken konnte. Der Hotelparkplatz war schon voll, allerdings gab es einen weiteren. Die Empfangsdame sagte, dass wir beruhigt erst etwas essen fahren können, der Check-In sei die ganze Nacht möglich. Fantastisch! Mangels Lust, jetzt noch Ewigkeiten in der Stadt ein Lokal zu suchen und mangels Alternativen in der unmittelbaren Nähe, begaben wir uns zur nächstgelegenen Gaststätte zur goldenen Möwe. Allerdings gab uns dies Gelegenheit, die örtliche Jugend kennen zu lernen. Überschminkte Teenies in Leopardenleggins – willkommen im ehemaligen Ostblock!


    Anschließend wurde der benachbarte Tesco-Supermarkt für die Getränkeversorgung angesteuert und dann haben wir beschlossen, doch noch eine kleine Stadtrundfahrt zu wagen. Irgendwas wird man schon erkennen können, dachten wir uns. Zunächst jedoch erkannte ich ein völlig hirnrissig platziertes Verkehrsschild nicht und bretterte mit dem Auto mitten durch die (verlassene) Fußgängerzone. Es hat mich halt auch niemand aufgehalten. Möglicherweise war ich auch viel zu sehr damit beschäftigt, den Fotospot auzukundschaften, der genau auf dieser Brücke lag. :D


    Naja, jedenfalls zog sich die Fußgängerzone ganz schön und auch Google Maps machte gar keine Anstalten, mir einen legalen Ausweg anzubieten. Erkannt habe ich das Problem freilich erst, als ich am Ende über einen abgesenkten Bordstein fahren musste. Wir drehten also um und parkten am Fuße der Brücke. Es wollte endlich fotografiert werden! Zum Glück hat sich der Nebel mittlerweile ein bisschen gelichtet und wir hatten zumindest freien Blick auf die so genannte UFO-Brücke. Warum die so heißt, sollte sich anhand des Fotos selbst erklären. Offiziell heißt die 1972 eingeweihte Brücke Most SNP. SNP steht für Slovenského národného povstania, also den slowakischen Nationalaufstand von 1944, als sich gegen den Nationalsozialismus und dessen slowakische Kollaborationsregierung unter Jozef Tiso aufgelehnt wurde. Dieses Kürzel sollte uns in der nächsten Woche noch einige Male begegnen – das Gedenken an dieses Ereignis ist in der Slowakei allgegenwärtig.


    Jedenfalls hat man von unserer unscheinbaren Brücke einen ganz hervorragenden Blick auf diese UFO-Brücke und durch die Häuserschlucht und die Schnellstraße auch direkt eine hervorragende Führungslinie. Viel mehr ging fotografisch heute nicht mehr, es war schließlich schon weit nach 22 Uhr und wir waren hundemüde. Also beschlossen wir, ins Hotel zu fahren und morgen früh für die blaue Stunde und den Sonnenaufgang zeitig aufzustehen. Das war eine ganz hervorragende Idee…



    Nanakorobiyaoki

  • Darf ich anmerken, dass ich gerade "Katars Spielberichte" gelesen habe?!


    Kannst jetzt draus machen was du magst, ich hatt ein schmunzeln auf den Lippen :P

  • SLOWAZWEI – DIE GLOCKE VON BRATISLAVA

    In hübsch und mit Bildern: https://valokuva.de/die-glocke-von-bratislava/


    Der Wecker klingelte also um 6 Uhr und wir machten uns freudestrahlend auf den Weg zur Most Apollo. Diese ist eine weitere Brücke über die Donau und sieht besonders in der blauen Stunde, bzw. im Sonnenaufgang gut aus.

    Direkt als wir aus dem Hotel kamen, sahen wir das Elend. Nebel! Und wir wollen ja ans Wasser… das wird bestimmt spitze! Warum wir nicht die Wettervorhersage gecheckt haben, wissen wir übrigens selber nicht. Aber es hätte ja auch nichts besser gemacht. Also fuhren wir die rund 20 Minuten zum Fotospot – irgendwas würde uns da schon einfallen. Am Wasser war der Nebel so dicht, dass wir Mühe hatten, den richtigen Weg zu finden. Die Ecke lieg weit entfernt von irgendwelchen Wohngebieten und dient ausschließlich als Freizeitgegend. Demzufolge spärlich ist dort nachts die Beleuchtung. Netterweise hält der Polizeisportverein genügend Parkplätze beriet und nach fünfminütigem Marsch standen wir am Donauufer und sahen… nichts!


    Das Ergebnis spricht dann für sich, obwohl ich das Bild im Nachhinein gar nicht mal so schlecht finde. Vor Ort jedenfalls waren wir maximal genervt. Wir fuhren noch zur Alten Brücke, die für den Autoverkehr gesperrt ist, um zu versuchen, direkt auf der Brücke etwas zu machen. Allerdings wollte man für den Parkplatz an der Brücke Geld haben und das war es uns dann doch nicht wert. So fuhren wir erstmal ziellos durch die Stadt, “genossen” den nun einsetzenden Berufsverkehr und versuchten dann, irgendwo über den Nebel zu kommen. Von der Recherche wusste ich, dass es auf einem Berg im Norden der Stadt einen Fernsehturm gibt, also fuhren wir dort hin. Der Plan an sich ging auf, denn der Fernsehturm Bratislava liegt satte 300 Meter höher als die Donau. Strahlender Sonnenschein und ein wolkenfreier Himmel begrüßten uns, allerdings begrüßte uns auch eine Schranke, die die weitere Fahrt wirkungsvoll zu unterbinden wusste. Und alles war extrem dicht bewaldet und es wollte sich keine Lichtung auftun, durch die man einen Blick auf die Stadt hätte erhaschen können. Der Turm selbst war keine Alternative, denn dieser ist zwar prinzipiell über ein Restaurant zugänglich, dieses hatte so früh am Morgen aber natürlich noch geschlossen.


    So fuhren wir in unsere Unterkunft zurück, die übrigens Hotel Prim hieß. Wir hofften die ganze Zeit, dass Putin keine Leseschwäche hat und es nicht versehentlich annektieren lässt. Auch hofften wir, dass die zweite Nacht nicht so schlimm würde, wie die erste, für diese Hoffnung gab es jedoch keinerlei Anlass. Mittlerweile stellten wir nämlich fest, dass die “Betten” nicht ohne Grund so unbequem waren. Kennt ihr noch diese Eckbänke, die man in den 90ern gern in den Küchen stehen hatte? Also nicht Gelsenkirchener Barock von Omma, sondern diese Buche-Dinger, die gern mit wilden Mustern bestofft (gibt’s das Wort? Jetzt schon!) waren. So ungefähr muss man sich unsere Betten im Hotel Edgar Prib vorstellen. Ein Genuss…


    Nach dem Frühstück machten wir uns freudestrahlend und voll motiviert wieder auf den Weg in die Stadt. “hilft ja nix” und “boah, hab ich Bock…” zeugten von unserer Vorfreude. Diesmal ließen wir das Auto stehen und nahmen die Tram, die praktischerweise direkt am Hotel ihre Station hatte. Unsere erste Station war der Kuchajda, ein See im Stadtteil Nové Mesto (Neustadt). Eigentlich waren wir hier nur wegen des nahe gelegenen Stadions Pasienky. Das Pasienky war die traditionelle Heimstätte des FK Inter Bratislava, der seine größte Zeit in den 90ern und Anfang der 2000er hatte und zu der Zeit einigermaßen regelmäßig europäisch spielte. Auch in den 70ern konnte Inter in der damaligen tschechoslowakischen Liga einige Male auf sich aufmerksam machen. 2009 wurde Inter einigermaßen überraschend aufgelöst, woraufhin einige Fanclubs den Verein neu gründeten und in der fünften Liga einen Neuanfang wagten. Heute ist Inter drittklassig, spielt aber seit 2009 nicht mehr im Pasienky, sondern in wechselnden Stadion im Stadtgebiet.

    Inter war der traditionelle Rivale des SK Slovan Bratislava, der direkt gegenüber im Stadion Tehelné pole spielt(e). Zu allem Überfluss wurde Inter nicht nur 2009 aufgelöst, sondern man musste auch noch mit ansehen, wie der Rivale Slovan vom zwischenzeitlich stark renovierungsbedürftigen Tehelné pole ins benachbarte Pasienky umzog und sogleich mal einen Slovan-Schriftzug auf den Sitzschalen anbrachte.


    Auch die Nationalmannschaft spielte fortan im Pasienky, wirklich angenommen wurde das Stadion jedoch weder von den Slovan-Fans, noch von den Zuschauern der ‘Sokoli’. Nur selten verloren sich mal mehr als 10.000 Zuschauer in das Rund, das heute noch offiziell 11.500 Zuschauer passen. Ich glaube, viel größer war es auch nie, die mächtigen Flutlichtmasten mit dem auffälligen Werbeschriftzug könnten allerdings locker an einem 60.000er-Ground stehen.


    Wir verkrümelten uns derweil auf das Parkdeck des nahe gelegenen Einkaufszentrums, um von dort oben eine bessere Sicht auf das Rund zu gewinnen. Welcher Blödmann hat denn bitte dieses Zirkuszelt in den Weg gestellt? An dem Parkdeck und der dort herumstehenden Autos merkte man übrigens ganz gut, dass in Bratislava ordentlich Kohle sitzt. Überhaupt ist die Slowakei diesbezüglich ein ziemlich kontrastreiches Land. Während die Kaufkraft der Einwohner Bratislavas im Vergleich 2015 unter den Top 10-Regionen Europas lag (Platz 6, Kaufkraft 193% – EU-Durchschnitt = 100), liegt die Region Východné Slovensko (Ostslowakei) gerade mal bei 55% des EU-Durchschnitts. Die gesamte Slowakei ist übrigens das drittärmste Land der EU, vor Griechenland und Schlusslicht Bulgarien. Muss ich eigentlich extra betonen, dass es selbst dieses Land schafft, überall in jeder hintersten Ecke volles LTE zu gewährleisten und selbst die kleinsten Autobahnparkplätze mit free Wi-Fi ausstattet? Der Harz, die Eifel und das Sauerland weinen gerade leise vor sich hin…


    Nun ging es für uns ins Stadtzentrum. Zuerst setzten wir uns auf eine Bank und beobachteten das Treiben neben uns. In ganz Bratislava stehen Statuen herum, die von Instagram-Touris als Selfie-Motiv genutzt werden können. Einen tieferen Sinn haben diese Dinger offenbar nicht, wurden aber von der Meute selig beknipst. Neben uns lehnte ein Soldat aus der Napoleon-Zeit und die Leute standen Schlange für ein Foto mit dem Typen, der von den Einheimischen Hubert genannt wird. Warum? Keine Ahnung. Dieses Treiben erheiterte nicht nur uns mächtig, sondern auch einen zufällig anwesenden Franzosen, mit dem wir ins Gespräch kamen und aufgrund des Trubels neben uns sehr viel Spaß hatten.


    Da wir nun schon auf dem Hauptplatz waren, konnten wir auch direkt das historische Rathaus fotografieren. Gar nicht so einfach, einen Moment abzupassen, wo nicht 100 Leute durch’s Bild laufen. Lustigerweise fand meine Idee, den Kanaldeckel als Vordergrund zu nutzen, direkt einige begeisterte Nachahmer.


    Weiter ging es zum Michaelertor, die vielleicht berühmteste Sehenswürdigkeit Bratislavas und das letzte noch erhaltene Stadttor, das sich bis ins späte 13. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Blöderweise…wurde es gerade renoviert und wir wussten erst gar nicht, durch was wir da durch liefen. Es stand auch nirgendwo irgendwas und das, obwohl der Slowake an sich ja sonst ganz begeistert von Werbetafeln jeglicher Art ist. Geht man durch das Tor weiter, kann man die Reste des alten Stadtgrabens sehen. Am Übergang befand sich einst eine Zugbrücke. Bereits im späten 18. Jahrhundert wurde der Graben offenbar nicht mehr benötigt, denn für diese Zeit sind Wandertheater und italienische Operngesellschaften bezeugt, die sich dort auf Bretterbühnen verdingt haben.


    Die deutsche Geschichte der Stadt ist auch so allgegenwärtig. Vom 13. Jahrhundert bis nach 1920 bildeten Deutsche die Bevölkerungsmehrheit im damals Preßburg genannten Bratislava. Auch hat die Slowakei eine durchaus reiche Weinbautradition, die man in den zahlreichen Weinstuben und -Geschäften Bratislavas erkunden kann, wenn man denn möchte. Die typischen Weinbaugebiete befinden sich im Süden Bratislavas und erstrecken sich auf eine Fläche von ca. 25.000 Hektar. Das ist ungefähr 1/3 der Anbaufläche, die in Rheinland-Pfalz bereit steht. Bevor ich allerdings dieses Zeug in mich reinschütte, blieb ich lieber bei der ausgezeichneten Traubenlimonade, die es vor Ort überall zu kaufen gab.


    Übrigens gefällt mir die Kombination aus der X-T4 und dem kleinen 23mm f 1.4 ziemlich gut. Da kann man in der Stadt auch mal unauffällig nen verlebten Typen fotografieren:


    Wir ließen uns durch die Stadt treiben und heckten einen Plan für die blaue Stunde aus. Immerhin zeigte sich die Sonne jetzt mal. Plan war, mit der Bahn zurück zur Unterkunft zu fahren, die Stative zu holen und dieses Foto exakt nochmal zu machen, allerdings mit den Lichtspuren der Straßenbahnen. Das wäre Abends bestimmt gut gekommen:


    Nun meldete sich allerdings erstmal der Hunger und wir suchten uns einen netten Burgerladen, der mit selbstgemachten Fritten aufwarten konnte. Alsdann hatte sich auch unsere Fotoidee erledigt, denn es zog wieder komplett zu. Irgendwas hat die Stadt gegen uns… zur Unterkunft zurück mussten wir allerdings dennoch, ich musste meinen Fotokram noch wegbringen, bevor wir uns zum Fußball aufmachten.


    Unterwegs tigerten wir kurz in das Einkaufszentrum, auf dessen Parkdeck wir morgens herumturnten, denn wir brauchten noch Getränke. Außerdem war dort ein Fanshop von Slovan, in den ich zumindest mal kurz reinschauen wollte. Allerdings habe ich so den Eindruck gewonnen, dass das nicht unbedingt ein offizieller Shop war. Sie hatten alles, aber… solche Aufnäher hätte ich in einem offiziellen Fanshop eher nicht erwartet.


    Auch die folgende Szenerie fand ich eher fragwürdig. Auf dem Weg zum Ausgang kamen wir an einem Geschäft namens Arakovo vorbei und staunten nicht schlecht, als wir waschechte Papageien entdeckten, die dort saßen, flatterten, Papageikram machten. Man kann dort gegen Eintritt rein und Papageien streicheln. Oder es am besten bleiben lassen, denn das ganze machte schon aus der Entfernung einen äußerst fragwürdigen Eindruck. Mir kam diese Bude für locker 20 Papageien auch recht klein vor, noch dazu dieser Lärm eines Einkaufszentrums, denn zu allem Überfluss ist das Ding im absoluten Eingangsbereich. Nö, großen Bogen drum machen!


    Um das folgende Ziel machten wir natürlich keinen großen Bogen: Das Tehelné pole, das offiziell mittlerweile allerdings Národný futbalový štadión heißt – Nationales Fußballstadion. Der Kartenkauf verlief easy, als wir uns gerade anstellen wollten, drehte uns ein Typ einfach zwei Karten für 2€ weniger an. Wir mussten draußen noch etwas warten, denn die Tore öffneten recht spät. Der Nebel nahm wieder nervigste Ausmaße an, ich konnte nicht mal das andere Ende des Stadions sehen.


    Dabei hatten wir noch Glück, nicht 150km weiter nördlich zu sein. Dort spielte gleichzeitig der 1. FC Köln beim 1. FC Slovacko. 6 Minuten lang, danach brach der Schiedsrichter das Spiel ab, weil man vom Mittelkreis nicht mal zum Tor gucken konnte. Das alles toppte locker den schon krassen Nebel, den ich 2018 bei Belgien gegen Island mal hatte.


    Wir hatten jedenfalls im Stadion arge Schwierigkeiten, die 70 Meter entfernte Haupttribüne auszumachen, an vernünftige Fotos war mal wieder nicht zu denken, aber das kennen wir ja bereits. Gut, dass wir vorhin eher wenig gegessen haben, sonst hätte uns die obligatorische Stadion-Klobása direkt ins Fresskoma gebeamt. Zumindest die von Slovan stand ihren tschechischen Geschwistern in nichts nach, allerdings merkte man am Paprika-Gehalt durchaus die Nähe zu Ungarn.


    Ich erwähnte ja oben bereits, dass das Tehelné pole von Grund auf neu gebaut wurde. Einerseits kann man als Stadionromantiker natürlich eher gelangweilt sein, andererseits hat es doch einige Details, die es etwas von dem modernen Einheitsbrei abheben, und sei es nur das – leider nicht zu erkennende – Hochhaus in der Ecke. Von außen sieht der ganze Spaß aus, wie eine etwas zu heiß gewaschene Version der Schlauchbootarena zu München, innen ist es ein modernes, etwas generisches Zweirang-Stadion, in dem man von allen Plätzen ausgezeichnete Sicht auf’s Spielfeld hat. Richtige Stadioneuphorie wollte bei mir allerdings nicht aufkommen, da war das Joggeli in Basel doch zwei Nummern großartiger.


    Dafür enttäuschte das Spiel zu keiner Zeit! Gegner am 5. Spieltag Conference League war Pyunik Eriwan aus Armeniens Hauptstadt. Wenig überraschend blieb der Gästeblock geschlossen, nur vereinzelt ließen sich Armenier im nebeligen Rund ausmachen. Slovan musste gewinnen, wenn sie noch eine Chance auf die nächste Runde haben wollten und gerade Pyunik hielt überraschend gut in der Gruppe mit. Allerdings fragte ich mich schon, wie das zustandekam, denn hier und jetzt in Bratislava war die armenische Darbietung mit “erschreckend” noch wohlwollend beschrieben. Sie beschränkten sich auf hoffen und beten und stellten sich quasi mit 11 Mann auf die Torlinie. Dies war auch bitter nötig, denn Torwart Yurchenko strahlte nicht unbedingt Ruhe und Sicherheit aus. Bereits nach 5 Minuten konnte er einen Weitschuss von Vladko Weiss nur mit arger Mühe parieren. Allerdings stellte sich Slovan vor dem Tor schon ziemlich dusselig an, man hätte Pyunik eigentlich mit 6:1 aus dem Stadion schießen müssen! Erstmal jedoch gingen die Gäste völlig überraschend in Führung. Dies passierte durch einen Verzweiflungselfmeter. Durch einen abgrundtief dummen Rückpass unter Druck gesetzt, blieb Slovan-Keeper nichts anders übrig, als den Angreifer der Armenier zu Boden zu ringen. Den fälligen Elfmeter verwandelte Kociuk in der 64. Minute zum absurd unverdienten 0:1. Nun blies Slovan abermals zum Halali und wurde in der 84. Minute endlich belohnt. Torwart Yurchenko sah beim 1:1 durch Kashia zumindest unglücklich aus. Allerdings bemühte er sich schnell, seine Rolle beim 1:1 vergessen zu machen, denn beim 2:1 sah er noch viel lächerlicher aus. Ich war noch gar nicht wieder aufmerksam, da zappelte der Ball schon wieder im Netz. Anstoß Pyunik, Rückpass zum Torwart und der senste in feinster Kreisliga-Manier über den Ball, nicht ohne jedoch wie ein riesiger Frosch verzweifelt hinter dem Ball hinterherzuspringen. Eric Ramirez hatte keine Mühe zum 2:1 einzunetzen und das Stadion glich nun einem Tollhaus.


    Für uns ging es direkt nach Abpfiff zur Tram-Station, weil die Dinger hier regulär nur bis 23 Uhr fahren und wir in die “falsche” Richtung mussten und wir keinen Plan hatten, ob Bratislava für die fast 16.000 Zuschauer Sonderbahnen einsetzen würde. An der mittlerweile lausig kalten Station lasen wir einen nicht ganz ortskundigen Österreicher auf, der mit seinem Filius ebenfalls beim Spiel war und sein Auto in der Nähe unseres Hotels geparkt hat. Fußball verbindet, jedenfalls war er von seiner Austria ähnlich leidgeplagt, wie wir es mal von 96 waren. Die Bahn war zum Glück gar nicht voll, an der Endstation verabschiedeten wir uns von den Wienern und tigerten die 50 Meter in unser Hotelzimmer. Dort stellten wir den Wecker nicht für den Sonnenaufgang, denn der würde sowieso ausfallen…

    Nanakorobiyaoki

  • Wie immer ein toller Bericht. Eindruck von der Heimkurve? Und etwas von deren fragwürdiger politischen Einstellung mitbekommen? Ist ja leider auch der gemeinsame Nenner für die Freundschaft mit den violetten Wienern... Da hängt ja auch gern mal eine Austria-Fahne im Stile einer Reichskriegsfahne bei Spielen von Slovan. In Österreich traut man sich das dann doch nicht mehr...

    Wattenscheid statt Bochum

  • Danke! Heimkurve: erste 5 Minuten brachial! Lauter als Basel beim Elfmeterschießen. Da hab ich schon gedacht, wenn die das durchziehen, dann Hut ab! Danach leider Mittelmaß.


    Ich weiß auch nicht, wie die "Normalos" das Bild verwischen. Die haben halt in der Liga nen Schnitt von 4.000 und in der Conference-League nen Schnitt von 18.000 oder so.



    Und etwas von deren fragwürdiger politischen Einstellung mitbekommen?


    Nein, aber die sportive-Frisuren-in-Jogginghosen-Quote war schon stark.

    Nanakorobiyaoki

  • Ja, haben sich auf jeden Fall von ihrer besseren Seite gezeigt, also nichts was man irgendwie politisch Interpretieren könnte.

    Lautstärke kann ich so bestätigen, aber mit dem Siegtor ist die Kurve dann doch nochmal ziemlich explodiert. Hat den Durchhänger vor allem nach der Pause dann nochmal ganz nett wieder ausgeglichen.

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