Du darfst nur sowas wie die A73 nicht als Referenz für flüssiges fahren nehmen.
"Mein schönstes Ferienerlebnis" - Katers Spielberichte
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Du darfst nur sowas wie die A73 nicht als Referenz für flüssiges fahren nehmen.
Wenn man nicht grade im Berufsverkehr fahren möchte, kann ich gegen für 73 keine Klagen vorbringen, auch wenn ich da schon länger nicht mehr gefahren bin.
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Mich hat's zu oft bei Berufsverkehr bzw den Vor-/Nachwehen erwischt.
Beim Fußball hat man halt nur bedingt Spielraum was die Fahrten angeht.
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Komische Zeiten und Routen fährst du, damit das kollidiert. Und dennoch ist A70-73 eine empfehlenswertere Verbindung als die A3.
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Gibt halt auch englische Wochen und wenn kein Fußball war, gabs halt früher noch Zeiten wo Metalfranken noch Metalfranken war und ich halb Oberfranken abgeklappert habe.
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Hättest du jetzt wenigstens behauptet am Krøkeltisch nach zähem Kampf nur knapp unterlegen zu haben hätte ich das durchgehen lassen und nirgendwo erwähnt, dass das Duell 10:0 ausging.
Lügenhannoi!
+1
Kampfkater ist Ehrenmann genug, um hier nicht zu lügen.
Hannoi hingegen... Zwanghafter Lügner und der deutschen Sprache nur bedingt mächtig. #krøkeltisch
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Ich bin relativ sicher, dass der Kater in Horsens viel besser war. Und ich bin noch sicherer, das liegt daran, dass er das Ding in Esbjerg einmal falsch genannt hat und damit den Krökelgott verärgert hat.
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Du meinst den Krøkelgøtt?
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Entweder tatsächlich die A1, denn 40 Minuten vorm Elbtunnel sind ja nicht so der Brüller, oder Maschener Kreuz auf die A39, dann auf die B404 Richtung Geesthacht und immer geradeaus... Ist zwar ein Umweg, aber immerhin würde man fahren...
Ich umfahre mittlerweile HH über Lüneburg ... wenigstens fährt man da.
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Wann kommt denn die besagte Fortsetzung?
Jetzt.Akustisch konnten beide Fanszenen überzeugen, der FCK war aber ziemlich legendär unterwegs. Das lag auch an direkt zwei Choreographien, wobei die erste mit den Rauchtöpfen wegen „büschen Wind“ noch leicht in die Hose ging. Die Choreo zur zweiten Halbzeit wusste mit einer stattlichen Anzahl Bengalos schon mehr zu begeistern. Das Spiel in allen Facetten zu schildern, spare ich mir mal. Es wurde jedoch ein faszinierendes Offensivspektakel, bei dem auch der Schiedsrichter interessante Entscheidungen zu vertreten vermochte und das am Ende knapp mit 3:2 an die Hauptstadt ging. Somit hat Brøndby es tatsächlich geschafft, alle vier Derbys der Saison 2018/2019 zu verkacken. Glückwunsch dazu.
Die anschließende Meisterfeier lief für unseren Geschmack etwas zu routiniert ab und knapp 30 Minuten nach Abpfiff wurden wir schon aus dem Stadion gekärchert. Dies nahmen wir zum Anlass, den Weg in unsere Unterkunft anzutreten. Der Einkauf musste noch kurz erledigt werden, hierfür wurde ein Netto (mit Hund) angesteuert und dann ging es ein paar km raus aus der Stadt nach Værløse (volle Punktzahl auf der „dänische-Buchstaben-Klischeeskala). Unser AirBnB-Host Poul begrüßte uns herzlich-verwundert und man sah ihm förmlich an, wie ihm die Frage unter den Nägeln brannte, was drei Deutsche in Dänemark beim Fußball zu suchen haben. Die Antwort fand er, genau wie unsere weiteren Reisepläne, spannend und gab uns wertvolle Tipps, was die Parkplätze in Helsingør angeht. Die Unterkunft stellte sich als sein Gästehaus auf dem gleichenGrundstück heraus – kurz noch die Hofkatze begrüßt und rein in das Ding. Sehr ‘hyggelig‘ eingerichtet, sogar mit einer Heizung ausgestattet (Grüße gehen raus an Novasol), nur leider war die Sauna als Abstellkammer zweckentfremdet worden. Nachdem wir unsere dänische Klischeenahrung (Hotdogs) fertig gebastelt und uns noch kurz die Highlights des Spiels im TV angeschaut haben, waren wir relativ zeitnah in der Horizontalen. 2,5h Schlaf + 800 km Fahrt = Game Over
Das hatte den Vorteil, dass wir am nächsten Morgen recht fix munter waren, aus dem Fenster schauten und einen amtlichen Schneeregen bewundern durften. Mai. MAI! Einer von uns hatte Probleme, die anwesenden Schafe auszumachen, was bei uns für einige Erheiterung sorgte. Die Rush-Hour rund um Dänemarks Hauptstadt habe ich mir schlimmer vorgestellt und so parkten wir unser Gefährt nichtmal eine halbe Stunde später in einem Parkhaus direkt unter dem Magasin du Nord, dem größten Kaufhaus der Stadt. Für 4,50€ pro Stunde kein Schnapper, aber København hat nicht den Ruf eine autofreundliche Stadt zu sein (Amsterdam gefällt das) und zu dritt kann man sich das ja immerhin aufteilen.Vom Kongens Nytorv, dem zentralen Platz der Hauptstadt, tigerten wir erst durch den Nyhavn, die Tourifalle schlechthin und von dort über eine Fußgängerbrücke über den Stadtkanal auf die Halbinsel Christianshavn, auf der auch die autonome Freistadt Christiania liegt. Diese ließen wir jedoch links liegen, kehrten wieder auf das Festland zurück, passierten die Börse und das Schloss Christiansborg, in dem sich das Parlament Folketing, der oberste Gerichtshof und ein Dienstsitz des Ministerpräsidenten befinden. Die höchsten Vertreter von Exekutive, Judikative und Legislative in einem Gebäude, das ist weltweit einmalig. Nachdem die beiden in einem 7-Eleven alkoholischen Nachschub geordert haben und ich mich draußen über die Chinesen mit Atemschutz amüsierte, setzten wir unseren Weg durch irgendwelche Seitengassen fort, um direkt vor’m Tivoli ausgespuckt zu werden. Dieser Freizeitpark nebst Achterbahn mitten in der Großstadt würde mich durchaus mal näher interessieren, aber die rufen da fast 50€ Eintritt auf. So schauten wir uns das lieber von außen an, um dann noch einige Minuten auf dem Rathausplatz herumzulungern. Dort haben sich auch 2011 beim Europapokal-Spiel von 96 schon einige erheiternde Szenen abgespielt; den drei Helden, die versucht haben, im total besoffenen Kopf eine Laterne hochzuklettern, sei auf ewig gedankt. Über den Strøget, der Haupteinkaufsstraße Kopenhagens ging es nach ca. 3 ½ Stunden wieder zurück zum Auto. Da wir noch etwas Zeit hatten, kurvten wir noch etwas durch die Stadt, erstmal mit dem Ziel Amalienborg. Du weißt, dass eine Sehenswürdigkeit scheiße ist, wenn nicht ein einziger Chinese davor steht und Fotos macht. In der Tat hatten wir uns mächtig geirrt, denn dieses Gebäude sah tatsächlich der Amalienborg relativ ähnlich, war aber nur das dänische Designmuseum. Die richtige Amalienborg passierten wir rückseitig, hatten aber wenig Bock, dort jetzt nen Parkplatz zu suchen und uns durch die Touristenmassen zu prügeln. Hat aus dem Seitenfenster auch gereicht.
Die am meisten überbewertete Meerjungfrau steht in Kopenhagen! Ok, sie sitzt auf einem Stein, aber das macht’s nicht besser. Das Ding ist gefühlt kleiner als das Glas des SC Paderborn, das in meiner Vitrine steht. Noch dazu ist das am Arsch der Welt, ungefähr 100 km von allen anderen Sehenswürdigkeiten dieser Stadt entfernt. Und komplett überlaufen ist es dazu und wenn dir nicht gerade irgendwelchen Chinesen vor den Füßen herumstehen, dann wedelt dir eine weißrussische Papierflagge unter der Nase herum. Als Mitglied einer weißrussischen Pauschaltouristengruppe würde ich mir wahrscheinlich relativ verarscht vorkommen, wenn ich mich an diesem kleinen Ding vollregnen lassen müsste und selbst meine Fotos gar nix werden können, weil sich hässliche Industrieanlagen in den Hintergrund photobomben. Nun ja, hat man dann auch mal gesehen.
Also flugs weiter nach Helsingør, dem dänischen Pendant von Helsingborg. Anders als gewisse Osnabrücker, denen wir später noch über den Weg laufen sollten, haben wir uns natürlich vorher über die Anreise schlau gemacht. Eine Überfahrt mit der Fähre kostet mit Auto irgendwas über 40€, zu Fuß für drei Personen jedoch nur knapp 20€. Da das Stadion in Helsingborg fußläufig zum Fährhafen liegt, stellten wir unser Auto für weitere 4€ (aber diesmal pro Tag und nicht pro Stunde) in Helsingør ab und machten uns zu Fuß auf die Socken. Die Überfahrt genossen wir bei strahlendem Sonnenschein an Deck und passierten dabei zuerst das Weltkulturerbe Kronborg, das in früheren Zeiten als Festung für die Stadt Helsingør diente.
Aber auch sein schwedisches Pendant knapp 5 km weiter östlich konnte einiges bieten. Ach Helsingborg, wie habe ich dich unterschätzt! Nur knapp 100.000 Einwohner groß und damit immerhin die achtgrößte Stadt Schwedens, ist Helsingborg klein genug, um einen Tagesausflug angenehm kurzweilig gestalten zu können. Dies sehen auch viele Dänen so, denn sie kommen gern nach Helsingborg, um dort günstige Tabakwaren kaufen zu können. Die Schweden tun genau das Gegenteil, fahren nach Helsingør, um günstigen Alkohol zu kaufen.
Man betritt Helsingborg durch ein ziemlich eindrucksvolles Verkehrszentrum, das Fährhafen, Hauptbahnhof und Busbahnhof gleichzeitig beherbergt. Kurz danach stolpert man direkt auf die Järnvägsgatan, die Hauptstraße der Stadt. Insofern ist Helsingborg wirklich dankbar, denn alle sehenswerten Gebäude liegen im Umkreis von 300 Metern. Direkt an der nächsten Ecke liegt das Rathaus der Stadt, das mit den pittoresk gestalteten Türmchen allerdings eher wie eine russisch-orthodoxe Kirche aussieht. Die weitere Sightseeing-Tour unterbrachen wir allerdings kurz und machten uns auf direktem Weg zum Stadion, schon mal eine Karte für heute Abend sichern. Dieser führte uns am Kärnan vorbei, der einzig verbleibende Turm der mächtigen Helsingborg, ehemals eine der stärksten Festungen Nordeuropas. Der Kärnan ist 35 Meter hoch und steht noch dazu auf einem Felsplateau hoch über der Stadt, sodass man von dort oben sicher einen ausgezeichneten Blick über den Öresund hätte. Unsere Faulheit begnügte sich aber mit der Terrasstrapporna, eine Treppenterasse, die vom Fuß des Kärnan hinunter in das Stadtzentrum reicht. Für einen spektakulären Blick auf die Stadt und den Öresund reicht diese Anfang des 20. Jahrhunderts gestaltete Anlage auf jeden Fall.Durch den großen und einladenden Schlosspark ‚Slottshagen‘ ist es nur noch ein Häuserblock bis zum Stadion Olympia. Ja, auch Helsingborg hat ein Olympiastadion, obwohl die Stadt mit den Olympischen Spielen so viel zu tun hat, wie Hannover 96 mit dem Gewinn der Champions League. Das Ding heißt Olympia, weil es im gleichnamigen Stadtteil liegt. Dieser machte einen sauberen und nicht ganz günstigen Eindruck, nur, dass es im nahe gelegenen Kiosk kein Bier gab (und in den nächsten drei Kiosken auch nicht), schmälerte kurz die Laune der beiden Kollegen. Einmal schnell ums Stadion rum, Karten für 25€ pro Nase erstanden, kurz noch den Fanshop inspiziert und dann machten wir uns wieder auf den Weg in die Innenstadt. Hier fielen uns auch zum ersten Mal die Linienbusse auf, die nicht nur – wie hierzulande üblich – das Stadtwappen als Beflaggung trugen, sondern auch der örtliche Fußballverein wurde auf jedem Bus mit einer kleinen Flagge bedacht. Bei einem weiteren Streifzug durch die Stadt fiel uns auf, dass Helsingborg eine Art Friseurhauptstadt Schwedens sein muss. Gefühlt alle 20 Meter war ein Coiffeur zu finden. Natürlich geschlossen, war ja schließlich Montag.
Zum Stadion begaben wir uns dann recht frühzeitig wieder und auf dem Weg wurde noch kurz ein Systembolaget ausgekundschaftet. Dies sind staatliche Geschäfte, in denen man Alkohol kaufen kann. Frei verkäuflich, d.H. in Kiosken, Supermärkten, etc. sind in Schweden nur Getränke mit max. 3,5% Alkohol. Alles Andere bekommt man nur in diesen Läden.Das Stadion wurde in den vergangenen Jahren grundlegend renoviert und komplett umgebaut. Zum Glück ist es kein seelenloser Neubau wie in Zwickau geworden, sondern es ist auch was für’s Auge geboten. Die Fantribüne ragt steil auf und beginnt erst im zweiten Stock, weil darunter noch die Fankneipe mit Blick auf’s Spielfeld liegt. Die Gegentribüne und die Gästetribüne verfügen über zwei Ränge, der Unterrang der Gästetribüne ist allerdings nur 6-7 Reihen hoch, folglich ist der Oberrang dort weiter vorgezogen. Die Haupttribüne hat nur einen Rang, wird aber von zwei gigantischen Logen-Geschossen überragt, damit das Dach bündig mit den anderen Tribünen abschließen kann. Die beiden Flutlichtmasten an den Ecken der Haupttribüne wurden einfach vom alten Stadion noch übrig gelassen. Das Dach wurde einfach drum herum gebaut.
Die Gäste des Djurgårdens IF aus der Hauptstadt Stockholm hatten – für einen Montagabend – spektakuläre 450 Leute dabei, die zum Anpfiff erstmal eine amtliche Pyroshow zeigten. Nur um dann in 90 Minuten leises Gemurmel zu verfallen. Ähnlich ging es ihrer Mannschaft, die zwar gegen die Hausherren des Helsingborg IF schnell in Führung gingen, jedoch Mitte der ersten Halbzeit das Fußballspielen einstellten und HIF in der Folge besser ins Spiel und zum Ausgleich kommen ließen. Da ging sogar noch mehr, aber die Gastgeber vergaben in der Folge beste Chancen, sodass es beim 1:1 blieb. Das Spielniveau war jedoch definitiv nur auf Drittliganiveau. Hatte mich schon gewundert, dass die schwedischen Mannschaften in Fifa alle so schlecht bewertet sind. Jetzt weiß ich warum.Natürlich fing es nach dem Spiel an zu regnen, sodass wir uns auf direktem Weg runter zur Fähre machten, nicht jedoch ohne einen schwedischen Supermarkt anzusteuern und ca. 5 Kg feinste Schokolade zu erwerben. Auf der Fähre sahen wir auch die schon erwähnten Osnabrücker, die eine Fanfreundschaft mit Djurgårdens haben. Da wir mit Helsingborg-Schals unterwegs waren, hatten wir kurz etwas Bedenken, von denen angelungert zu werden, sie ließen uns jedoch in Ruhe. Später auf der Autobahn überholte uns dann deren Auto und wir ließen sie kichernd und mit der Gewissheit, viel zu viel Kohle für diese Überfahrt bezahlt zu haben, in die Nacht entschwinden und machten uns lieber auf den Rückweg zu unserer Hütte, der uns über ganz finstere dänische Kreisstraßen führte. Dort angekommen ging es zeitig in die Kajüte.
Der nächste Morgen startete zur Abwechslung mal ausgeschlafen und wir hatten noch zwei Missionen zu erledigen: Dem Brøndby-Fanshop einen Besuch abstatten und einen richtigen Supermarkt für fressbare Souvenirs ansteuern. Beides wurde zackig erledigt und wieder in Rødbyhavn angekommen, konnten wir sogar zwei Fähren früher nehmen und waren dementsprechend sehr pünktlich wieder zuhause.
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Und auch zu unserer letzten Tour konnte ich mich jetzt mal überwinden. Auch wenn von den anderen beiden eigentlich das Wesentliche schon geschrieben wurde.
04.10.19 19:00h - FC Nordsjælland vs. Lyngby BK 1:1 (1:0) Zuschauer: 3.090/600
05.10.19 18:00h - Odds BK vs. Vålerenga IF 1:1 (0:0) Zuschauer: 5.326/300
06.10.19 14:00h - Brøndby IF vs. FC København 3:1 (2:1) Zuschauer: 21.747/300
06.10.19 17:30h - Malmö FF vs. IFK Göteborg 1:0 (0:0) Zuschauer: 18.473/1.500Zum vierten Mal innerhalb der letzten 12 Monate wollte eine Tour nach Skandinavien anstehen. Diesmal jedoch hat sich die Expedition dafür entschieden, noch weiter in den wilden Norden vorzudringen. Nicht weniger als sechs verschiedene Touren standen vorab zur Disposition, leider hat Kollege Zebra erst im Anschluss der Tour verraten, dass das Derby Mjøndalen IF vs. Strømsgodset IF in Drammen und somit nur ca. 50 km von unserem samstäglichen Ziel stattfand. Das hätte ich diesem Schrott in Farum nur zu gerne vorgezogen.
Farum nur haben wir uns ausgerechnet für diesen Kick im Norden Kopenhagens entschieden? Nachdem sogar Hamburg (auf einem Freitag!) kein Problem war, hatten wir das große „Vergnügen“, drei Stunden vor Anpfiff in diesem gottlosen Kaff zu sein. Auch der Einkauf im schäbigsten Supermarkt der westlichen Hemisphäre - da kann kein Norma dieser Welt gegenhalten! - nahm nur unwesentlich Zeit von der Uhr, sodass wir immer noch 2 Stunden vorher am Stadion herumlungerten. Der Fanshop war ein einziger Schlag in die Fresse, keine Pins, keine Gläser. Danke Merkel. Amüsant fand ich jedoch, dass wir aus der Ferne von einigen Trotteln des heimischen FC Nordsjælland bepöbelt wurden, die uns offenbar für Fans des Gastvereins Lyngby BK hielten. Geradezu traurig wurde ich, als fünf Minuten später ein Bus mit Fans aus Lyngby vorbei fuhr und diese uns jede Menge Mittelfinger entgegen streckten. Irgendwas müssen wir den Leuten hier getan haben, man mag uns hier offenbar nicht. Dazu muss man wissen, dass Farum und Lyngby keine 10 km auseinander liegen und da sich die beiden großen Vereine FC København und Brøndby IF keinen Pfifferling für diese beiden Trottelriegen interessieren, fechten die eben ihr eigenes Derby aus.
Schnell rein ins Stadion, um der lausigen Kälte zu entkommen – und um festzustellen, dass die ersten Reihen der Tribüne nicht überdacht waren.Praktischerweise hatten wir genau dort unsere Plätze. Aber erstmal was zu futtern sichern, die Wurst vom Grill extrahierte den dänischen Nationalgeschmack perfekt: Fett! Zu unserer Freude ließen sich im Gästeblock 600 Nasen nieder und sorgten für einen ansprechenden Support, während auf Heimseite nur die Jogginghosenquote hoch war, der Lautstärkepegel eher nicht. Das Spiel war genauso zum Abgewöhnen wie unsere Plätze im abendlichen Nieselregen knapp über dem Gefrierpunkt. Nicht mal irgendwelche ehemals bekannten Spieler waren zu vernehmen. Die einzige Besonderheit war, dass der FCN ca. 5 Mio. Ghanaer im Kader hat. Nur so viel zum Spiel: Frühes Tor von Nordsjælland, verdienter Ausgleich von Lyngby. Abpfiff.
Nach diesem machten wir uns auf nach Kokkedal. Klingt holländisch. Ist dänisch und liegt auf halbem Weg zwischen Kopenhagen und Helsingør. In einer dortigen Reihenhaussiedlung wartete unser AirBnB-Haus auf uns. Das Carport hatte eine Breite von ca. 1,90m und das Haus wusste sich in einer stockfinsteren, unbeleuchteten und von Hausnummern verschmähten Gegend sehr gut zu verstecken. Aus einem Nachbarhaus stolperte diesen umherstreunenden Gestalten ein sogar deutsch sprechender Däne entgegen, der uns den Weg zum richtigen Haus zeigte. Den Vordereingang davon hatten wir für ein Gartentor gehalten. Flugs rein in die Bude und nicht schlecht gestaunt. Die Kiste hatte genau das, was die Dänen ja gerne ‘hyggelig‘ nennen, du kommst rein und fühlst dich sofort wohl. Dieses irgendwie typisch skandinavische Auge für klares Design und schöne Details und sofort ist diese Wohlfühlatmosphäre da. Man kommt rein, steht direkt in der riesigen Küche auf deren Esstisch Kampfjets landen könnten und schaut auf eine Empore mit einem weißen Holzgeländer, von wo aus man die oberen Zimmer erreicht. Am Kühlschrank fanden sich zahllose Magnete aus aller Herren Länder, der Däne an sich ist wohl reisefreudig und auch an diesem Wochenende waren sie wohl irgendwo auf Reisen und haben uns netterweise ihre Bude überlassen.
Hannoi wollten wir erst das Zimmer mit dem riesigen FCK-Aufkleber überlassen, ließen es aber bleiben, da die Tür als ‚privat‘ markiert war. Später erfuhr ich von unserer Gastgeberin, dass das nur ein Spaß von ihrem Sohn war und wir das Zimmer natürlich hätten nutzen können. Schade eigentlich.
Bevor wir die Hot-Dog-Bastelei anfingen, wollte das Zebra kurz zum Auto galoppieren… und war ne Viertelstunde verschwunden. Ein Kreisverkehr für Fahrräder (verrücktes Land!) wurde ihm zum Verhängnis und er nahm die falsche Ausfahrt. Hoffentlich hat er wenigstens den Blinker gesetzt, man muss ja nicht direkt in jedem Land als Kartoffel auffallen. Nachdem auch diese erschreckend geschmacklosen, aber dafür nach Atomkrieg aussehenden Pølser in die Hot-Dogs und Mägen verfrachtet wurden, ließen wir den Abend entspannt mit der mitgebrachten Playstation auf dem übertrieben großen Sofa ausklingen. Hansa Rostock gefällt das. Besiktas nicht.
Als der Wecker am nächsten Morgen um 6 Uhr klingelte, war ich ihm fast dankbar, denn so musste ich diese gottlose sibirische Gulagpritsche nicht länger ertragen. Hauptsache nen 960-Zoll-Flatscreen im Wohnzimmer, aber Matratzen für 10 Kronen gekauft. Auch der Rest der Bagage war zeitig abfahrbereit und so konnten wir pünktlich um 7 Uhr losreiten. 700 km lagen also vor uns, welcher Trottel hatte eigentlich diese glorreiche Idee? Wo wir gerade von glorreichen Ideen sprechen, darf auch das Mautsystem der Øresundbrücke nicht unerwähnt bleiben. Normalerweise kostet eine (!) Überfahrt flauschige 48€, aber wenn man einen Jahresabo, den so genannten BroPas für 43€ erwirbt, zahlt man nur 23€. Wenn man mit BroPas rüberfährt und innerhalb von 6 Stunden zurückkehrt, zahlt man sogar nur 14€. Verstanden? Nö, ich auch nicht. Und wer das bei der Tourenplanung ausrechnen und dann noch mit den Fährpreisen in Helsingdings und dem Umweg verrechnen darf, dem sollten eigentlich sämtliche Getränke ausgegeben werden.
Ist Dänemark schon die Ausgeburt landschaftlicher Langeweile, steht Schonen, die südlichste Provinz Schwedens dem in nichts nach. Felder, Wälder, sanfte Hügel, aber nirgendwo irgendwas Interessantes. Kein Wunder, dass die Dänen Jahrhunderte lang scharf auf diesen Landstrich waren, denn bis 1658 gehörte Schonen zur dänischen Krone. Und dann ist da auch noch ein Tempolimit von 110! Auf menschenleeren Strecken! Das zieht sich vielleicht… Um der Einöde Einhalt zu gebieten, entschieden wir uns für geschmackvolle Musik, also Vereinslieder aus Holland und Deutschland. Grüße gehen raus an den PEC Zwolle!Mitten in dieser Einöde und praktischerweise nur 15 km von unserem Reiseweg wartete tatsächlich der größte Supermarkt der Welt auf Besucher. Das zweitliebste Hobby der gesamten Autobesatzung ist das Durchstöbern ausländischer Supermärkte, also war der Abstecher dorthin sehr schnell und einstimmig beschlossen. (Theofanis) Gekås heißt dieses riesige Ding und das Teil dürfte tatsächlich größer sein, als der Ort Ullared drumrum mit seinen 700 Einwohnern. Dieser Supermarkt hat 35.000 m² - das ist die Größe der größten Karstadt-Filialen z.B. am Berliner Ku’damm – und 80 Kassen! Und auch ein Campingplatz für Heerscharen rüstiger Wohnmobilrentner ist nicht weit entfernt. Beige Hemden, Khaki-farbenen 3/4-Zipperhosen und Tennissocken in Sandalen kennzeichnen den kontinentaleuropäischen Wohnmobilrentner (gerne mit einer John-Deere-Cap garniert) und an diesem verfluchten Ort des Ramsches nahm dessen Quote nahezu beängstigende Ausmaße an.
Nun ja, Parkplatz gesucht und gefunden, sicherheitshalber mal nen Einkaufswagen mitgenommen und rein da. Auf den ersten Blick waren wir nur überfordert, denn die Verkehrsdichte in diesem Markt übertraf die eines durchschnittlichen deutschen Supermarktes selbst am 23. Dezember. Auf den zweiten Blick stellten wir fest, dass das mit einem normalen Supermarkt überhaupt nichts zu tun hatte, denn eigentlich war das eher ein riesiges Kaufhaus, das sich einen feuchten Dreck um Warenpräsentation scherte. Die Klamotten wurden also einfach in große Gitterboxen gepackt, riesige Preisschilder dran und den Rest besorgt die Gier der Menschen. Allerdings mit einem klassischen Warenhaus hatte das auch wieder nichts zu tun, denn ein Warenhaus dient ja noch mehr als nur dem bloßen Befriedigen niederer Kaufwünsche: Der Kunde möchte verführt werden, die Ware zu kaufen, die da so schön in bestem Licht präsentiert ist, er möchte beraten werden, er möchte sich die Nase an den Schaufenstern platt drücken. Hier hingegen, in diesem in fahles Licht getauchten Wellblechbunker inmitten des schwedischen Nichts geht es nur darum, schnell und viel zu konsumieren. Dabei gilt die Prämisse, je billiger, desto geiler und es wird eigentlich alles feilgeboten, was chinesische Kinderhände in Akkordarbeit herzustellen imstande sind. Gekås ist also der innerschwedische Gegenentwurf zu Greta, denn das Nachhaltigste an dem ganzen Laden ist wohl der der Busch, der den Kreisverkehr an der Einfahrt ziert. Der Titel größter Supermarkt der Welt impliziert ja, dass man da Lebensmittel kaufen kann. Kann man theoretisch auch, aber die Lebensmittelabteilung war das Enttäuschendste im ganzen Verein, vielleicht so groß wie ein Lidl und Dinge, die man in jedem schwedischen Supermarkt kaufen kann, fehlen komplett: Fisch, Fleisch, oder einfach nur Surströmming. Dafür gab es – auch typisch schwedisch – eine 3 km lange Gummibärchentheke und ca. 1.896 verschiedene Sorten Marabou-Schokolade. Meine Mitfahrer waren auch ziemlich angepisst, denn es gab in der ganzen Hütte keinen Sprit zu kaufen. Nicht mal mit nur 3,5 Umdrehungen. Nix! Die armen Schweine nüchtern mir noch aus, wir müssen in Norwegen unbedingt irgendwo Bier kaufen…
Nach gut 1,5 Stunden setzten wir unseren Weg gen Norden fort und passierten Göteborg. Hiervon sahen wir nur die Ausläufer, aber das machte auf jeden Fall Lust auf mehr. Unter Anderem passiert man den Lisebergpark, ein Vergnügungspark ähnlich dem Tivoli in Kopenhagen, allerdings direkt an der Autobahn. Gerade die mächtige Holzachterbahn mit ihrer gewaltigen Unterkonstruktion machte doch gewaltig Eindruck. Danach kam 150 km gewaltiges Nichts! Zwischen Göteborg und der norwegisch-schwedischen Grenze, die hier aus dem so genannten Schweinesund besteht, passiert absolut gar nichts. Die Autobahn ist übrigens erst seit gut 20 Jahren fertig, vorher musste man sich mühsam durch die wenigen Ortschaften quälen. Aber immerhin wurde es nun langsam „fjordig“ und die Landschaft wusste sehr zu gefallen. Man kommt zum Beispiel direkt am Saltkällanfjord vorbei, der die Ostsee 30 km ins Landesinnere bringt. Oder man fährt an einem unverdächtigen Parkplatz pissen und steht plötzlich vor einem Weltkulturerbe. Genau gesagt an den Felsritzungen von Tanum aus der Bronzezeit, über die mit einer Ausstellung aufgeklärt wird. Aber irgendwie recht unspektakulär, also ging es direkt weiter, rein nach Norwegen und wieder wurden wir mit einem lustigen Mautsystem konfrontiert, das einer näheren Erläuterung bedarf.
Zugute halten muss man den Norwegern, dass sie nur auf einigen Strecken Maut erheben und zwar nur auf den Strecken, die neu gemacht/instand gesetzt wurden und auch nur so lange, bis diese Strecke abbezahlt ist. Das führt aber zu dem lustigen Effekt, dass ganz Norwegen ein Flickenteppich aus Maut und für umme ist. Am Straßenrand wird mit elektronischen Schildern auf den Betrag hingewiesen, der selten für einen Teilabschnitt höher als 2€ ist. Erfasst wird der Spaß allerdings nicht vor Ort, sondern Kameras zeichnen dein Kennzeichen auf und schicken den Kram an die Zentrale. Von dort wird dann die Rechnung ausgestellt, was laut Berichten aus dem Netz durchaus mal 6 Monate dauern kann. Ich habe also keine Ahnung wann und wie viel Geld die von mir haben wollen.
‚Geld haben wollen‘ ist eine Disziplin, die Norweger sehr gut beherrschen, denn es gibt ja nicht nur die Maut, sondern noch zig Fährlnien durch die ganzen Fjorde. Eine davon mussten auch wir nehmen, denn die Verbindung von Moss nach Horten quer durch den Oslofjord spart uns mal eben einen Umweg von 2x100 km, kostet dafür aber auch 40€. Und man konnte sich ne halbe Stunde an Deck in der Sonne entspannen und musste währenddessen nicht im Auto hocken. So langsam meldete sich auch das Hungergefühl zu Wort, aber wir waren alle zu geizig, horrende Summen für den schlechten Fraß an Bord auszugeben. Von Horten war es noch eine gute Stunde Fahrt nach Skien und diese mochte auch den Blick auf einige Fjorde freigeben. Wahrscheinlich bei weitem nicht so spektakulär wie ihre bekannten Kollegen Geirangerfjord oder Lysefjord, aber schön anzusehen allemal. Wenn dieses blöde Land nur nicht so verflucht teuer wäre… Skien ist mit knapp 60.000 Einwohnern die Hauptstadt der Provinz Telemark und liegt ca. 30 km von der Küste entfernt am Fluss Skienselva, der wenige Kilometer südlich in den Frierfjorden und somit ins Skagerrak mündet. Skien ist auch eine der ältesten Städte Norwegens und wurde vermutlich im Jahre 1.000 a.d. gegründet und ist somit nur drei Jahre jünger als das natürlich viel mächtigere Nidaros, das seit dem Spätmittelalter Trondheim heißt. Der wirtschaftliche Aufschwung der Stadt Skien begründet sich auf die ausgedehnten Wälder und so ist die Region um Skien auch heute noch der größte Holzlieferant Norwegens und die Holzindustrie bedeutendster Arbeitgeber der Stadt. Nicht unerwähnt bleiben sollte das Hochsicherheitsgefängnis der Stadt, in dem ein gewisser Anders Behring Breivik viel Zeit hat, über das Leben nachzudenken.
In Skien waren wir dann relativ pünktlich, ca. 45 Minuten vor Anpfiff. Die Parkplatzsuche gestaltete sich überraschend unkompliziert. Wir fuhren einfach an der erstbesten Möglichkeit auf einen Parkplatz, nur wollte der anwesende Ordner Geld von uns haben. Bargeld! Sowas hatten wir nicht, denn wir sind davon ausgegangen, dass man das in Nordeuropa eh nicht haben will. „Hast du ein Parkticket?“ „Nö.“ „Hast du Bargeld?“ „Euro, wenn’s dir hilft.“ „Ach scheiß drauf, fahr einfach durch.“ Ich mag die nordische Art, Probleme zu lösen, tat also wie mir geheißen und parkte mein Gefährt nur 50 Meter vom Stadioneingang entfernt. Am Stadion fiel uns auf, dass das Ding einen Discounter integriert hatte. Im Stadion. Sowas Irres! Wir teilten uns auf, ich stellte mich für die Karten an und die anderen gingen den Fanshop inspizieren – und kamen enttäuscht wieder zurück. Das war kein richtiger Fanshop, sondern ein Sporthandel. Der vertickte nebenbei auch ein bisschen Fankram von Odds BK, aber nicht den von uns favorisierten Schal und auch nix anderes, was sich als Souvenir mitzunehmen lohnte. Diesbezüglich konnte das Wochenende bisher so gar nicht begeistern.
Der Kartenkauf gestaltete sich entspannt, auch wenn ich schon mal weniger als 26€ für so nen Kick bezahlt habe. Das Stadion wusste aber zu gefallen, nachdem wir die schier endlosen Treppen nach oben überwunden hatten, wurden wir mit einem Blick ins Stadion und in die untergehende Sonne belohnt. Die Skagerrak-Arena fasst 12.500 Plätze und wurde im Jahr 2007 eröffnet. Ausverkauft war das Stadion allerdings bisher erst ein Mal, nämlich als der heimische Odds BK im Jahre 2015 fast mal eine gewisse Borussia aus Dortmund besiegte. Drei Tribünen sind zweirangig ausgeführt, nur die alte Haupttribüne besteht aus nur einem Rang. Beim Umbau 2007 wurde das Spielfeld um 90 Grad gedreht, sodass die alte Tribüne jetzt hinter dem Tor ist. Eigentlich hätten wir auch dort Platz nehmen können, denn diese Tickets gibt es vergünstigt für umgerechnet 5-8 Euro. Aber was tut man nicht alles für schöne Fotomotive…
Gegner von Odds BK war der Hauptstadtklub Vålerenga IF, dessen glorreiche Zeiten schon länger zurückliegen. Hertha BSC gefällt das. Immerhin 5x konnte VIF norwegischer Meister werden, Odds BK hingegen noch nie, dafür schafften es die Hausherren ganze 12-mal, den nationalen Pokal zu gewinnen. Allerdings lagen zwischen dem letzten Pokalsieg im Jahr 2000 und dem vorletzten Pokalsieg aus dem Jahr 1931 ganze 69 Jahre. Aus Oslo schafften es ca. 300 Fans die 100 km nach Skien, insgesamt verliefen sich nur gut über 5.000 Nasen im Stadion. Für Odds ging es zwar noch um die Vizemeisterschaft (Spoiler: wurde verkackt.), für Vålerenga verlief die Saison aber erneut enttäuschend und wurde nur auf dem 10. Tabellenplatz beendet. Demzufolge war der Auftritt des Gästeanhangs zwar solide, aber auch nicht so weltbewegend, wie wir uns insgeheim erhofft hatten. Die Heimkurve rangierte ungefähr auf dem Niveau von Nordsjælland tags zuvor, war also Schmutz. Dafür war das Spiel besser. Zu den Klängen von Nightwish betraten beide Mannschaften das Feld und lieferten sich einen offenen Schlagabtausch, bei dem aber zuerst die Gäste die Oberhand gewannen, allerdings reihenweise beste Chancen liegen ließen. DIE Szene des Spiels begab sich sogar schon in der 12. Minute, als Magnus Lekven mit einer wunderschönen Grätsche gleich zwei Spieler von Odds BK niederstreckte und sich die Gelbe Karte redlich verdiente. Es sollte jedoch bis zur 56. Minute dauern, ehe diesem munteren Spielchen ein Tor vergönnt wurde. Bård Finne, der auch mal in Köln und Heidenheim gespielt hat, spielte einen wunderschönen Doppelpass mit dem Isländer Vilhjálmsson, wurschtelte sich anschließend durch ne Handvoll Verteidiger und besorgte das 1:0 für die Gäste aus Oslo. Diese stellten in der Folge aber völlig den Spielbetrieb ein und nun kam Odds BK im Minutentakt zu besten Chancen, die natürlich ebenfalls kläglich vergeben wurden. Und so war es der letzten Szene des Spiels vorbehalten, für das in Summe gerechte 1:1 zu sorgen: Die Abwehr von Vålerenga war mit einer eigentlich leicht zu klärenden Szene komplett überfordert und stocherte das Spielgerät zu Odds-Verteidiger Birk Risa (war auch mal in Köln). Der ließ sich nicht lange bitten und nagelte den Ball aus gut 25 Metern in die Ecke. Unsere Versuche, in der Halbzeit etwas Essbares zu erwerben, schlugen übrigens komplett fehl. Es gab nur armselig aussehende Hot-Dogs, deren Zutaten vom Discounter im Stadion stammten und noch mehr armselig aussehende Pizzastücke des Sponsors Domino’s. Gott hasst Domino’s! Bier gab’s auch keins, nicht mal leicht, nicht mal ohne irgendwas. Dafür jede Menge Kaffee, was einen tollpatschigen Norweger dazu veranlasste, diesen Fünf-Liter-Kanister mit seiner Plauze umzuwemsen. Die hektischen Aufwischversuche des Servicepersonals mit ein paar Servietten schlugen übrigens ebenso fehl, wie unser Versuch unsere Mägen zu füllen. Karma, Bitch, usw…
Nun denn, Rückreise. Vorher wollte jedoch noch flüssiger Nachschub gesichert werden, wie praktisch, dass wir nen Discounter in der Ecke um die Ecke hatten. Ich erwarb freudestrahlend eine Flasche norwegische Billigcola zu 3,50€ und aus lauter Verzweiflung einen Schokoriegel, Zebra und Hannoi latschten ebenso freudestrahlend mit ein paar Kannen Bier zum Kassenband, aber der Kassierer machte ihnen einen gewaltigen Strich durch die Rechnung, denn nach 18 Uhr darf in Norwegen wohl kein Sprit mehr erworben werden. Wann saufen die denn hier alle? Vormittags? Verzweifelt wie zwei geprügelte Hunde latschten die beiden zurück zum Auto und ihre Miene wurde nicht heller, als sie feststellten, dass nur noch sehr wenige Flaschen Bier übrig waren. Auf dem Weg zur Autobahn noch kurz an einer Pizzeria getankt (macht man hier so), denn ich Fuchs hatte vorhin in Schweden noch für rotzfreche 1,60€/Liter getankt, weil man ja aus Funk und Fernsehen weiß, dass Benzin in Norwegen noch teurer ist. Naja, 1,40€. Haha. Gegen 22:30 betraten wir wieder schwedischen Boden und suchten uns direkt eine Nahrungsquelle. Gut, dass wir an der viel zu teuren Tanke vorhin eine Filiale einer Burgerkette gesichtet haben, die wird ja noch offen haben. Als wir dort vorfuhren, war innen merkwürdig fahles Licht und merkwürdig wenig los. Gut, Letzteres überraschte uns nicht, denn wir befanden uns immer noch in einem Landstrich, der ähnlich dicht besiedelt sein dürfte, wie das kanadische Yukon-Territorium. Auch der polnische Kleinlaster, der vor dem Ding parkte, machte keine Anstalten dort reinzugehen, sodass wir aus den gesamten Erkenntnissen schlossen, dass das Ding dicht haben müsste und gerade wieder kehrt machen wollten, als sich eine Angestellte für eine Zigarettenpause aus einem Nebeneingang bequemte. Also wieder zurück und rein in den Bunker. Dieses Restaurant namens Max entpuppte sich als schwedischer McDonalds-Klon, allerdings um einige Nuancen besser als das Original. Frisch gestärkt ging es dann direkt weiter und ich kann nicht behaupten, mich in der Folgezeit an irgendwelche Tempolimits gehalten zu haben. Für wen auch? Blitzer stehen da keine und auf den gesamten 180 km nach Göteborg überholten wir vielleicht 20 Autos. Zwei Begegnungen beschäftigten uns allerdings noch eine Weile länger: Zuerst passierten wir einen tschechischen Camper, der im Heckabteil seine Wäsche zum Trocknen aufgehängt hatte und dann begegneten wir Oskar. Keine Ahnung, ob er so hieß, aber jeder Schwede heißt Oskar. Oskar fuhr einen weißen Volvo Kombi, Typ Leichenhalle, der so viel tiefer gelegt war, dass der Auspuff schon öfter Straßenkontakt gehabt haben musste und dementsprechend noch viel tiefer hing. Oskar flitzte mit 130 die rechte Spur entlang und mein Überholversuch wollte er sich nicht gefallen lassen. Oskar beschleunigte und eine schwarze Rußwolke umhüllte die Autobahn binnen Nanosekunden, als würde er seinen Volvo mit Schweröl fahren. Einige Meter später wurde Oskar langsamer, wir schlossen auf und wollten abermals überholen, als sich dieses Schauspiel wiederholte. Nun war meine Neugier geweckt und ich wollte mir Oskar näher anschauen und ihm direkt mal erklären, dass man einer Kartoffel in der Disziplin Autobahnraser nur schwer das Wasser reichen kann. Leider musste Oskar die nächste Ausfahrt nehmen und verschwand qualmend und röhrend in der dunklen schwedischen Nacht. Abgesehen davon passierte absolut nichts mehr, was die Rückbank relativ schnell dazu bewegte, einfach einzuschlafen und selig vor sich hin zu schnarchen. Zebra und ich versuchten derweil, uns mit Musik wach zu halten. Müdigkeit treibt einen ja schon zu manch interessanten Sachen. Wir waren sogar bereit, die 40€ für die Fähre zu bezahlen, statt ne Stunde länger durch das immer noch leidlich spektakuläre Schonen zu gurken. Aber Schweden war noch nicht fertig mit uns. Die Fähre zwischen Helsingborg und ør fährt jede halbe Stunde. Auch nachts. Stand in diesem Internetz. Außer Sonntagnacht, da fährt sie nur jede Stunde (also in 55 Minuten - Timing ist alles), stand an diesem Schalter. Auch wüste Pöbeleien des Fahrers wussten an dieser Tatsache wenig auszurichten. Danke für 130 km Umweg! Im Bett waren wir dann um halb 5…
Man hätte ja fast lange schlafen können, denn das erste Spiel sollte erst um 14 Uhr anstehen und das gleich nur 30 km entfernt. Nur zwei Dinge sprachen diesem Vorhaben vehement entgegen: Erstens die fies scheinende Sonne durch die Vorhänge, dick wie Moskitonetze und zweitens der Bastard, der auf nem Sonntagmorgen gegen halb 10 sein Fichtenmopped angeschmissen und irgendwelche Bäume filetiert hat. Wehrmacht denn sowas? So konnten wir immerhin ohne große Hektik den Weg nach Brøndby antreten und da wir zwischen dem Abpfiff hier und dem Anpfiff in Malmö nur gut 90 Minuten Zeit hatten, suchten wir uns einen strategisch günstigen Parkplatz direkt an der Ausfallstraße. Trotz, dass es um nicht viel ging, so früh in der Saison, war durchaus so etwas wie Derbystimmung zu vernehmen. Natürlich hatten sich beide Fankurven wieder etwas überlegt, wobei das bei den Gästen aus der Hauptstadt so routiniert-belanglos ablief, wie deren Elf sich später auf dem Rasen präsentieren sollte. Aber ein schönes Fahnen-Intro hatten sie. Brøndby hingegen fuhr schwere Geschütze auf, zuerst wurde die komplette Tribüne in ein blau-gelbes Fahnenmeer gehüllt, dann ein Schriftzug „Brøndby“ inkl. des Vereinswappens an einer Seilvorrichtung nach oben gezogen, während dahinter eine dreistellige Zahl Bengalos gezündet wurden.
Die beiden größten Trottel des Wochenendes hatten wir direkt vor uns. Zwei Typen, die schon nach 100 Jahren Knast aussahen, aber sich damit beschäftigten, abwechselnd Selfies zu machen und irgendwelche Gesten Richtung Gästeblock zu schicken. Auch als Simon Hedlund auf der linken Seite völlig allein war, mit einer Finte im 16er zwei FCK-Verteidiger aussteigen ließ und nach fünf Minuten das 1:0 für Brøndby besorgte wollten die beiden unbedingt mit unserem FCK-Zebra abklatschen, was der eher so semi-witzig fand, wir hingegen umso mehr. Die beiden Dullis setzten sich auch konsequent über das Rauchverbot hinweg. Das rief eine resolute Dame auf den Plan, die die beiden ordentlich zusammengeschissen hat. #stressmitmutti Nach der Halbzeit hingegen waren sie auf nimmer Wiedersehen verschwunden. Wahrscheinlich nur für eine Hälfte bezahlt.Ähnlich ging es freilich auch der FCK-Hintermannschaft. Ein katastrophaler Fehlpass inkl. amtlicher Sitzbulette des Verteidigers landete bei Hedlund, der rennt seelenruhig in den 16er, legt ab auf Wilczek und schon steht es nach 22 Minuten 2:0. Nach 30 Minuten wollte der FCK dann auch mal, ein eher harmloser Kopfball landet am Arm eines BIF-Verteidigers, von wo aus der Ball ins Tor trudelt. Aber die machten zu keinem Zeitpunkt den Eindruck, als könnten sie dieses Spiel gewinnen wollen. Gerade nachdem Rasmus Falk mit einem (versehentlichen) Karatekick Dominik Kaiser niederstreckte und völlig zurecht vom Platz flog, war die Gegenwehr des FCK gebrochen. Nach 75 Minuten stellte Wilczek mit einer sehenswerten Direktabnahme aus 16 Metern auf den 3:1-Endstand.
Der Abpfiff war auch für uns das Zeichen, uns schnellstmöglich zum Auto zu verkrümeln, denn nur 90 Minuten später wollte in 50 km Entfernung das nächste Spiel angepfiffen werden. Abermals ging es über die Øresundbrücke nach Schweden, diesmal aber nur bis zur nächstbesten Ausfahrt, die uns geradewegs nach Malmö beförderte. Der Parkplatzgott war uns auch wohlgesonnen, dachten wir zu dem Zeitpunkt noch, denn er offerierte uns ein schniekes Parkplätzchen nur 500 Meter vom Stadion entfernt. Andere Autos standen da auch, ein Verbotsschild war genauso wenig auszumachen wie ein Parkautomat, also abgestellt und losgewetzt. Am Stadion angekommen holten wir schnell die hinterlegten Karten ab – die hässlich wie die Nacht finster waren. Und teuer! 42€ kostete der Spaß und das waren nicht die besten Plätze im Stadion. Dafür waren wir nah am Gästeblock und die ca. 1.500 mitgereisten Fans des IFK Göteborg wussten mit ihrer akustischen Übermacht durchaus was anzufangen. Die beiden Fanlager mögen sich nun nicht unbedingt, so gab der Gästeblock von der ersten Minute an Vollgas und ab Mitte der ersten Halbzeit beschränkten sie sich auf ein Lied mit einem schönen Anti-Text auf die Melodie eines zeitgenössischen schwedischen Popsongs. Die MFF-Kurve hatte sich schon drei Tage vorher beim Europapokal-Auftritt gegen den FC Kopenhagen verausgabt und war erstaunlich ruhig. Das wiederum kann auch am furchtbaren Spiel gelegen haben, das letztlich von einem abgefälschten Kopfball nach gut einer Stunde zugunsten von Malmö entschieden wurde.
Wir verabschiedeten uns sodann in den Fanshop und endlich gab es mal etwas Auswahl zu bestaunen. Zig verschiedene Schals, viele verschiedene Gläser (fast schon zu viel Auswahl, welches nimmt man denn nun?) und sogar Gullydeckel mit Vereinswappen gab es käuflich zu erwerben. Wobei mich ein Schwede aufklärte, dass die Dinger wohl eher im heimischen Barbecue Platz finden und Muster in das Grillgut brennen sollen. Zurück am Auto dann der Schock, an meinem Scheibenwischer hing ein Souvenir der Stadt Malmö und man machte mir klar, dass man gerne 800 SEK (ca. 80€) von mir haben möchte. Ich habe allerdings bis heute keine Ahnung wofür eigentlich. Es war ein ganz normaler Parkstreifen am Arsch der Welt. Naja, wenn sie Geld haben wollen, müssen sie mir schon nen Brief schreiben und dann steht dort hoffentlich drin, was die von mir wollen. Wenn nicht, haben sie Pech gehabt.
Aber wir hatten ja noch eine letzte Misson: Surströmming! Vergammelter Ostseehering in Dosen. Eigentlich in jedem schwedischen Supermarkt zu bekommen, jedoch nicht im größten der Welt. Saftladen. So fuhren wir schnell ins Zentrum, entdeckten dort einen riesigen Supermarkt, der viel besser war, als es Theofanis Gekås je sein könnte, holten die begehrte Ware und verschwanden über die Grenze. In Dänemark angekommen musste natürlich noch ein schäbiger 24h-Netto angesteuert werden, denn das Bier war ja alle. Zurück in der Unterkunft war ich relativ zeitnah nach dem Football in der Horizontalen, Zebra und Hannoi tagten noch bis ca. halb 4. Das Bier war nicht gut zu ihnen, denn am nächsten Morgen wussten sie mich mit einem Mainzer Cover eines Weihnachtsliedes zu beglücken. Diese Melodie kriegst die nächsten 10 Stunden nicht mehr aus der Birne raus! Fröhliche Mainzer überall!
Woran merkt man, dass man wieder in Good ol‘ Germany ist? Nach 10 Minuten auf der Autobahn hängt dir ein Vertreter-Audi 3 Meter im Kofferraum und muss mal ganz dringend vorbei und an der Dorftanke begrüßt dich ein in freundlichster Sprache verfasstes Schild mit „KARTENZAHLUNG ERST AB 10 EURO!!!“
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Großartiger Bericht.
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Gibt's noch einen Bericht über den wohlschmeckenden Ostseehering?
Ansonsten ein klasse Bericht.
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Danke
Gibt's noch einen Bericht über den wohlschmeckenden Ostseehering?
Dafür musste dich ans Zebra wenden. Ich habe meinen nur gekauft, um damit dem Stiefvater der Kampfkatze auf den Sack zu gehen. -
Surströmming ist eine schwedische Fischspeise, die durch Säuerung konserviert wird. Sie riecht „intensiv; faulig und stinkend“
Klingt vielversprechend.
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Dafür musste dich ans Zebra wenden. Ich habe meinen nur gekauft, um damit dem Stiefvater der Kampfkatze auf den Sack zu gehen.
Was ich so mitbekommen habe, der Fisch zieht unheimlich viele Fliegen an.
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06. Dezember 2019, 20:00h - FC Den Bosch vs. VV De Graafschap 2:2 (0:0) / Zuschauer: 2.955/250
Das Schöne am Freitag ist ja, dass in Holland immer Fußball ist. Die zweite Liga spielt grundsätzlich um 20 Uhr, perfekt also für einen Kurztrip nach Feierabend. Ziel diesmal war der FC Den Bosch, der in der Stadt ‘s-Hertogenbosch beheimatet ist. Das heißt so lustig, weil es eigentlich ‚des hertogen bosch‘ (des Herzogs Wald) heißt und das „des“ irgendwann, wie bei dieser unbedeutenden deutschen Provinzstadt M’gladbach mit dem Apostroph abgekürzt wird. Um immerhin ein Zeichen, Kleinvieh macht ja auch Mist. Jeder Niederländer nennt die Stadt aber sowieso Den Bosch und die Stadt hätte sich das durchaus als offiziellen Namen geben können. Ähnlich wie 's-Gravenhage, wie Den Haag eigentlich heißt. Im Gegensatz zu Den Bosch ist Den Haag aber ein offiziell zulässiger Stadtname, die haben also gleich zwei davon. Und als Den Bosch würde man ja nicht mehr an erster Stelle sämtlicher alphabetisch sortierten Städtelisten stehen. Aus dem gleichen Grund führt die Stadt Aachen übrigens nicht den ihr als Kurstadt eigentlich zustehenden Namen Bad Aachen.
So, der Erklärkater hat fertig und da diesem eine Tour alleine nicht behagte, wurden wieder Lolek und Bolek eingeladen (könnten auch Hannoi und Zebra gewesen sein) und passenderweise warteten beide an der Bahnhofsmission auf mich. Zum Glück war auch mein Auto wieder einsatzbereit, sodass ich nicht auf diesem gottverdammten Renault Clio in die Westlande reiten musste. Das wiederum stimmte Hannoi etwas traurig, denn er hätte mich nur zu gerne in dieser Fischkiste leiden und fluchen sehen. Den Bosch liegt am Arsch der Welt mittig zwischen Utrecht, Eindhoven, Rotterdam und Nijmegen und so standen 2 Stunden Autobahn auf dem Plan.
Angekommen sind wir dank Freitagspuffer etwas zu früh und schau da, ein riesiger kostenloser Parkplatz direkt am Stadion. Das habe ich in diesem Land beim Profifußball noch nie erlebt, wo man doch z.B. in Rotterdam gerne mal 15€ allein für’s Parkticket berappen darf. Der Mob des FC Den Bosch kam auch gerade an und so konnten wir erleben, wie sie zur Einstimmung in einem echt niedrigen Fußgängertunnel jede Menge Rauch und Bengalos abfackelt. Diese Aktion wollte uns nicht so richtig einleuchten, hätte man die Rauchware doch einfach direkt in die nächste Telefonzelle pfeffern können, der Effekt wäre wohl ähnlich gewesen. Wir liefen derweil erstmal um das Stadion herum, in das auch ein eindrucksvolles Fitness-Studio eingebaut ist. Das Ding wusste uns auch nachhaltig zu verwirren, denn dank der weit ausladenden Büroräume in dieser Tribüne hielten wir das für die Haupttribüne. Aber weit gefehlt, das war eine popelige Hintertortribüne und die Haupttribüne war dann doch eher…vintage. Pünktlich zu unserem Irrlauf fing es an zu regnen. Sprühregen, dazu gab’s Wind, das Ergebnis war also eher ein Regentornado. Die Mutter aller Sprühregen. Zuerst mal Karten kaufen, für 20€ gab’s einen theoretisch überdachten Platz auf der Haupttribüne. Reihe 1, man hatte also eine sehr direkte Art, das deutsche Touristenpack willkommen zu heißen. Nächste Mission, Fanshop suchen. Gescheitert, gibt keinen. Dieser ganze Scheißverein hat keinen Fanshop, weder hier am Stadion, noch irgendwo in der Stadt. Nur in einer Kartenbude wurde ein einziger Schal verkauft, der sich aber schon beim Angucken auflösen wollte. Qualliteit? Eher Quallidod!Auch Quallidod war auf jeden Fall das Essensangebot im Inneren. Eher aus Mitleid kaufte ich eine Frikandel, die leidlich aufgewärmt überreicht wurde, an den Burger traute sich niemand von uns. Das Bier war laut Hannoi und Zebra auch scheiße. Ein Fall für den internationalen Gerichtshof in s’Gravenhage. Natürlich setzten wir uns nicht in die Reihe 1, denn das wäre gleichbedeutend mit einem Vollbad gewesen, aber auch weiter oben waren wir nach Spielende wirklich sehr nass. Heutiger Gegner war der BV De Graafschap aus dem 50.000 Einwohner-Kaff Doetinchem. Das liegt östlich von Arnhem im so genannten Achterhoek (Hinterland) und die Einwohner (und Fans des Vereins) werden gern als Bauern bezeichnet. De Graafschap ist ein typischer Fahrstuhlverein, der munter zwischen Eredivisie und 2. Liga hin und her pendelt, in den letzten 20 Jahren ist der Verein neunmal auf- oder abgestiegen. Beste Platzierung in dem Zeitraum war ein 14. Platz in der Saison 2001/2002. Trotz dieser mäßigen Leistungen sind die Heimspiele regelmäßig ausverkauft. Anders der heutige Heimverein FC Den Bosch, selbst in deren kurzzeitigen Aufenthalten in der Eredivisie (letzte Saison: 2005) war das Stadion nur zu 3/4 gefüllt, heutzutage freut man sich über 50% Auslastung. Die Fans frönen eher dem englischen Support, es wurde also nicht durchgehend was vor sich hin gemurmelt, sondern die Anfeuerungsrufe kamen sporadisch, aber richtig. Und wehe, ein Gegenspieler lief an der Tribüne vorbei, dann wurden die Zähne gefletscht und allerhand Verwünschungen Richtung Spielfeld geschickt. Den Gast aus dem Hinterland begleiteten ca. 250 Fans, die Meisten von ihnen eher kontinentaleuropäisch und ultra-lastig supportend.
Nicht ohne Grund startet die Zusammenfassung auf YouTube erst in der 48. Minute. Es passierte in der ersten Halbzeit wirklich überhaupt nichts. Hätten die 22 Leute auf dem Platz im Mittelkreis ne Runde Bierpong gespielt, hätten die sich mehr bewegt. Die zweite Halbzeit konnte jedoch für einiges entschädigen. Gleich in der 49. Minute schoss Linksaußen Daryl van Mieghem eher aus Verlegenheit auf’s Tor. Und schon ist der Ball im Netz, wobei die Mehrheit der 2.955 Besucher das bis heute nicht erklären kann. So stand es dann 1:0 für die Gäste. Nur 3 Minuten später stand es plötzlich 0:2, die Abwehr des FC Den Bosch war noch in der Pause und die Zebras aus Doetinchem konnten sich die Kugel wie im Training zuspielen. Wiederum nur 3 Minuten später wollte der Hausherr auch mal mitspielen. Weite Flanke von links außen, die war ungefähr zehn Jahre unterwegs, konnte per Kopf abgelegt und relativ frei verwandelt werden. Drei Tore in 10 Minuten, dafür standen die Quoten in der Halbzeit wohl ähnlich beschissen wie für eine Deutsche Meisterschaft der SG Wattenscheid 09. Und weiter ging’s, 58. Minute, Freistoß im Mittelkreis für De Graafschap und der Schütze zimmerte einfach mal drauf und überwand den Torwart. Ätsch, zählt aber nicht, der Ball lag wohl noch nicht richtig. Schade, sah witzig aus. Stattdessen passierte nun 20 Minuten nicht mehr viel, De Graafschap konnte aus ihrer Führung nicht viel Kapital schlagen. Den Bosch hingegen bekam einen Freistoß gut 25 Meter vor’m Tor, schoss mitten auf den Torwart und der war damit mächtig überfordert. Er ließ den Ball nach vorne klatschen und der aufgerückte Innenverteidiger des Heimteams konnte aus kurzer Distanz zum 2:2 einköpfen. Mehr passierte nicht und auch wir beeilten uns, dem Pisswetter zu entkommen und ins Auto zu kriechen.
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Ich konnte irgendwie nicht pennen.
Die Vorgeschichte: Wenn dein kleiner Scheißverein das erste Mal seit über 40 Jahren europäisch spielt (dieser „Europapokal“ gegen die Fischköppe 92/93 zählt nicht) und du sowieso jahrelang alles gefahren bist, dann musst du dabei sein. Egal wo, egal wie. Gespannt verfolgte man also die Auslosung der Europa League-Gruppenphase, aber auch bis zu diesem Freitagmittag war es schon ein langer Weg.
Dieser begann, als uns in der Playoff-Phase ausgerechnet der FC Sevilla zugelost wurde, das härteste Los im damaligen Topf. Schon das Hinspiel, das auf den 18. August 2011 datiert wurde, brachte mich in ernsthafte Terminkonflikte, denn eigentlich hatte ich ja ein Ticket für’s Summer Breeze, nachdem das Wacken 2011 für uns wegen anderer Terminkonflikte nicht realisierbar war. Ach, das Breeze wird wohl noch nen Tag auf mich warten können, also nach der Arbeit die Sachen ins Auto geworfen und ab nach Hannover, denn jeder im Stadion ist davon ausgegangen, dass es das erste und letzte europäische Heimspiel von 96 für einen sehr langen Zeitraum war. Was dann kam, bezeichnete die spanische Sportzeitung Marca später als ‚Die Hölle von Hannover‘. Und ja, ich kriege immer noch Gänsehaut, wenn ich an diesen Abend denke, auch jetzt beim Schreiben. Wir wurden ja immer etwas verschrien als lahmer Haufen, als unterer Bundesligadurchschnitt, was die Stimmung angeht, aber was an diesem Abend passierte, habe ich davor und danach nie wieder in dieser Intensität erlebt. Schlaudraff besorgte früh das 1:0 und kurz vor der Halbzeit das 2:0 und das Stadion kochte. Alle. Ausnahmslos. Am nächsten Morgen suchte ich verzweifelt meine Stimme.
Vor dem Rückspiel herrschte beim durchschnittlichen Hannoveraner ähnliche Euphorie wie vor dem Hinspiel. Niemand rechnete ernsthaft damit, dass wir diese Runde überstehen würden, zu knapp war das 2:1 im Hinspiel, zu übermächtig schien der Gegner im eigenen Stadion. Also musste man da ja irgendwie hin, doof nur wenn man gerade nen neuen Job angefangen hat. Durchaus in die Karten spielte mir, dass sich zu dem Zeitpunkt schon abzeichnete, dass dieser Job und ich nicht so wirklich zusammen passen würden, also erschlich ich mir mit einem Vorwand einen freien Freitag und machte mich am Donnerstag um 15 Uhr auf den Weg zum Spiel. Noch 6 Stunden und 5 Minuten bis zum Anpfiff. 2 Stunden später saß ich 80 km entfernt im Ryanair-Flieger, der mich direkt nach Sevilla bringen sollte. Geplante Landung, 20:05 Uhr, 1 Stunde vor Anpfiff. Die Kiste war pünktlich, ein paar andere 96er kamen gerade kurz vor knapp aus Hannover an und zusammen wurde sich ein Taxi zum Stadion geteilt. Raus aus dem Taxi, Karte gekauft und die gefühlt 500 Millionen Stufen bis in die vorletzte Reihe erklommen. Die Uhr zeigte 20:45h und der Blick aus diesem unendlich steilen Block quasi senkrecht nach unten war unbeschreiblich. So wichtig gerade hier zu sein und nicht alleine im Wohnzimmer zu hocken. Auch dieses Spiel endete für 96, das 1:1 reichte nämlich dank des Erfolges im Hinspiel für den Einzug in die Gruppenphase. Das beendete aber meinen Tag noch nicht, denn ich musste ja irgendwie noch wieder zurückkommen. Vorab reservierte ich mir einen Mietwagen, die Station am Hauptbahnhof hatte bis 0 Uhr offen und das Stadion liegt zum Glück nur 1 km davon entfernt. Nicht bedacht hatte ich die Blocksperre, die Auswärtsfans in Europa grundsätzlich zuteil wird. Es war weit nach 23:30, als ich endlich diesen verdammten Block verlassen durfte und bei immer noch mindestens 30 Grad „sprintete“ ich zum Bahnhof. Keine 5 Minuten vor Schließung nahm ich den Autoschlüssel entgegen und latschte zurück zum Stadion, wo ich wieder auf die restlichen 3/4 meiner Gruppe traf. Zusammen tigerten wir planlos drei Stunden durch das nächtliche Sevilla, dann brachte ich die drei zu ihrem Hostel und machte mich auf zum Bahnhof. Dort wartete ein schmuckloser Skoda Fabia auf mich und die 160 km zum Flughafen nach Malaga, denn ich musste ja irgendwie wieder nach Hause kommen und aus Sevilla ging erst Tage später wieder was in Richtung Heimat. Der Flug von Malaga führte mich auch nicht wirklich nach Hause, sondern nach Hahn, im Ryanair-Sprachgebrauch „Frankfurt-Hahn“ genannt. Aber das Einzige, was dort mit Frankfurt zu tun hat, sind wahrscheinlich die Würstchen im örtlichen Imbiss – wenn’s einen gäbe. Der Shuttle-Bus nach Koblenz braucht 90 Minuten und dank der DB war die Fahrt mit dem Intercity auch ein reines Vergnügen. Klimaanlage ausgefallen, zig Waggons defekt und in Köln musste nach zweimaligem unplanmäßigen Zwischenstop mitten auf der Strecke die defekte Lok ausgetauscht werden. Macht eine Verspätung von insgesamt 4 Stunden. Scheißhaufen! Noch am Flughafen in Hahn scherten wir uns zu fünft um ein Smartphone und verfolgten live die Auslosung der Gruppengegner. Lüttich. Geil! Kopenhagen. Mega! Poltawa. Poltawat? Poltawa, Vorname Worskla, Anrede ‚FC‘. Weder Stadt noch Verein hörte ich jemals vorher in meinem Leben und trotzdem oder gerade deswegen stand relativ schnell fest, dass wir da unbedingt hin mussten.
Poltawa, eine Stadt mit knapp 300.000 Einwohnern mitten im Nirgendwo in der Ukraine. Da brauchste ja nen Reisepass! Direktflüge? Vergiss es! Die Landebahn in Poltawa war ja sogar zu kurz für den Mannschaftsflieger, die mussten auch nach Kiew fliegen und von dort aus den Bus nehmen. Einige nahmen die knapp 2.500 km (one-way!) sogar im 9er-Bus auf sich, andere charterten sich am Flughafen Kiew einen Reisebus und fuhren damit die 300 km durch die Ukraine. Und wir? Verbanden das mit Sightseeing und machten kurzerhand einen Drei-Städte-Trip draus. Von Hamburg sollte es mit Air Baltic erst nach Riga gehen und dann nach ca. 8 Stunden Aufenthalt abends nach Kiew. Am nächsten Morgen dann per Fernbus nach Poltawa.
In Hamburg angekommen erwartete uns eine Propeller-Maschine, was bei 1/4 unserer Reisegruppe für spontanes Unbehagen sorgte. War aber ziemlich entspannt, geht halt alles etwas langsamer vonstatten.In Riga führte uns der erste Weg zum berühmten Zentralmarkt, ein riesiger Komplex, bestehend aus ehemaligen Luftschiffhallen, in dem es alle nur erdenklichen Lebensmittel zu kaufen gibt. Zu schade, dass wir nur 8 Stunden in der Stadt weilen und keine Kochgelegenheit in irgendeiner Ferienwohnung haben. Danach machten wir die sehenswerte Altstadt der ehemaligen Deutschordensstadt unsicher, da Riga aber relativ klein ist, hat man da in 2 Stunden alles mal grob durchlaufen. Haben wir ja noch Zeit, was zu essen und da ein Polen-affines Mitglied unserer Gruppe unbedingt Bock auf Pelmeni hatte, wurde ein entsprechender Laden gesucht und gefunden. Der Name des Ladens ist mir leider zwischenzeitlich entfallen, aber über der zentralen Bar prangte eine Schiefertafel mit sämtlichen ‚Berühmtheiten‘, die schon mal zu Gast waren. Und siehe da, Tokio Hotel waren schon mal hier. Der Laden selber ist schwer zu beschreiben. Auf der einen Seite eine moderne Bar und auf der anderen Seite steht alt-sowjetisches Wohnzimmermobiliar und lädt zum Essen ein. Wir saßen stilecht auf einem durchgesessenen 70er-Jahre-Sofa und hinter uns stand eine alte Wanduhr. Ein paar Jahre später in Berlin-Kreuzberg wäre der Laden als 1a Hipster-Schuppen durchgegangen.
Dann hieß es leider schon Abschied nehmen und eine Boeing 737 der Air Baltic brachte uns in gut 2 Stunden von Riga nach Kiew. Am Flughafen – das erste Mal außerhalb der EU – wurde man sogleich von missmutig dreinblickenden Polizisten mit Maschinengewehr im Anschlag begrüßt und von noch viel missmutiger dreinblickenden Schalterbeamten mit sehr bestimmter Freundlichkeit nach dem Reisepass befragt. Das ist also kein Klischee, jeder Osteuropäer, der ne Uniform trägt, guckt also tatsächlich scheiße. Und jeder trägt ne Fellmütze. Die Busfahrt zum Hauptbahnhof dauerte gefühlt genauso lange wie der Flug und sollte es jemals einen Wettbewerb der schönsten Plattenbauten der Welt geben, die Außenbezirke Kiews hätten reelle Chancen auf den Titel. Vom Hauptbahnhof war es dann zum Glück nur noch ein knapp 20-minütiger Fußmarsch zu unserem Hostel. Wobei das eine sehr euphemistische Bezeichnung für die Kiste war. In einem spärlich sanierten Altbau gelegen, wurden einfach zwei nicht wirklich zusammenhängende Wohnungen zu diesem „Hostel“ umfunktioniert und dummerweise war der Betreiber auch zu doof zum Buchen, bzw. hat absichtlich überbucht. Jedenfalls standen vier müde deutsche Invasoren vor dieser Tante und die hatte nur noch zwei Betten frei. Ihr Problem, nicht unseres, schließlich hatten wir vorab bezahlt. Ohne viel Federlesens schmissen wir sie aus ihrem Privatraum, schleppten noch ein paar Matratzen quer durch das Treppenhaus und so verbrachten zwei von uns die Nacht halt auf dem Boden. Wo die „Managerin“ von dem Ding letztlich gepennt hat, entzieht sich unserer Kenntnis, war uns in dem Moment aber auch komplett wurscht, denn wir schliefen direkt ein.
Madame, die am Vorabend durchaus etwas pissig auf uns war, hat eingesehen, dass sie ihren Chef dafür anscheißen muss und war so nett, uns ein Taxi zu bestellen. Ein recht neuer, dennoch hoffnungslos verbeulter Dacia Logan fuhr vor und Georgi stieg aus. Georgi war unser Taxifahrer, der uns zum Busbahnhof chauffieren sollte. Eigentlich war das kein Mensch, sondern ein Octopus. Dass aus dem Radio klischeebehaftet irgendein osteuropäischer 90er-Jahre-Popdudelkram klimperte, war eine Selbstverständlichkeit. Dass Georgi aber gleichzeitig sein Butterbrot auf dem Schoß hatte, mit der rechten Hand das Funkgerät bediente, mit der linken Hand mit Handy am Ohr telefonierte, sich dabei auf dem Sitz hin und her bewegte, um trotz des amtlichen Steinschlags mitten in seinem Sichtfeld noch irgendetwas sehen zu können UND gleichzeitig noch mit 70 km/h durch Kiews Schlaglöcher bolzte… das nötigte mir irgendwie Respekt ab.
Der Kiewer Busbahnhof sieht genauso aus, wie man sich so ein Etablissement in einer Hauptstadt des gescheiterten Sozialismus vorstellt. Und dank Google Street View weiß ich, dass sich auch im Jahr 2019 noch nichts am Erscheinungsbild dieses Ortes verändert hat. Umso erstaunter waren wir, als ein funkelnagelneuer fünf-Sterne-Reisebus vorfuhr. Dieser entpuppte sich auch im Innenraum als mehr als aushaltbar für fünf Stunden Busfahrt und auch hier wieder eine Landung im osteuropäischen Klischeetopf: Wirklich jede Mutti in diesem Gefährt bot uns irgendwas zu Essen an. Wir versnobten Westgören hatten leider nix zum Tauschen bei und so konnten wir es mit unserem Gewissen nicht vereinbaren, einfach irgendwas zu nehmen, ohne eine Gegenleistung zu erbringen.
Diese „Autobahn“ von Kiew nach Charkow verbindet immerhin zwei Millionenstädte. Das Ding war ein Witz! Und hier sollte ein Jahr später die EM stattfinden? Alter Vatter… Die Schlaglöcher auf dieser größtenteils einspurigen Straße waren mit ‚Krater‘ noch sehr wohlwollend umschrieben, aber dafür konnte man an den wenigen Zwischenstopps, die der Bus einlegte, sehr günstig Getränke kaufen. Auch für verwöhnte Westgören nicht unbedingt gewöhnlich waren die Toiletten. Man musste einen kleinen Obolus bei der Empfangsdame zahlen, bekam dann abgezähltes Klopapier ausgehändigt, ging in seine Kabine…und dann war da ein Loch im Boden. Schon anders irgendwie, dieses Land.
Merkte man auch in Poltawa direkt, denn der Bus hielt am Stadtrand an so einer Art Umsteigeplatz. Nicht asphaltiert, nur etwas Kies und Sand zeugten von einer Art Gehweg. Immer, wenn ich seitdem nach dieser Stadt gefragt werde, antworte ich „das ist sowas wie das Magdeburg der Ukraine.“ An diesem Umsteigeplatz, der Holländer würde es wohl Transferium nennen, treffen sich Fernbusse und lokale Buslinien, sodass man für eine schmale Mark direkt mit dem überfüllten und überalterten Bus – müsste so ein ungarischer Ikarus gewesen sein – direkt ins Zentrum fahren konnte. Also „Zentrum“. Ja nee, Poltawa ist immer noch hässlich und wenn die Sowjets städtebaulich was konnten, dann genau zwei Sachen: Erstens das Metronetz in der Innenstadt Dreiecksförmig bauen und zweitens eine riesige Magistrale quer durch die Stadt ziehen, an der sich alles abspielt. Hatte für uns den Vorteil, dass das Sightseeing weitgehend flach fiel, wir nur kurz eine Runde durch den Park und am angrenzenden Stadion drehten und uns dann zum zentralen Treffpunkt der 96er begaben. Hier lungerten ca. 400 Leute rum, die Stimmung war uns da allerdings irgendwie zu merkwürdig, Gerüchten zufolge sollen auch irgendwelche einheimischen Hools unterwegs gewesen sein, und so begaben wir uns auf Nahrungssuche. Diese wurde jäh durch einen Autokorso (vor dem Spiel!) unterbrochen, der von einem schwarzen SUV der örtlichen Polizei angeführt wurde. Aus dem Fenster dieses SUV hing tatsächlich ein Bulle und schwenkte eine Vereinsfahne. Props dafür.
Wir wurden schließlich ein Häuserblock weiter fündig und landeten in der Kellerbar des einzigen Nobelschuppens der Stadt. Dort habe ich für ca. 4€ die beste Pizza meines Lebens gegessen. Spätere Kontaktversuche via Mail mit der Bitte mir das Rezept zu verraten verhallten leider unbeantwortet. Netterweise konnten wir auch unser Gepäck dort für die Dauer des Spiels lagern.
Am Stadion trennte sich unsere Reisegruppe, während die eine Hälfte auf der Pressetribüne Platz nahm (tja, Praktikantin bei 96 müsste man sein), trollten wir uns in den Gästeblock, vor dem wir wieder von fies dreinblickenden und mit MG bewaffneten Militärpolizisten beäugt wurden. Schon irgendwie anders dieses Land. Wir sahen ein wirklich furchtbares Spiel, das immerhin mit 2:1 gewonnen wurde und dank Kontinentalklima wurde es sehr schnell sehr kalt. Auch Ende September. Viel faszinierender fand ich aber sowieso, wie die gesamte Gegengerade scheinbar choreographiert 90 Minuten lang Sonnenblumenkerne futterte. Nach der obligatorischen Blocksperre holten wir unsere Taschen und begaben uns zum Bahnhof. Dort sollte uns der Nachtzug mit Schlafabteil nach Kiew zurückbringen. Platzgenaue Reservierung konnte die Deutsche Bahn damals noch nicht. Die Ukrainische Bahn schon. Der Zug hielt in Poltawa geschlagene 20 Minuten und die waren auch nötig, denn um an diesem ca. 600 Meter langen Koloss den richtigen Waggon und das richtige Abteil zu finden, nachts auf einem finsteren Bahnhof, musste man schon einiges Geschick aufbringen.
Auf die Minute pünktlich erreichten wir gute 6 Stunden später (für 300 km. Man hat ja Zeit.) den Kiewer Hauptbahnhof. Auf einem angrenzenden Wochenmarkt wurde sich etwas Nahrung gesichert, aber die alte und unfassbar freundliche Frau vom Marktstand wollte um’s Verrecken kein Trinkgeld. Sie hat auch nicht verstanden, dass wir diese Ukrainischen Hriwna nun wirklich nicht mehr brauchen würden.
Nun noch ab in den Bus und zurück zum Flughafen, wo nicht nur einige 96-Fans, sondern auch die Mannschaft nebst Cheftrainer Mirko Slomka auf verschiedene Fluggeräte warteten. Folgender Dialog ist daraus überliefert. Slomka: „Na Jungs, gute Rückfahrt gehabt?“ Fan: „Ja sicher!“ Slomka: „Glaub ich euch. Ihr habt ja unterwegs auch jede Tanke leergesoffen!“ In Riga hatten wir dieses Mal nur eine Stunde Aufenthalt und am späten Nachmittag erreichten wir wieder Hamburg.
Diese Tour wurde damals im Rahmen von 96.tv übrigens filmisch begleitet. Leider damals nur als Abonnent und jetzt irgendwie gar nicht mehr zu sehen. Ich werde mal bei 96 anfragen, ob die das noch irgendwo rumliegen haben.
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Starker Bericht, sehr interessant.
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Fußball ist ja scheiße. Diese Erkenntnis kommt nicht neu, aber da man jetzt nicht mal mehr Fußball gucken kann, hab ich mich mal wieder etwas intensiver mit meiner Kamera beschäftigt und bin auf der Suche nach geilen Motiven an der Mosel hängen geblieben. „Da musste mal hin“ dachte ich mir. Praktischerweise fiel mein einwöchiger Urlaub in die erste Regenfront seit gefühlt drei Jahren, mehr als ein Tagesausflug in den nahe gelegenen Duisburger Landschaftspark war nicht drin. Laut Wetterbericht hatte ich nur eine Chance und zwar am Sonntagmorgen. Es sollte schließlich der Sonnenaufgang über der Moselschleife in Bremm (Calmont) fotografiert werden. Freitagmorgen las ich zufällig im Forum, dass Kuzze ganz böse Midlife Crisis hat und ihm zuhause die Decke auf den Kopf fällt. Da könnte ich ihn doch mal fragen, ob er Bock hätte, mich zu begleiten. Allerdings habe ich ihm direkt gesagt, dass ich ihm keinesfalls das Ziel der Reise verraten würde. Er soll nur nicht mit den letzten auseinander fallenden Chucks auftauchen und ein Sitzkissen mitnehmen. Bomber hatte auch Interesse an der Aktion und somit waren wir zu dritt, als ich am Sonntagmorgen um 1 Uhr bei Kuzze auftauchte. Natürlich habe ich versucht, vorher ein paar Stunden zu schlafen. Natürlich hat das nicht funktioniert. Dafür hatte ich auf der Hinfahrt den ekelhaftesten Energy-Drink der Menschheitsgeschichte geöffnet – und nach einer Geruchsprobe direkt in den nächsten Gully befördert. Meine Gäste waren beide vorbildlich warm gekleidet und hatten je ein Sixpack Bier dabei. Natürlich. Dies verlieh Bomber zusammen mit dem Transportvehikel, einer Plastiktüte, und seiner blau-weißen Schalke-Mütze eine gewisse obdachlose Aura. Sobald sie Platz genommen hatten wurde auch schon fleißig versucht, die Destination zu erraten, selbst das Navi wurde dafür missbraucht. Natürlich nicht ohne meinen Hinweis, so’n fettes Display mit den Restkilometern und der Ankunftszeit mitten in der Mittelkonsole kann man ja offenbar schon mal übersehen. Aber Kuzzes Augen sollten für uns noch den einen oder anderen Spaß bereithalten. Bomber war felsenfest davon überzeugt, dass wir zur Loreley fahren würden, denn da war er schon mal. Aha.
So langsam kam Kuzze dem Braten näher, versuchte aber dennoch gegen halb 3 Uhr nachts an weitere Informationen zu kommen, indem er kurzerhand Hannoi anrief. Der war zwar von mir eingeweiht, schaltete aber schnell genug (einer seiner wenigen, lichten Momente) und führte Kuzze gekonnt in die Irre. 20 km vor dem Ziel machten wir eine letzte Pinkelpause. Kuzze war auf der gesamten Hinfahrt nur zweimal austreten. Ich verneige mich vor dieser Leistung. Während der letzten Pause standen wir fünf Minuten auf einem Parkplatz und kein einziges Auto fuhr in der Zeit über die Autobahn. Willkommen in Rheinland-Pfalz! Die nächsten 20 Kilometer ging es dann über teils abenteuerliche Straßen mit bis zu 20% Gefälle in das kleine Kuhdorf Bremm. Dies liegt direkt an der Mosel und zwar an der zweitengsten Moselschleife, nur 400 Meter breit ist die Landzunge an dieser Stelle. Weiterhin bedeutsam ist die Tatsache, dass hier ein Berg namens Calmont steht, der an dieser Stelle quasi senkrecht auf 380 Meter ansteigt, während die Mosel direkt darunter nur auf 80 Metern fließt. Von dort oben wird man also eine fantastische Aussicht haben. Obelix gefällt das. Und diese Verrückten bauen hier tatsächlich Wein an! Die Hänge im Calmont sind bis zu 65 Grad steil und – Obacht, unnützes Wissen – somit eine der steilsten Weinlagen der Welt. Mit konventionellen Fahrzeugen kommt man bei der Weinlese natürlich nicht weit, dafür haben die Winzer sich so Art Zugvorrichtungen in den Hang gebaut, mit denen die Trauben abtransportiert werden. Das Ganze besteht aus einer metallenen Schiene, die im Hang verbaut ist und der Transportschlitten besteht dann aus einem Schalensitz wie im Stadion, einem Motor und einer Ladefläche bestehen. Schaut ein bisschen aus wie ein Gerät, mit dem sich Evil Knievel in die Erdumlaufbahn befördern lassen könnte. Die Mosel entspringt in den französischen Vogesen und mündet nach 544 Kilometern am Deutschen Eck in Koblenz in den Rhein. Sie ist eine der verkehrsreichsten Wasserstraßen Europas. Auch geklärt wurde an diesem Morgen, warum Namen von Flüssen größtenteils weiblich sind. Na klar, das kommt aus dem Französischen – „Made Moselle“ *ba-dumm-tss*Tjaha… Landschaftsfotografie ist 70% Planung und 30% Zufall. Zum Beispiel kann man ja den Sonnenstand planen, oder auch mit Google Earth vorher einen groben Überblick über den Blickwinkel erhalten. Oder bei den Google Bewertungen zu dem nahe gelegenen Aussichtspunkt lernen, dass man ruhig mit dem Auto ganz ranfahren kann und die dort stehenden Verbotsschilder für die lokale Bevölkerung eher beratenden Charakter haben. Leider hat mir niemand verraten, dass für den Versuch dort raufzufahren ein SUV von Vorteil sein könnte und so musste ich mich letztlich mit einem Spot etwas unterhalb und etwas weiter südlich meines Optimums zufrieden geben. Hätte auch geklappt, wenn wir nicht schon 5 km vor dem Zielort ein massives Problem gekriegt hätten: Nebel mit Sichtweiten von unter 10 Metern! Machte das Fahren über die örtlichen Serpentinen bei dieser weißen Wand durchaus noch Laune, ist Nebel für einen photographisch festzuhaltenden Sonnenaufgang eher unbrauchbar denn der Himmel ergraute zwar schneller als George Clooney, aber es wollte so gar nicht mehr aufhellen.
Wir fuhren mit dem Auto also mitten in den Weinberg, parkten kurz fluchtbereit in Fahrtrichtung, falls Axtmörder oder schlecht gelaunte Bauern auftauchen würden und ich machte ein Testfoto, um in der stockdusteren Umgebung etwas erkennen zu können. Passt soweit, wir müssen nur ein Stück höher. Oh, ein Trampelpfad, also schön hoch da. Da ich eine faule Sau bin, packte ich die Kamera bei der Kletteraktion natürlich nicht ein und packte mich prompt auf die Fresse. Dass der Objektivdeckel bei dem Stunt verloren ging, merkte ich erst, als ich bei der Abreise nochmal kurz den Hang düngen wollte und das Ding dabei zufällig wiederfand. Wir stellten/setzten uns also auf eine geeignete und nicht rutschige Stelle in den Hang…und warteten. Unterdessen nahm der ortsansässige Hahn um 04:30 Uhr seinen planmäßigen Dienst auf und krähte krumm und schief durch die ganze Landschaft. Kuzze wunderte sich zunächst über das Geräusch und machte ein Pferd als Störquelle aus. Bomber und ich wunderten uns daraufhin über Kuzze und tauften den Gockel kurzerhand auf den Namen Pfockel.
Wir vertrieben uns die Zeit und nutzten hervorragende Aussicht, um den Friedhof des Dorfes zu inspizieren, der direkt unter uns lag. Bomber wollte dort sogar einen Tisch und Stühle erspäht haben. Dass diese dummen Zombies auch nicht einmal wieder aufräumen können! Das wiederum rief erneut Kuzze auf den Plan, der uns vehement davon überzeugen wollte, auf dem Friedhof einen bewegenden Schatten gesehen zu haben. Der Friedhof sah mit seinen aufgereihten roten Grabkerzen und normalen weißen Kerzen ein bisschen aus wie ein Verkehrslandeplatz. Mich hätte nicht gewundert, wenn Kuzze noch ne landende Boeing gesehen haben wollte.
Aber es half ja nix, es wurde 6 Uhr, die Sonne sollte in wenigen Minuten über den Bergrücken im Westen kriechen, aber der Nebel war so dick, dass das Drecksding ums Verrecken nicht zu sehen war. Also entschieden wir uns relativ schnell, unseren Kram zusammenzupacken und wieder nach Hause zu fahren, jedoch nicht ohne einen Abstecher ins 25 km entfernte Cochem zu machen. Wenn man schon mal da ist…Aus photographischer Sicht war das bisher ein kompletter Reinfall, immerhin ein halbwegs brauchbares Bild entstand dabei.
https://500px.com/photo/101515…lmont-in-the-mist-by-Ben-
In Cochem, so meine leise Hoffnung, hätte sich der Nebel dann so weit verzogen, dass wir die Reichsburg wenigstens zu Gesicht bekommen würden. Diese thront auf einem Felsen 100 Meter über der Stadt und wurde dort Mitte des 12. Jahrhunderts als Zollburg errichtet. Nach einem privaten Wiederaufbau Mitte des 19. Jahrhunderts gehört die Burg seit Mitte des 20. Jahrhunderts der Stadt Cochem und ist öffentlich zugänglich. Die Idee erwies sich als ziemlich hervorragend, denn die Burg war nicht nur sichtbar, sondern es geisterten auch noch leichte Nebelschwaden um den Turm herum. Volltreffer!
https://500px.com/photo/1015154618/Reichsburg-Cochem-by-Ben-
Der Klassiker ist jedoch ein Punkt auf der gegenüber liegenden Seite der Mosel, weil man dort die Häuser der Uferlinie mit auf das Bild bekommt. Dort angekommen liefen bereits zwei Jünglinge der Sektion Stimmbruch mit Kamera durch die Gegend und steuerten gerade eine Drohne durch die Luft. Die beiden haben es richtiger gemacht als wir und nicht zwei Stunden in einem vernebelten Weinberg gesessen, sondern in Cochem auf den Sonnenaufgang gewartet. Das dort entstandene Bild gefällt mir nicht so gut, denn einerseits ist kein Nebel mehr drauf und andererseits habe ich den Fokus etwas verkackt.
Der Wille, noch etwas an der Mosel entlang zu fahren, war durchaus bei allen Autoinsassen vorhanden, eine nicht zu unterschätzende Müdigkeit jedoch auch. Also zogen wir von dannen und bekamen auf der Rückfahrt noch einige fantastische Ausblicke auf nebelverhüllte Täler, aber leider keine gute Möglichkeit anzuhalten. Wir sind dann noch schnell nach Maria Laach gefahren, um zu testen, ob wir irgendwie an den Laacher See herankommen, aber ohne Parkgebühren nix zu machen. Bomber meinte, den Ort schon mal irgendwo gehört zu haben. Maria laach wahrscheinlich mal auf ihm.
Auch die Rückfahrt führte uns wieder an Bonn vorbei und wie schon auf der Hinfahrt sind Parkplätze dort rar gesät. Man will halt schnell wieder weg – verständlich. Wir konnten also erst kurz vor Köln wieder zu einer kurzen Pause rausfahren und fanden uns an der räudigsten Tanke westlich der Ostukraine wieder. Da gibt’s nicht mal Sanifair, dafür hatte die Klofrau aber die gleiche Frisur wie Donald Trump. Um halb 11 war ich dann totmüde wieder zuhause. Das wird aber auf jeden Fall wiederholt. Ich muss ja eh nochmal nach Calmont, ich hab da noch ne Rechnung offen.
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