"Mein schönstes Ferienerlebnis" - Katers Spielberichte

  • Der Finaltag der Amateure wurde mir bei dem geilen Wetter am TV schnell zu langweilig. Irgendwo hier werden jawohl noch Spiele sein und – siehe da – Westfalen spielt. Also spontan das Motorhuhn gesattelt und ins 40 km entfernte Erkenschwick geritten. Dank diverser Baustellen kam ich zum Anpfiff gerade rechtzeitig. Das Kassenblag hätte ich am liebsten erwürgt, als es meine Eintrittskarte zur Entwertung fast in zwei Hälften gerissen hat und ich wollte auch gerade nach Merch fragen, als ich direkt gegenüber an der Tribüne einen Stand erblickte. Der hatte für nen Sechstligisten überraschend viel Zeug am Start, Shirts, Aufnäher, Nadeln, Schals, Bücher…


    Vor dem Anpfiff wurden noch schnell die Spieler geehrt, die den Verein verlassen werden, sie bekamen jeweils ein gedrucktes Bild überreicht. Mit Anpfiff machten auch die „Supporter“ der SpVgg Erkenschwick zum ersten Mal auf sich aufmerksam. Ein durchaus lautes „Er- Er- Erkenschwick“ hallte durch das weite Rund und tatsächlich hatten sich auf der rechten Seite der Haupttribüne ca. 40 Vollprofis mittleren Alters versammelt, die bierselig mit Anfeuerungsrufen und – zu meiner Freude – auch vermehrt mit Pöbeleien beschäftigt waren. Schals, Zaunfahnen, es hätte wirklich nur noch ein Megaphon gefehlt.
    Die erste Halbzeit war wirklich schlimm, nur das 0:1 für die Gäste aus Sinsen sollte kurz erwähnt werden. Sinsen gehörte übrigens bis in die 20er Jahre zu Oer-Erkenschwick, wurde dann aber nach Marl eingemeindet. Die SpVgg Erkenschwick erlebte ihre große Zeit Ende der 40er, Anfang der 50er Jahre, als man 10 Spielzeiten in der damals erstklassigen Oberliga West spielte und regelmäßig über 10.000 ins Stimbergstadion kamen – damals hatte Erkenschwick ca. 20.000 Einwohner. Nach einigen Jahren Pendeln zwischen Dritter und Zweiter Liga, ging’s Anfang der 80er endgültig abwärts. Die Realität heißt seit dieser Saison Westfalenliga (6. Liga) und nur noch durchschnittlich 300 Nasen verirren sich in das riesige Stadion.


    Dank des guten Wetters und der fehlenden Konkurrenz durch parallele Bundesligaspiele waren es heute ungefähr 300 Zuschauer, darunter ca. 20 aus Sinsen. Diese sahen eine deutlich bessere zweite Halbzeit, auch weil Erkenschwick nun auch mitspielen wollte. Diese liefen aber 10 Minuten nach Wiederanpfiff erstmal in einen Konter, der im 0:2 gipfelte. Nur drei Minuten später konnte Erkenschwick jedoch nach einer Ecke auf 1:2 verkürzen. Das war jedoch weitere vier Minuten später wieder Makulatur, als es dann 1:3 stand. Und wenn du Stürmer in der 6. Liga bist, nach dem Tor zum Jubeln auf den Zaun springst und einer menschenleeren Kurve zujubelst, dann hast du dir die folgende gelbe Karte auch redlich verdient. Eine gute Minute nach dem Tor brannten auf dem Zaun der Gegengeraden zwei Bengalos und ein blauer Rauchtopf. Den Grund dafür konnte ich nicht erkennen.


    Hoch her ging’s nun hüben wie drüben, denn wiederum keine drei Minuten später flog ein fulminanter Schuss auf das Tor der Gäste, der jedoch mit einer fantastischen Parade auf der Linie entschärft wurde. Dummerweise nicht vom Torwart, sondern vom Verteidiger. Sinsen somit nur noch zu zehnt und Erkenschwick mit einem Handelfmeter, der vom Zehner (Statur wie Ailton, Frisur wie Attila der Hunne) eiskalt verwandelt wurde. Gut 10 Minuten vor Schluss – die Hausherren warfen mittlerweile alles nach vorne – wurde ein eher stümperhaft vorgetragener Konter der Gäste doch noch mit dem 2:4-Endstand belohnt. Das letzte Schmankerl hat sich jedoch der Torwart der Gäste aufgehoben: In der Nachspielzeit sank er plötzlich, vor Schmerzen schreiend und ohne ersichtlichen Grund zu Boden. Ein Stürmer von Erkenschwick kam wild pöbelnd auf ihn zugestürmt und plötzlich konnte auch der Keeper wieder laufen, denn er sprang auf und rannte nun seinerseits wild auf den Stürmer zu. Der nachfolgende Schuss aus 50 Metern verfehlte sein Ziel leider nur knapp, denn der Ball war während der gesamten Szene im Spiel.

    Nanakorobiyaoki

  • Sehr verehrte Leserschaft, lesen Sie nun Teil 2 des Fortsetzungsromans „wie zwei deutsche Trainer die Weltherrschaft an sich reißen wollten…“


    Kurze Retrospektive in den September 2017: „Eigentlich solltet ihr hier jetzt eine Geschichte von zwei Welttrainern lesen, die auszogen, um ein Stück deutsche Fußballkultur in die entlegenen Provinzen Europas zu bringen; Thomas Doll und Michael Oenning! Der von Oenning trainierte Vasas FC, ein Stadtteilklub aus Budapest, musste bei Ferencvaros antreten, trainiert von Thomas Doll. Da ich eigentlich in Ungarn im Urlaub sein wollte, hatte ich mir dieses Spiel auf meine Agenda gesetzt.“


    Wie der Zufall es so will, stand nun für Mitte Mai endlich der langersehnte Urlaub in Ungarn an und wie der Zufall es noch weiter will, spielt man in der Nemzeti Bajnoksag, der ersten Liga Ungarns eine Dreifachrunde. Heißt, es gibt 12 Mannschaften und jede Mannschaft spielt 3x gegen jede andere. Noch mehr Zufall war dann, dass tatsächlich genau an dem Abend der immer noch von Oenning trainierte Vasas FC gegen den immer noch von Doll trainierten FTC aus dem Stadtteil Ferencvaros antreten musste. Na sowas!


    Aus meinen Recherchen im September und dank der Hilfe einiger Hopping-Gruppen auf Facebook wusste ich, dass man gerade für’s Spiel beim FTC schon früh Karten kaufen sollte. Fradi, wie man den Verein eigentlich in ganz Ungarn nennt, hat nämlich ein sehr spannendes System samt verpflichtender Registrierung, auf das ich im Stadiontest schon eingegangen bin.


    So ging es am Samstag recht früh gen Budapest, um eben diese Kartensache zu klären. Dort kam ich gegen 10:30 an und suchte mir unter einer Schnellstraßenbrücke einen netten Parkplatz. Parke wie ein Einheimischer… kennt man. ;) Natürlich standen nirgendwo Schilder, wo man nun irgendwas beantragen musste und so stellte ich mich erstmal am Ticketschalter an. Gut, dass es um 10:30 schon 25°C hatte und gut, dass ich nicht aussehen wollte, wie der letzte Touri-Horst und daher die lange Hose am Start hatte. Profis am Werk…


    Der Mann am Ticket-Schalter sagte mir dann, dass ich erst die Karte beantragen müsste, das ‚Registration Office‘ wäre direkt im gleichen Gebäude. Aha?! In diesem doch überschaubar großen Kassenhäuschen war etwas entfernt noch ein zweiter Schalter, der dürfte aber seit Monaten nicht mehr in Benutzung sein, denn das Fenster gab den Blick auf ein zweckentfremdetes Büromaterial-Lager frei. Ich beschloss daraufhin, mal zum Fanshop zu latschen, vielleicht wissen die dort mehr. Der war natürlich am anderen Ende des Stadions, auf dem Weg dorthin kam ich aber an einer riesigen Adler-Statue aus Metall vorbei, die vor dem Haupteingang stand und vor der Touristen fleißig Selfies machten. Im Fanshop suchte ich mir erstmal wen, der der englischen Sprache mächtig war und geriet an zwei kichernde Teenies. „Mächtig“ waren sie der Sprache nicht unbedingt, Ahnung hatten sie auch keine und nach Rückfrage mit irgend nem anderen Shop-Mokel versicherten sie mir, dass es DAS Gebäude dort am Kartenschalter sein soll. „Aber da ist keine Tür!“ „Doch, da ist eine.“ „Ah, ja. Dann schaue ich nochmal.“


    Da ich dann eh gerade im Fanshop war, konnte ich auch gleich nach neuem Krempel Ausschau halten und so wechselten noch knapp 6,50€ für ein Glas den Besitzer und ich hab was neues für die Sammlung. Der Shop erfüllte durchaus westeuropäische Ansprüche (nicht so wie der Marktwagen später), die Preise waren – im Gegensatz zu den Ticketpreisen – aber auch sehr westlich.


    Also bin ich wieder zurück zu diesem Ticketoffice getigert und siehe da – dort sind ja Türen. Props für den Architekten, der diese Türen ohne Griff versehen hat (wie an so Autobahnklos diese Metalltüren zum Aufstoßen) und die Türen dann noch im gleichen Stil gebaut hat, wie die Fassade drumrum. In diesem Registrierungsbüro saßen insgesamt fünf Mitarbeiter und haben fleißig Anträge bearbeitet. Antragsformular ausfüllen, Foto machen, Hand scannen und 1.500 Forint bezahlen. Eintragung einer Galeere? Oh, da sind Sie hier falsch. Wenden Sie sich an die Hafenkommandantur unten im Hafen.


    Nach dieser Prozedur konnte ich mich dann abermals draußen in die Mittagshitze stellen und nach ca. 15 Minuten habe ich dann sogar eine Karte in meinen Händen gehalten. Das war so ein erhabenes Gefühl, wie das Bestehen des Seepferdchens, oder ein erfolgreich geflickter Fahrradschlauch bei absoluter handwerklicher Unbegabtheit.


    Nun war’s aber doch erst halb 12 und erst um 17 Uhr wollte Ujpest anpfeifen. Warum also nicht etwas Stadion-Sightseeing machen, gibt ja genug Erstligisten in Budapest. Erste Adresse war Honved, das im äußersten Südosten im Stadtteil Kispest spielt. Auf dem Weg dorthin passierte ich das eigentliche Vereinsgelände von Fradi, ein imposantes Areal von 20 Hektar Größe, das direkt an den großen Nepliget-Park angrenzt. Danach wandelte sich das Bild recht schnell und die nächsten 5 Kilometer gurkte ich durch hässliche Randbezirke. Immerhin gab’s für den Straßenbahn-Nerd in mir noch einige der alten hannoverschen TW 6000 zu sehen, wenn auch in gewöhnungsbedürftigem Postgelb. Nach schier endloser Gurkerei durch die Vorstadt kam ich endlich an der Puskas-Ferenc-Straße an, an der das Boszik-Joszef-Stadion des FC Honved liegt.


    Unnützes Wissen: Der Ungar schreibt/sagt bei Namen grundsätzlich erst den Familien- und dann den Vornamen. Das tut er aber nur bei ungarischen Namen, internationale Namen werden „normal“ geschrieben. Aus Justin Timberlake wird also nicht plötzlich Timberlake Justin.


    Ferenc Puskas muss ich sicher niemandem mehr vorstellen, Joszef Boszik war ebenfalls Mitglied der Goldenen Elf der WM’54 und beide entstammen der Jugend von Honved, die damit ihren nationalen Ruf als exzellente Jugendakademie, den der Verein bis heute bewahren konnte.


    Als ich so an der Straße Ausschau nach einem Parkplatz hielt, fiel mir auf dem Stadiongelände eine stattliche Meute auf, die an einem B-Platz herumstand. Ich beschloss, die Parkplatzsuche etwas zu beschleunigen und mal einen Blick zu riskieren. Zuerst wunderte ich mich jedoch über die vielen Blumenläden dort an der Straßenecke, aber hinter dem Stadiongelände liegt direkt ein großer Friedhof. Der Haupteingang des Stadions stand offen und die Kassenhäuschen waren ebenfalls geöffnet. Wollen die nun Eintritt nehmen, oder läuft hier der Vorverkauf für Ligaspiele? Egal, der Ordner da an der Zufahrt wird’s schon wissen. Mit Händen, Füßen und dem Google Übersetzer versuchte ich ihn zu fragen, ob man für das Spiel da jetzt Eintritt bezahlen muss. Erst glaubte er, dass ich Karten für das Spiel gegen Fradi am nächsten Wochenende kaufen wolle, aber als ich mein Vorhaben präzisierte, schaute er mich ungläubig an. Ja, da rein wollte ich gerne. Er ließ mich passieren, sagte mir vorher aber noch schulterzuckend, dass es sich um ein Jugendspiel handeln würde, was ich ebenso schulterzuckend quittierte.


    Ich dachte schon, ich hätte die goldene Arschkarte, weil auf dem schmucklosen (aber mit amtlichem Flutlicht ausgestatteten) B-Platz gerade Abpfiff war, aber irgendwie bewegte sich die Meute Richtung Stadion und da ich ja eh schon mal da war, konnte ich auch direkt ein paar Fotos vom Stadion machen. Was soll ich sagen, Glück ist entweder Geschick, oder das Ergebnis mangelnder Vorbereitung. :D Machten sich auf dem Rasen des Stadions doch gerade zwei Mannschaften warm.


    Das Stadion unterscheidet sich in fast allen Belangen von der modernen Arena bei Fradi. Umgeben von alten Industrieanlagen und riesigen Plattenbausiedlungen steht dort ein Stadion alt-osteuropäischer Bauart. Eine verrostete Anzeigetafel thront über einem verrosteten Marathon-Tor, die ehemalige Aschebahn wurde schon längst vom Unkraut zurückerobert und über allem thronen vier wunderschöne dreibeinige Flutlichtmasten. Die „Asche“bahn wird von einer niedrigen Hecke von der Tribüne getrennt. Diese läuft um das ganze Stadion herum, wobei die Ecken der Gegengeraden mit Stehplätzen (insgesamt 4.000) in die Kurvenmitte gezogen wurden. Die Gegengerade und der Rest der Tribünen sind mit schwarz-roten Sitzschalen ausgestattet. Die Haupttribüne wird von einem gewaltigen Oberrang gekrönt, der als Einziges überdacht ist, bei meinem Besuch abgesperrt war, was aber niemanden der ca. 120 Besucher interessierte, der auf der Suche nach einem schattigen Plätzchen war. Eine gewaltige rote Stahlträger-Konstruktion trägt das nicht weniger eindrucksvolle Wellblech-Dach der Haupttribüne, auf der rund 1.200 Zuschauer überdacht sitzen können. Insgesamt hat das Stadion 5.500 Sitzplätze, also rund 9.500 Plätze.


    Bis zum Anpfiff sollten noch einige Minuten ins Land ziehen, Zeit genug, um herauszufinden, was für ein Spiel ich mir denn überhaupt angucke. Die Gäste spielten in grünen Trikots, dank Kamerazoom konnte ich das Wappen des ETO Györ entziffern. Die Honved-Homepage schwieg sich leider aus, auf der von ETO erfuhr man dann aber, dass ein U17-Spiel zwischen Honved und ETO ansteht. Nun denn – Sport frei! Selten räudiger nen Länderpunkt abgeräumt…


    Zu Beginn zeigten die Spieler eine Art Sportlergruß, bei dem ein Arm zum Boden geführt und dann senkrecht in die Luft gestreckt wurde. Für einen deutschen Beobachter, nun ja, etwas befremdlich. Das Spiel an sich war sogar recht ansehnlich, auch weil beide sich nicht groß auf’s Verteidigen beschränkten, sondern mit offenem Visier loslegten. Dabei spielte der Gast aus der nordungarischen Stadt durchaus gut mit, vergab jedoch auch beste Chancen. Zumindest bis zur Minute 15, da erzielte Honved das 1:0 und ab da spielte nur noch die Heimmannschaft. Und wären die nicht so unfassbar blind da vorne gewesen, das Spiel wäre nicht 4:0 ausgegangen, sondern mindestens 8:0. Aber unterhaltsam war’s durchaus. Das konnte man vom zweiten Spiel des Tages leider nicht behaupten, aber später mehr davon. Zuerst machte ich mich von dannen, grüßte beim Abgang noch kurz den immer noch verwundert schauenden Ordner und staunte über die Größe Budapests. Das zweite Spiel sollte mich nämlich nach Ujpest führen, das liegt im Nordosten der Stadt. Luftlinie 15 km, Straße 30 km. Da genug Zeit vorhanden war, entschied ich mich nicht für die kürzeste Route, sondern für die schönste direkt an der Donau entlang. Der Weg dorthin führte mich nochmal an der Arena vorbei und ich machte dabei eine Entdeckung, die mir später noch den Arsch retten sollte: Durch Zufall erblickte ich ein Schild, das einen Parkplatz für Fradi auswies. Da sich die Homepage über Parkmöglichkeiten ausschwieg, auf Hopperseiten bei Facebook vorher Wildparken und Strafe zahlen-Erlebnisse ausgetauscht wurden und ich nach Abpfiff bei Ujpest nur 40 Minuten Zeit haben würde, um 1x quer durch die Stadt, bis in meinen Block zu kommen, hielt ich kurz an und notierte mir die Adresse. Weiter ging es durch die beeindruckende Innenstadt an Tourimassen vorbei, die die zahllosen Donauschiffe für Ausflüge nutzten, in den Stadtteil Ujpest. Nordöstlich gelegen, von Arbeitern geprägt, fand sich das Szusza-Ferenc-Stadion inmitten eines Wohngebiets. 2 Stunden vor dem Spiel war dort noch überhaupt nichts los, der Stand mit den Sonnenblumenkernen war zwar schon aufgebaut, aber noch nicht besetzt. Ich machte mich nach erfolgtem Kartenkauf auf die Suche nach einem Fanshop, aber der in der Haupttribüne scheint schon etwas länger geschlossen. Pünktlich dazu fuhr auf dem Vorplatz so ne Art Marktwagen vorbei. Der hatte nicht das komplette Sortiment (die haben auch Gläser. Ich weiß es!), aber immerhin nen recht günstigen Schlüsselanhänger gab’s. Im Stadion war ich tatsächlich der Erste und das sollte sich bis zum Anpfiff nicht wirklich viel vermehren. Erste Liga, übrigens. Details zum Stadion gibt’s später an anderer Stelle. Der Verein Ujpest FC, bzw. der Stammverein Ujpest TE wurde 1885 gegründet und ist der älteste, noch bestehende Verein des Landes. Und einer der Erfolgreichsten, denn neben vielen erfolgreichen Olympioniken hat die Fußballmannschaft 20 Meisterschaften und 9 Pokale gewonnen. Die wirklich großen Zeiten sind aber etwas her, die letzte Meisterschaft konnte 1998 gefeiert werden und die goldene Ära von Ujpest war in den 70ern, wo man von 10 Meistertiteln 8 erringen konnte. Als ganz besonders goldener Jahrgang gilt die Mannschaft von 1978, die in der Saison die Liga nach Belieben dominierte und zur Feier des 40-jährigen Jubiläums beim heutigen Spiel in der Halbzeit für eine Ehrenrunde eingeladen wurde.


    Gegner war ein absoluter Quatschverein aus der Provinz, der Puskas Akademia FC. Der alte Ferenc würde sich wahrscheinlich im Grabe umdrehen, wüsste er von diesem Projekt. Der PAFC ist ein Jugendteam/Farmteam des FC Videoton (noch so ein bescheuerter Name) aus der Königsstadt Szekesfehervar. Die gründeten im Jahre 2005 die Puskas Akademia als Nachwuchsteam und brachten aus irgendwelchen Gründen auch eine Ligamannschaft an den Start. Eher versehentlich stiegen die immer weiter auf, ehe man sich plötzlich 2013 zum ersten Mal in der höchsten Spielklasse wiederfand. Diese Retortentruppe stammt aus dem 1.800 Seelen-Nest Felcsut und hat einen durchaus interessanten, wie unsympathsichen Fakt aufzuweisen: Felcsut ist Heimatort von Ministerpräsident Viktor Orban, der auch sogleich die Präsidentschaft der Puskas Akademia übernommen hat. Also ein absolut überflüssiger Verein, der erwartungsgemäß keine Fans mit nach Budapest gebracht hat. War wohl auch besser so, denn die nur 2.040 Zuschauer sahen ein furchtbares Fußballspiel, das in der ersten Halbzeit überhaupt keine Torchancen zu verzeichnen hatte. In der zweiten Halbzeit wollte Ujpest dann doch mal Fußball spielen, machte etwas Druck und lief prompt in den Konter zum entscheidenden 0:1. Aufgrund meiner Zeitknappheit bis zum nächsten Anpfiff, schaute ich mir dieses gruselige Schauspiel auch nur bis zur 66. Minute an und machte mich dann auf den Weg zurück zur Groupama Aréna. An alle Die-Hard-Groundhopper, die mich jetzt deswegen anpöbeln wollen: Fickt euch!


    Der am Mittag gesichtete Parkplatz erwies sich als kostengünstiger und bewachter Volltreffer nur 2 Minuten vom Stadion entfernt. Den Block erreichte ich sogar pünktlich zur Vereinshymne und das Spiel entschädigte für vieles. Vasas ist in der Nähe von Ujpest beheimatet, nutzt auch deren Stadion für die Heimspiele und ist ein alter Eisen- und Stahlarbeiterverein. Vasas hatte sogar auch eine goldene Ära, in den 60ern gewann man 4 der 6 Meisterschaften und insgesamt konnte man 4x den Pokal gewinnen. Im Wasserball hingegen (in Ungarn recht populär) ist Vasas ein echter Top-Verein mit 18 Meisterschaften und 5 Europapokal-Gewinnen.


    Fradi ist DER Verein in Ungarn, 29 Meisterschaften, 23 Pokalsiege, 2 Europapokalsiege. Und seit mittlerweile 5 Jahren von Thomas Doll trainiert. Der sah aus, wie Doll halt immer aussieht, sein Gegenüber, Sportskamerad Michael Oenning sah mit seiner Shorts und seinem weißen Poloshirt aus wie ein fetter Tennistrainer. Auch einige Deutsche haben den Weg in die Liga gefunden. Bei Vasas spielt Felix Burmeister aus der 96-Jugend und bei Fradi Janek Sternberg (Werder) und Julian Koch (Duisburg/Dortmund).


    Vasas steckt in akuten Abstiegsnöten, während Fradi sich einen Zweikampf mit Videoton um die Meisterschaft liefert. Das merkte man von Beginn an auf dem Platz, denn Fradi legte furios los und erspielte sich in der Anfangsphase eine Vielzahl von Chancen, die alle knapp vergeben wurden. Nach ca. 30 Minuten verstand auch Vasas, dass sie hier keine Chance haben würden und beschränkte sich in der Folge darauf, den Spielfluss von Fradi mit Fouls, Schwalben und Schauspielerei tüchtig zu unterbrechen. Hat sogar halbwegs funkioniert, denn der Schiedsrichter fiel gnädigerweise drauf rein. Fradi auch in der Folge die viel aktivere Mannschaft, gerade die beiden Flügelflitzer Paintsil und Amadou brachten immer wieder Panik in die Vasas-Abwehr, aber dieses Tor wollte um’s Verrecken nicht fallen. Vasas hingegen fiel einfach weiter um. Aber auch dem Schiedsrichter wurde das irgendwann zu böld, er fand auf seine Art Genugtuung: Spät in der zweiten Halbzeit fiel die Nr. 77 von Vasas und hielt sich das Gesicht. War natürlich nix. Nachdem er schon ungefähr ne Minute (ohne Übertreibung) auf dem Feld behandelt wurde, wurde er endlich runtergebeten. Als er wieder drauf wollte, hat der Schiedsrichter ihn einfach die Minute, die er auf dem Rasen lag, draußen an der Seitenlinie versauern lassen. Diese ganze Aktion rief das Stadion auf den Plan, auch auf der Tribüne saß nun keiner mehr und jeder pöbelte wild hin der Gegend herum. Späte Genugtuung sollte es in der 90. Minute geben, als eine Ecke von Fradi nur halbherzig geklärt wurde und der Nachschuss irgendwie zum überfälligen 1:0 im Tor lag. Aber auch Fradi hatte im Spielverlauf schon ein paar Nachlässigkeiten in der Abwehr gezeigt und – noch im Eindruck des Torjubels – spielte man etwas Pingpong in der Abwehr und fing sich mit dem Schlusspfiff direkt das 1:1. Ausgerechnet durch die blöde 77!

    Nanakorobiyaoki

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    Ferenc Puskas muss ich sicher niemandem mehr vorstellen, Joszef Boszik war ebenfalls Mitglied der Goldenen Elf der WM’54 und beide entstammen der Jugend von Honved, die damit ihren nationalen Ruf als exzellente Jugendakademie, den der Verein bis heute bewahren konnte.


    ...


    "Boszik, immer wieder Boszik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Helmut Rahn schießen .... Rahn schießt ... "



    Schöner Bericht! Und übrigens: Hajra MTK!

  • Das hatte ich gestern tatsächlich nicht mehr auf'm Schirm, dass der an genau dieser Szene beteiligt war.

    Und übrigens: Hajra MTK!

    Sieht ja grade nicht so gut aus. Ganz schöne Fahrstuhlmannschaft geworden in den letzten Jahren. Und was haben die sich bitte bei ihrem Stadionneubau gedacht? Das sieht ja überragend aus. ;D

    Nanakorobiyaoki

  • "Boszik, immer wieder Boszik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Helmut Rahn schießen .... Rahn schießt ... "

    und was passiert dann? :amkopfkratz:

    Du wirst koana vo UNS

    In a world of compromise....Some don’t.


    Hängt die Nazis solange es noch Grüne gibt!

  • "Boszik, immer wieder Boszik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Helmut Rahn schießen .... Rahn schießt ... "

    und was passiert dann? :amkopfkratz:


    Grosics die Pantherkatze der Ungarn hat gehalten und die Magyaren wurden Weltmeister. 5 deutsche Spieler wegen Dopings lebenslang gesperrt und Helmut Rahn führte ein glückliches Leben in der Bedeutungslosigkeit. Deutschland war nicht wieder wer in der Welt weswegen die Atombewaffnung als Ausgleich her musste. 1962 ging in der Plutoniumsaufbereitungsanlage nahe Bad Tölz einiges schief weswegen ein nuklearer Fallout halb Oberbayern mit München verseuchte.
    Die Bayern stiegen nie in die Bundesliga auf und der FCN wurde mit Flüchtlingsspielern wie Beckenbauer Maier und Müller zur bestimmenden Fußballmacht des kommenden Jahrzehnts.

  • Doch dann wachte Schmiddie auf und war erleichtert, dass das nur ein Albtraum war und die Realität sich nach wie vor zum Guten gewandt hatte.

  • "Boszik, immer wieder Boszik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Helmut Rahn schießen .... Rahn schießt ... "

    und was passiert dann? :amkopfkratz:

    Grosics die Pantherkatze der Ungarn hat gehalten und die Magyaren wurden Weltmeister. 5 deutsche Spieler wegen Dopings lebenslang gesperrt und Helmut Rahn führte ein glückliches Leben in der Bedeutungslosigkeit. Deutschland war nicht wieder wer in der Welt weswegen die Atombewaffnung als Ausgleich her musste. 1962 ging in der Plutoniumsaufbereitungsanlage nahe Bad Tölz einiges schief weswegen ein nuklearer Fallout halb Oberbayern mit München verseuchte.
    Die Bayern stiegen nie in die Bundesliga auf und der FCN wurde mit Flüchtlingsspielern wie Beckenbauer Maier und Müller zur bestimmenden Fußballmacht des kommenden Jahrzehnts.

    Das ist also dieser Schlafmangel, von dem alle immer reden...

    Nanakorobiyaoki

  • "Boszik, immer wieder Boszik, der rechte Läufer der Ungarn am Ball. Er hat den Ball – verloren diesmal, gegen Schäfer. Schäfer nach innen geflankt. Kopfball – abgewehrt. Aus dem Hintergrund müsste Helmut Rahn schießen .... Rahn schießt ... "

    und was passiert dann? :amkopfkratz:

    Grosics die Pantherkatze der Ungarn hat gehalten und die Magyaren wurden Weltmeister. 5 deutsche Spieler wegen Dopings lebenslang gesperrt und Helmut Rahn führte ein glückliches Leben in der Bedeutungslosigkeit. Deutschland war nicht wieder wer in der Welt weswegen die Atombewaffnung als Ausgleich her musste. 1962 ging in der Plutoniumsaufbereitungsanlage nahe Bad Tölz einiges schief weswegen ein nuklearer Fallout halb Oberbayern mit München verseuchte.Die Bayern stiegen nie in die Bundesliga auf und der FCN wurde mit Flüchtlingsspielern wie Beckenbauer Maier und Müller zur bestimmenden Fußballmacht des kommenden Jahrzehnts.

    Das ist also dieser Schlafmangel, von dem alle immer reden...


    Schlafmangel hat man erst morgens. :D Vielleicht war das Curuba Schuld.


    Im Endeffekt ist es kontrafaktische Geschichte, und dies Hobby betreib ich gern.
    Hab mal ne Geschichte der Welt geschrieben mit dem Unterschied, dass Wilhelm II. mal vom Pferd fiel als Kind und sich das Genick gebrochen hat.

  • Schlafmangel hat man erst morgens. :D Vielleicht war das Curuba Schuld.


    Im Endeffekt ist es kontrafaktische Geschichte, und dies Hobby betreib ich gern.
    Hab mal ne Geschichte der Welt geschrieben mit dem Unterschied, dass Kind sich das Genick gebrochen hat.

    Jetzt gefällt mir deine kleine Geschichte viel besser.

  • Getreu dem Motto "es ist schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem", werde ich auch mal meinen Senf dazugeben:


    Wenn Braunschweiger Ideen haben, wird’s skurril. „Kommt doch mal nach Wolfenbüttel, da spielt der MTV gegen die Zweite von Braunschweig“, schalmeite es aus Richtung von @meningus zu uns. Richtiger Leckerbissen, zum Auftakt der Oberliga Niedersachsen. Vor allem, wenn zwischen dir und der südniedersächsischen Kaiserstadt 350 km und ein Freitag auf der A2 liegen. Nur für diesen recht sinnlosen Kick da hoch gondeln, konnte ich mir irgendwie nicht vorstellen und so wurde Kollege Hannoi für den Plan begeistert und ihm unverblümt mitgeteilt, welche Spiele man sich noch so angucken will. Eine Freundin von mir aus Hannover komplettierte unser Dreigestirn.
    Aber zuerst hatte das Zebra noch einen schlauen Einfall, denn bereits am Donnerstag wollte Vitesse Arnhem gegen den FC Basel in der Europa League antreten. Praktischerweise ist das nur ne Stunde von mir entfernt und am Wochenende vorher kam irgendwer auf die Schnapsidee, da ein großes Event draus machen zu wollen. Also waren wir am Ende zu siebt und die Reisegruppe bestand letztlich aus zwei Hannoveranern, zwei Schalkern, nem Wuppertaler, nem Wattenscheider Duisburgzebra und als Kirsche auf dem Sahnehäubchen hatten wir uns noch nen Ingolstädter angelacht. Begeistert war jeder recht schnell, aber irgendwie hat man dann nicht berücksichtigt, dass ich zwar nen passablen Fahrer abgebe, mein Auto aber nur maximal fünf Sitzplätze aufwartet. Zwei hatten keinen Bock zu fahren, einer hat sich in der Planungsgruppe vorsorglich mal tot gestellt und die anderen hatten keine Karre. Schade für @Kuzze, der durfte dann letztlich fahren, aber nur unter der Bedingung, dass Hannoi seine Kiste zurückfährt, weil er selber nachts blind wäre. Gut, dass Hannoi selbst ausgerechnet nachts Augen wie ein Luchs hat. Oder wie heißt das Tier mit diesen großen Schaufelhänden?


    Nun ja, irgendwie haben wir es dann doch alle nach Arnhem geschafft, sogar Hannoi hat das Zugfahren ohne (jemandem) bleibende Schäden (zufügen zu wollen) überlebt, und Kuzze war mit seinen Begleitern mal wieder fünf Stunden vor Anpfiff da und passte solange auf, dass niemand den Parkplatz einpackt und damit wegläuft. Oder spontan nen Kaufland draufbaut.


    Als erste Herausforderung wollte der Kartenkauf gemeistert werden. Dank der doch zaghaft vorhandenen Brisanz wurden Tickets für den Heimbereich nur an Nicht-Schweizer abgegeben. Also warfen wir unserer Ausweise wie bei einer nationalsozialistischen Bücherverbrennung auf einen Haufen und der Kartenmokel versorgte uns für „Dreiundzwanzichfuffzich“ pro Sitz mit einer Karte. Diese Summe brüllte ein Mitglied unserer Reisegruppe durch das Rund, weil er offenbar mit der Darbietung auf dem Rasen nicht ganz glücklich wurde. Dieser Jemand hatte Glück, dass er nur am Donnerstag mit von der Partie war, sonst hätte er sich bei Vitesse noch kleinlaut entschuldigen müssen. Das Spielniveau wurde nämlich an dem Wochenende nicht mehr überboten.


    Gefühlt waren 2/3 des Blocks mit deutschen Ultra-Hoppern besetzt, die dem Block des FC Basel auf die Finger schauen wollten. Ich konnte mir einen Seitenhieb den Vögeln gegenüber nicht sparen, denn Basel war nur mit ca. 300 Mann vor Ort. Diese machten aber 90 Minuten lang guten Alarm und auch von Vitesse war ich positiv überrascht. Die haben zwar nur eine kleine Szene und ne wirkliche Ultra-Gruppe ist das wohl auch nicht, aber das Stadion war doch einige Male zum Mitmachen zu begeistern, was aber auch am Spiel lag, das von Vitesse eigentlich über die gesamte Dauer dominiert wurde. Nur, wer zu doof ist, kriegt die Dinger halt hinten um die Ohren geschossen und so stand es dann in der 93. Minute plötzlich 0:1 durch Ricky van Wolfswinkel, der selbst aus der Vitesse-Jugend stammt und erst im letzten Jahr von dort zum FC Basel ging.


    Der Basel-Block stimmte sich mit einer netten Pyro-Show auf das Spiel ein und auch mitten drin wurden immer wieder einzelne Fackeln gezündet. Highlight war aber die Ordnerin, die sich offenbar daran störte, dass die Ultras-Fahne von denen ein Notausgangsschild verdeckte. Jedenfalls hatte sie sich auf die Fahnen geschrieben, dieses Schild wieder sichtbar zu machen und fing an, an dieser Fahne herumzuhantieren. Ganz großartige Idee. Selbst die Ultras von Fortuna Köln dürften allergisch reagieren, wenn man an deren Lappen rumfummelt und auch die süddeutschen Dullis aus Basel ließen sich nicht lange bitten und stürmten wild gestikulierend auf die Dame zu, die sich unverrichteter Dinge vom Acker machte. Auf dem Rückweg waren Zebra und ich plötzlich alleine, denn die biertrinkende Meute wurde von Hannoi in Kuzzes Westentaschenporsche nach Gladbeck gegurkt.


    Der nächste Morgen begann mit Arbeit. War nicht so ganz geplant, eine Kollegin hatte den Kampf gegen eine Wespe tags zuvor verloren und meldete sich krank und ein anderer Kollege weilte schon im Urlaub. Also wurde jemand gesucht, der da bis 12 Uhr seinen Hintern platt sitzt. 6 ½ Stunden von Essen nach Wolfenbüttel sollten selbst auf nem Freitag reichen. Aber nachts sind alle Katzen theoretisch… Der geplante Treffpunkt im Essener Süden wurde gleich mal weggewischt, denn Kuzze und Hannoi betraten um 12 Uhr gerade erst den Essener Norden. Also dirigierte ich sie auf den Hof des örtlichen Trinkguts und sammelte Hannoi dort ein. Nach dem Einkauf für’s Wochenende machten wir uns auf den Weg nach Dortmund, wo noch ein Mitfahrer bis Braunschweig eingesammelt werden wollte. Man muss ja gucken, wo man bleibt. ;)


    Der Geselle entpuppte sich als recht umgänglicher Pole, der von BS noch weiter nach Wolfsburg muss, um von dort auf ein Techno-Festival zu fahren. Nun ja, das hat nicht so geklappt. Einerseits musste Hannoi noch nach Minden, seine Karre abholen und das kostete mich insgesamt eine Stunde. Andererseits ist die A2 zwischen Bad Eilsen und Peine auf 90 Kilometern ein einziger, baustellenverseuchter Alptraum, der mich insgesamt noch eine weitere Stunde kostete. Die dritte (halbe) Stunde habe ich schon auf dem Weg von Essen nach Dortmund verschwendet. In Minden wurde der Kollege dann schon etwas nervös und fragte mich, ob ich für einen kleinen Aufpreis eben nach Wolfsburg fahren könnte. Mir war’s einerlei, denn auch das sollte ich nach Plan eigentlich locker vor dem Anpfiff schaffen und so sparte ich mir wenigstens den Weg durch BS. Hat auch nicht so ganz geklappt, denn irgendein Profi hat die Baustelle auf der A39 vom Kreuz nach Wolfsburg einspurig gestaltet. Haha. Immerhin habe ich es bis zur 15. Minute sogar ins Stadion geschafft und wäre ich nicht zu spät gekommen, hätte ich eben die Viertelstunde an der Wurstbude angestanden, was dankenswerterweise Hannoi für mich übernommen hatte und so wurde ich direkt mit einer recht netten Bratwurst bekannt gemacht. Das Spiel lief irgendwie komplett an mir vorbei, der MTV ist mir reichlich wurscht und mit BS II kann ich komischerweise nichts anfangen. Recht nette Stimmung war jedoch, schon von außerhalb waren zumindest zaghafte MTV-Rufe zu vernehmen und als dieser dann tatsächlich kurz vor Schluss den 1:0-Siegtreffer erzielte (durch einen Heber aus 50 Metern), jubelte das halbe Stadion. Ich hatte ja gedacht, dass beim MTV nur ein paar Bauern kommen und BS die überwiegende Mehrheit stellt.


    In der Halbzeit quatschten wir den Kassierer an, ob er uns erzählen kann, was mit dem Ding nach der Hinrunde passieren soll. Die Tribüne soll abgerissen werden und auf der anderen Seite soll ein Vereinsheim neu gebaut werden. Konnte er, er wurde aber von einer recht überfordert ausschauenden Dame bepöbelt, die sich tierisch darüber aufgeregt hat, dass es eine Ermäßigung für Frauen gibt, sie aber im Vorverkauf nicht darauf hingewiesen wurde. Tja, Augen auf im Straßenverkehr und vielleicht mal selber nen Blick in die Preisliste werfen. Dummes Vieh!


    Nach dem Spiel waren wir und die anwesenden @MaddogLB und @Natalya noch zu einem kleinen Balkon-Treff bei Meningus gebeten, aber wir mussten ja erstmal unser Zelt aufbauen. Der ursprüngliche Plan sah vor, dass Hannoi in Hannover pennt und ich in Walsrode, aber dieser wurde durch den Urlaub meiner Eltern zunichte gemacht. Also ab ins Zelt und gerade als Hannoi um ca. 2 Uhr das Schnurren aufgehört hat, streunte draußen der Nachbarskater herum und fing an zu miauen. Dass Gott ein Bastard sein muss (oder in Wolfenbüttel einfach gern blau-gelb trägt), spürten wir am nächsten Morgen, denn genau eine halbe Stunde bevor wir das Zelt abbauen wollten, fing es für eine halbe Stunde an zu regnen. Es ist so eminent wichtig, das Zelt nicht direkt in die Tasche zurückpacken zu können. Das klatschnasse Zelt wurde bei Hannoi ins Auto geworfen, sodass es wenigstens notdürftig trocknen konnte, ehe wir es Sonntagabend wieder abholen. Nach dem Morgenkaffee für Hannoi und der Belustigung für mich, dass er in einer Eintracht-Tasse serviert wurde, ging es an die Nahrungsbeschaffung. Den nahe gelegenen Edeka kannte ich von früheren Besuchen, dass dort nun aber irgendwelche Gestörten in Trikots von Eintracht Frankfurt herumlaufen, ließ mich dann doch staunen. Kurz in BS am Hauptbahnhof unsere Begleitung eingesammelt und dann ging es los Richtung Zwickau durch und an finstersten Käffern vorbei.


    „Los, wir gründen einen Fußballverein und nennen ihn Phönix Aschersleben“


    Unnützes Wissen: In Halle gibt es einen Stadtteil namens „Frohe Zukunft“. Das glaube ich nicht. Es gibt allerdings auch einen Stadtteil namens „Nietleben“. Das trifft es schon eher. Hier will ich niet leben.


    Man passierte unter anderem auch das Dorf Oberkaka (gibt auch Unterkaka), zur Gemeinde Meineweh gehörend. Liegt übrigens im Burgenlandkreis und wir hatten kurz Panik, schon in Österreich zu sein, zumal es nun hügelig und unbesiedelt wurde. Auch der Ortsname Giebelroth war eine infame Lüge, denn dort gab es sehr wohl auch andersfarbige Giebel. Genau wie der Ort Meerane, denn ein Meer gibt’s da erst, wenn Donald Trump weiter gegen den Klimawandel antwittert.


    Fortsetzung folgt…

    Nanakorobiyaoki

  • Das neue Zwickauer Stadion liegt am Arsch der Welt auf dem Gelände einer ehemaligen Plattenbausiedlung. Da wir keine Lust hatten, von den anwesenden Bergtrotteln angelungert zu werden, schlichen wir uns wortlos an deren Kurve vorbei zum Gästeblock. Unter den 37 Kölnern fielen wir dann weniger auf. Die Thekenkräfte im Gästeblock (und auch die Security) war dann schon freundlicher und zu Scherzen aufgelegt, meinten sie doch, dass sie heute theoretisch auch jeden einzelnen am Platz bedienen könnten. Ich habe auch selten eine mehr vollgekritzelte Toilette gesehen. Aufkleber und Graffito über alles verteilt, was man nur entfernt bekritzeln kann.
    Das Spiel war komplett scheiße und wurde durch einen berechtigten Elfmeter für Zwickau entschieden. Ansonsten versuchten sich beide Mannschaften in dem Wettstreit, die schlechtesten Ecken der dritten Liga zu schießen. Hat funktioniert. Das Spiel erforderte nicht meine volle Aufmerksamkeit, also checkte ich mal die Kartensituation in Mlada Boleslav, denn offiziell gehen nur 5.000 Leute in den Kasten und Slavia würde sicher ca. 3.000 mitbringen. Etwas irritiert war ich, als plötzlich ein Ergebnis auf der Seite angezeigt wurde. Kurzer Check – das war tatsächlich gestern Abend schon! Was ist das denn für’n Quatsch? Das Spiel von Viktoria Zizkov wurde ja schon verlegt, aber immerhin 3 Wochen vorher. Eine Verlegung auf Freitagabend innerhalb weniger Tage hätte ich jetzt in der mosambikanischen Liga erwartet, in Mitteleuropa eher nicht. Nun war guter Rat teuer und eine Recherche ergab, dass Viktoria Plzen ebenfalls ein Heimspiel hat und man dort sogar 10 Minuten schneller wäre, als in Mlada Boleslav. Es gab sogar noch Karten, aber laut Webseite nur noch ca. 200 Stück. Um den Weg nicht umsonst zu brettern, reservierten wir online und hinterlegten die Karten zur Abholung. Der Schiedsrichter hatte ein Einsehen und pfiff pünktlich ab, aber die Lage des Stadions hatte den Nachteil, dass wir einmal komplett durch die Stadt gurken mussten, um auf die Autobahn zu kommen. Und man könnte meinen, dass Zwickau in Hessen liegt, denn wir sahen auf der Straße mehr Blitzer als Menschen.


    In Tschechien mussten wir erstmal tanken und eine Vignette organisieren. Praktischerweise hatte die erste Tanke keine vorrätig und so wurden die herausgefahrenen 10 Minuten an der nächsten Tanke mit einer überforderten 90-Jährigen am Schalter wieder verschwendet. Nein, ich habe nicht getankt. Ich will nur ne Vignette. Warum ich da an der Zapfsäule stehe? Na, weil da Platz ist! Der weitere Weg nach Plzen führte aber erstmal nur über eine endlose Landstraße durch wenige Käffer und hatten wir endlich mal die Autobahn erreicht, stellten wir fest, dass die Mauteinnahmen offenbar nicht für die Instandhaltung der Autobahnen genutzt würden. Die Straßen waren in Polen und Ungarn in weitaus besserem Zustand. Aber Hauptsache überall dämliche Schilder mit der Landesflagge aufstellen.


    Das Ziel erreichten wir 10 Minuten vor Anpfiff und erwischten vor einem Parkhaus direkt mal drei freie Parkplätze. So ganz traute ich dem Frieden nicht, da auch ein Schild zugegen war, also fragte ich die anwesende Parkhausangestellte, ob man dort stehen dürfte. „Parking Futbol? Is ok!“ Das ging einfacher als erwartet und sogar das Ticketbüro (ähnlich bescheuert wie in Frankreich, nur ein Kassenbüro für das ganze Stadion) lag sogar auf dem Weg. An einem besetzten und schlangenfreien Fenster konnte man die Karten abholen. Dachte man zumindest aufgrund des darüber hängenden Schildes. Aber die Dame meinte nur „next window“. Aber da ist ja ne riesige Schlange, die wollen doch nicht alle Karten abholen. Wollten sie auch nicht, denn irgendwie war das Tageskasse und Reservierungen des Tages in Einem. Wie sinnlos! Links konnte man nur die Karten abholen, die schon in den vergangenen Tagen bestellt wurden. Haha.


    Das Ganze zog sich dann etwas und so verpassten wir eine Choreo, die die Plzen-Fans zu Ehren dreier Soldaten organisiert hatten, die letzte Woche in Afghanistan fielen. Die ersten 10 Minuten des Spiels verpassten wir auch, das war aber nicht weiter tragisch. Denn auch dieses Spiel war überhaupt kein Highlight und auch die Stimmung war eher reserviert, obwohl von Viktoria zumindest 90 Minuten was zu sehen war. Die 20 Nasen aus dem 400 km entfernten Zlin machten sich auch nicht wirklich bemerkbar. Derweil lachte ich mir einen Mitfahrer für die morgige Tour von Prag nach Teplice an – ein Hopper, der mich über Facebook kontaktierte. Später stellte sich heraus, dass er just in diesem Moment auch im Stadion von Plzen ist und so schaute ich in der Halbzeit direkt mal vorbei. Er hatte dann praktischerweise auch ein paar Kronen für uns, die wir ihm gegen Euro tauschten, denn einen Geldautomaten haben wir nicht mehr gesucht. So konnte des Tschechen liebstes Hobby bewundert werden: Schlange stehen! Wir beschlossen, uns aufzuteilen und jeder macht das, was er am besten kann: Ich besorge was zu futtern und Hannoi was zu trinken. Auch dieses Spiel endete 1:0 und so langsam glaubte ich an einen Fluch. Die gelb-rote Karte kurz vor Schluss hab ich übrigens wirklich nicht verstanden. Platzverweis wegen Zeitspiel wäre möglich, aber dumm.
    Nach dem Spiel wollte ich noch kurz im Fanshop nach einem Glas Ausschau halten und auch hier wieder: Schlange stehen! Die ließen da nur 10 Leute gleichzeitig rein, keine Ahnung warum. Für erfreulich günstige 4€ wechselte ein Glas den Besitzer und wir machten uns auf dem Weg zum Auto und in den nächsten Tesco – Frühstück kaufen. Als das erledigt war, zeigte die Uhr bereits halb 11. Wir wollten eigentlich um 10 Uhr in Prag in unserer Unterkunft sein, aber zum Glück war der Besitzer des AirBnB-Appartments recht flexibel und so erwartete er uns eine geschlagene Stunde später und zeigte uns kurz die Wohnung. 3 Schlafzimmer für 57€ - kann man mal machen. Zuerst schleppte ich mich unter die Dusche – und war fasziniert! Der Wasserdruck von dem Ding hätte auch die ISS in ihre Umlaufbahn schleudern können und der Dreck wurde nicht abgewaschen, sondern abgefräst. Geiler Scheiß!


    Der nächste Morgen begann recht entspannt gegen halb 8 und anders als Hannoi behauptet, war er natürlich nicht als erster fertig. Ich gab ihm lediglich nen kleinen Vorsprung, indem ich meine Klamotten langsamer zusammenpackte, als Frank Fahrenhorst Fußball spielte. Danach wurde kurz Geld geholt, schönen Dank an den Automaten, der nur einen 2000-Kronen-Schein ausspuckte. Wie zur Hölle soll ich in diesem Land fast 80€ verbraten?


    Wie wir später erfuhren, lag unsere Unterkunft nur einen Steinwurf vom Eden-Stadion von Slavia Prag entfernt. Das erste Spiel des Tages führte uns in den Prager Norden, auf die Sportanlage von Admira Prag, die malerisch von Plattenbauten umgeben im Stadtteil Kobylisy liegt. Abgesehen von einigen Jahren in der 2. Liga hat Admira keine nennenswerte Historie vorzuweisen und auch der Gegner Aritma ist national ein unbeschriebenes Blatt. Einzig Pavel Krmas, ehemals beim SC Freiburg, ist ein bekannter Name. Dieser startete seine Senioren-Karriere bei Admira.


    Der Kartenkauf gestaltete sich etwas komplizierter, denn die Kassendame hatte so gar keine Lust, unseren 2000-Kronen-Schein zu wechseln und so tigerten wir 500 Meter zum nächsten Geldautomaten und da man mit meiner Kreditkarte ja seit neuestem nur noch in 50-Euro-Schritten abheben kann, musste jemand seine EC-Karte opfern und unverschämte 8€ Gebühr für ca. 20€ Bargeld berappen. Warum sind EC-Karten und Handyverträge in Deutschland eigentlich immer so unverschämt teuer? Jaja, ich weiß schon, #neuland und so und wie wir am Wochenende von Herrn Gauland gelernt haben, wurde die Digitalisierung ja von der FDP erfunden.
    Nun aber – zweiter Versuch und die 500 Kronen war sie gewillt zu wechseln. Einen Schlüsselanhänger gab’s für knapp 2€ noch dazu, die Karte kostete ganze 1,50€ und entpuppte sich als künstlerisches Highlight. Kam die Vorderseite noch recht gewöhnlich daher, hat die Rückseite der örtliche Disco-Unternehmer für sich entdeckt, der dort mit 90er-Jahre-Werbung und einem Britney-Spears-Verschnitt als Gogo-Tänzerin für sein Etablissment warb. Dazu passte hervorragend das Logo-Tier/Maskottchen dieser Disco, soll wohl ein Floh oder sowas darstellen. Aufgrund des Namens „Fleapit“ naheliegend. Wir fanden jedoch, dass das Vieh mit einem Floh so überhaupt keine Ähnlichkeit hatte und einigten uns darauf, dass wir es mit einem tätowierten Säbelzahngürteltier zu tun haben mussten. Ich beantrage ein Maskottchen für qiumi!


    Das Säbelzahngürteltier


    Zwischendurch einigte man sich noch mit anderen deutschen Hoppern aus dem Sauerland darauf, dass das Essensangebot maximal durchschnittlichen Geschmack hatte. Sah aber ziemlich gut aus, wie er die Klamotten da aus seinem Räucherofen geholt hat. Das Damenklo wurde von unserer Begleitung ebenfalls zielgerichtet demoliert, denn plötzlich hielt sie die Türklinke in der Hand. Man kann hier echt niemanden alleine lassen…


    Das Spiel war halt… naja, vierte Liga Tschechien halt. Das ist halt maximal Landesliga-Niveau und so wurde es ein munteres und nicht unbedingt unterhaltungsarme Gekicke, das 1:1 endete und gerade, als wir aufbrechen wollten, gab es ein Elfmeterschießen. Bitte was? Die machen tatsächlich – dem Eishockey ähnlich – bei einem Unentschieden ein Sudden Death und der Sieger bekommt dann 2 und der Verlierer 1 Punkt. Und da für die Tordifferenz wohl auch das Elferschießen zählt, werden um’s Verrecken alle fünf Schützen einer Mannschaft durchgeprügelt.


    Fortsetzung folgt…

    Nanakorobiyaoki

  • Auch unsere Hoppingbegleitung aus Regensburg, bzw. Plzen fanden wir bei Admira wieder und da er eh das gleiche Programm wie wir hatten, nahmen wir ihn direkt mit zu Viktoria Zizkov. Viktoria Zizkov ist wohl das, was man getrost einen „Kultverein“ nennen kann. Einen Steinwurf vom Hauptbahnhof entfernt, mitten in einem Kneipenviertel beheimatet, trägt Viktoria seine Heimspiele in der 2. Liga seit Menschengedenken Sonntagsmorgens um 10:15 aus. Einen Parkplatz fanden wir tatsächlich keine 10 Meter vom Eingang entfernt und Hannoi verschwand erstmal Kippen holen. Natürlich von seinem Geld, den Fünf-Milliarden-Kronen-Schein zu nehmen, den ich noch in der Tasche hatte, wäre natürlich zu einfach. Also musste er nochmal lostigern, um den Schein beim Kiosk klein zu machen, was aber immerhin funktionierte.



    Beim Einlass hatten wir keine Probleme, nur unser Begleiter kam mit seiner Kamera nicht rein und musste durch den Presseeingang latschen, wo man ihn dann zu seiner Verwunderung für lau passieren ließ. Er hätte ja gerne bezahlt, aber wenn die kein Geld haben wollen…machste nix…


    Die Anlage von Viktoria verdient getrost das Prädikat „großartig“ – da werde ich aber im Stadiontest näher drauf eingehen. Eingerahmt wird diese von einer Häuserzeile direkt an der Tribüne und einem großen, 6-stöckigen Bürogebäude, was aber derzeit entkernt und dann wohl dem Erdboden gleich gemacht wird. Die Fassade zum Stadion hin war zum Glück schon weg und die Arbeiter, die gerade im 5. Stock ihrer Arbeit nachgingen, ließen für die folgenden 90 Minuten den Hammer fallen und folgten dem Geschehen auf dem Rasen auf der übrig gebliebenen Toilette sitzend.



    Hier dominierte zuerst der Gast aus dem 200 km entfernten Brno, der Hauptstadt Mährens, der auch einen amtlichen Mob von etwas über 100 motivierten Leuten am Start hatte, während die Szene bei Zizkov in den vergangenen Jahren arg zusammengeschrumpft ist und nicht mehr als 30 Aktive aufwarten konnte.


    Der Gast aus Brno hat eine interessante jüngere Geschichte anzubieten, noch in den 90ern zählte man durchaus zur Spitzengruppe des tschechischen Fußballs und begrüßte im Stadion Za Lužánkami regelmäßig über 10.000 Zuschauer. Zwischenzeitlich übernahm ein Unternehmer und ehemaliger Eishockeyprofi die Truppe und ließ seinen Spitznamen in das Vereinswappen integrieren und als er im Jahr 2001 pleite war, konnte der Verein auch das Stadion nicht mehr halten und musste ins Stadion Srbská umziehen, was aber die meisten Fans nicht akzeptierten. Es musste erst der Kapitän ein Abschiedsspiel haben wollen, organisierte ne Menge Freiwilliger und das Stadion wurde für das eine Spiel tauglich gemacht, was 35.000 Zuschauer anzog. 2010 nahm der 1. FC Brno den alten Namen Zbrojovka wieder an, benannt nach einer Waffenfabrik in der Stadt.



    Zurück zum Tagesgeschehen, nachdem Brno mit 1:0 in Führung ging, glich Zizkov nur 3 Minuten später aus und war nun die dominierende Mannschaft, die in der Folge auf 3:1 davon zog und noch locker zwei Tore mehr hätte machen können. 20 Minuten vor Schluss konnte Brno auf 2:3 verkürzen und drückte in der Folge mächtig auf den Ausgleich, hatte jedoch keine zwingenden Chancen mehr. 1.520 Zuschauer bedeutete für Viktoria übrigens die beste Besucherzahl der letzten 3 Jahre.



    Nach dem Spiel ging’s wieder in den Fanshop. Auch hier wurde wieder nach Gläsern Ausschau gehalten, aber 390 Kc (15€) erschien mir dann doch zu gepfeffert.Andererseits hatten wir so unfassbar viel Geld dabei und was sollen wir davon denn sonst kaufen? Also Glas eingepackt und zufrieden zum Auto getrottet und die Stunde Fahrt nach Teplice gestartet. Autofahren in Tschechien macht gar nicht mal so viel Spaß, denn speziell in Prag sind die Straßen teilweise in unfassbar schlechtem Zustand und niemand sagt dir, wie schnell du fahren darfst. Schilder sind Mangelware, werden aber durch die großzügige Anzahl an Blitzern wieder ausgeglichen. Kann also durchaus sein, dass ich im Nachhinein noch ein paar Tickets kriege. :D



    Teplice hat ca. 50.000 Einwohner und liegt im nördlichen Böhmen, am Rande des Erzgebirges. Dank einer Schnellstraße ist man zügig von der ca. 10 km entfernten Autobahn im Stadtzentrum, jedoch gehen dort die Probleme dann so richtig los. Das Stadion liegt zentrumsnah und trotz, dass wir schon eine Stunde vor Anpfiff da waren, brach dort schon alles zusammen. Unsere ortskundige Begleitung verwies uns auf einen Schotterparkplatz direkt vor dem Stadion. Klingt gut, nur dummerweise wurde da im letzten halben Jahr ein Kaufland draufgebaut und so hatte es sich ausgeschottert. Auch sonst wollte die Gegend nichts hergeben und als wir zufällig vor der VIP-Einfahrt landeten, drückte unsere Begleitung mir seinen Presseausweis in die Hand. Der Ordner schaute aufgrund der bunt zusammengewürfelten Hoppertruppe in diesem verbeulten Citroen erst etwas skeptisch und ging mit dem Ausweis zu einem Polizisten, der ihm dann schulterzuckend zu verstehen gab, dass wir passieren dürfen. Mangels anderer Parkplätze, stellten wir uns genau neben einen stinkenden Misthaufen. Von dort aus begaben wir uns direkt zum Kartenschalter, jedoch mussten wir vorher an der amtlichen Einlass-Schlange vorbei. Ein Oppa in einem Ford Fiesta hatte den gleichen Plan, sodass wir ihn mal gewähren ließen. Leider war nicht jeder so clever wie wir, ein anderer blieb einfach stehen, sodass Fiesta-Vatti ihm genüsslich auf den Fuß rollte. Der Besitzer des Fußes stieß daraufhin einen wilden Schrei aus, der uns an eine rollige Katze erinnerte und hämmerte 5 mal mit der Faust auf die Motorhaube ein, nicht ohne den Fahrer mit den tollsten Schimpfwörtern zu versorgen, die ich in den letzten 12 Monaten hören durfte.



    Nun, auch in Teplice gab’s nur ein Kassenhäuschen. Bzw., deren zwei, was wir aber erst später erfuhren und was eh wurscht war, da es dort wohl genauso lange dauerte. Immerhin 4 von 6 Kassen waren auf, mehr Personal gab’s wohl nicht. Oder der Tscheche steht wirklich gern in Schlangen, denn als wir das mit dem Kartenkauf durch hatten und das Stadion nochmal komplett umrundeten, um zu unseren Blöcken zu kommen, durften wir auch dort wieder 20 Minuten herumstehen. Irgendein intelligenter Mensch hatte dort zwar riesig überdimensionierte Tore hingebaut, aber nur zwei Drehkreuze. Reicht für die normalerweise knapp 4.000 Nasen ja auch aus, die dort zu Spielen kommen, aber gegen solche Spiele wie gegen Sparta kommt keiner auf die Idee, sich mal ein paar Handscanner vom russischen Hacker seines Vertrauens zu leihen? 15.131 Leute waren’s am Ende, was für den FK Teplice den besten Besuch seit 2013 bedeutet. Also offiziell. Inoffiziell kann man da getrost 4-5000 Plätze abziehen, denn wenn ein 18.000er-Stadion halb leer ist, sind keine 15.000 im Stadion. Grund für den Kartenkauf dürfte die Verlosung eines Ford Focus gewesen sein und da eine Karte nur 5€ kostet und die Chance immerhin 1:15000 war, probierten es wohl einige, indem sie mehrere Karten orderten.



    Erstmal ging es zügig in den Block, um den Anpfiff mitzubekommen und da wurden wir nicht enttäuscht. Sparta mit viel Pyro und noch mehr Support, auch die gegenüber stehenden Ultras des FKT warteten mit amtlichen Rauchtöpfen auf und auch der Fanclub Teplice, eine Ansammlung von Normalos, die direkt neben dem Gästeblock steht, fühlte sich zu einer Art Choreo mit Luftballons und drei großen Buchstaben genötigt. Nur wer ist der FT Keplice? Erwartungsgemäß ging akustisch bei Teplice dann nicht so viel, bei Sparta dafür umso mehr. Auch wenn sie mir an dem Abend nicht sonderlich sympathisch geworden sind, bestehen doch gefühlt 75% des Blocks aus Spacken von Rechtsaußen, die sich auch für „Sparta 88“-Sprechchöre nicht zu doof waren. Lustig, genau wie in Polen. Diejenigen, die von Adolf am meisten auf’s Maul gekriegt haben, feiern diese Scheiße am lautesten ab.



    Das Spiel wies erstaunliche Parallelen zum Spiel der Wuppertaler in Essen auf. Auch hier schlug es bereits nach kurzer Zeit im Kasten ein und auch hier stand’s zur Halbzeit 4:0, diesmal aber nicht für die Heim-Mannschaft. Ich suchte derweil mal die Keramik-Abteilung auf und staunte nicht schlecht, als ich die Toilette vorfand, die ausschließlich mit einem Vorhang vom Rest des Raumes abgetrennt war. Nachdem die ersten 10 Minuten der zweiten Halbzeit schon mit Anstehen in einer Schlange verschwendet wurden, kehrte ich dann doch um, denn weitere 10 Minuten für eine durchschnittliche Grillwurst vom Großcaterer wollte ich da nicht rumschimmeln. Hätte ich ruhig machen können, denn das Geschehen auf dem Rasen war keinerlei Erwähnung wert. Teplice konnte nicht mehr, Sparta wollte nicht mehr und abgesehen von etwas harmloser Rennerei auf den Rängen passierte nichts mehr. Schnell noch den Fanshop geentert und dann raus aus diesem Kaff, was auch nicht unbedingt gut funktionieren wollte. Nach einer halben Stunde hatten wir es dann auf die Autobahn geschafft, warfen dort noch kurz die letzten 300 Kronen in den Tank und flogen zu feinster musikalischer Untermalung und einem Zwischenstopp beim Schachtelwirt der Heimat entgegen.



    Und auf dieser B6 am Harz, also das, was nächstes Jahr die Nordharzautobahn werden will, ist nachts so tote Hose, dass sich ein nicht näher identifizierbares Kleintier dachte, es wäre eine gute Idee, diese Straße nachts zu überqueren. Nun ja, es war die letzte Idee, die dieses Tier jemals haben sollte. Wach macht so eine Kollision mit einem Tier durchaus. Dürfte auch gesünder als ein horrender Kaffeekonsum sein, zumindest für den Menschen. Bei meningus angekommen, wuchtete ich mein Zelt aus Hannois Auto, nur um festzustellen, dass das Ding natürlich noch klatschnass war. Schnell noch eine Runde durch Lehrte gegurkt, um meine Begleitung abzuliefern und dann lagen zwischen mir und meinem Bett nur noch 250 km A2. Auch die A2 war wieder ein tolles Vergnügen, denn wo auf dem niedersächsischen Teil mal gerade keine Baustelle war, war die Geschwindigkeit auf 60 begrenzt. 60. Nachts. Auf einer leeren Autobahn. Ihr sauft doch! Und natürlich wollte der Sprit nicht bis zuhause reichen, sodass ich mich in Bielefeld zu einem kurzen Tankstopp überreden ließ, aber bei der einzigen Tanke dort, die nachts offen hat, waren natürlich sämtliche (!) Diesel-Zapfsäulen im Arsch. Danke für 20 Minuten sinnlose Kurverei durch dieses Scheißkaff! Aber schon lustig, dass ich nur 30 Minuten später zuhause war als Hannoi, obwohl ich ca. 150 km mehr hatte.


    Zum Schluss noch ein paar Support-Fotos vom Wochenende: https://flic.kr/s/aHsmojMd8e

    Nanakorobiyaoki

  • Sensationell!!! :amen: Hier wie auch bei Hannoi!!! Macht einfach nur Spaß das zu lesen!!!

    Einmal editiert, zuletzt von Pinguin ()

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