"Mein schönstes Ferienerlebnis" - Katers Spielberichte

  • Wow, den Fred hier hatte ich bisher noch nie gesehen!


    Ein wahres Kleinod, so liebevoll und detailliert beschrieben und dargestellt - werde ich zukünftig nie mehr verpassen. Ganz große Klasse!!! :nuke:

  • DIE STADT, DIE VERRÜCKTE MACHT – BERLIN TEIL 1

    Mit Bildern und in hübsch wie immer unter folgendem Link:


    Die Stadt, die Verrückte macht - Berlin Teil 1 - valokuva.de
    Es gibt wieder was zu entdecken! Folgt mir in den Pfälzerwald... nee, doch nicht. Folgt mir nach Berlin. Fototour! Los geht's!
    valokuva.de


    Freitagabend. Nach einem unfassbar schlechten Fußballspiel fahren wir durch das nächtliche Berlin und ich stelle die entscheidende Frage: „Wird man in dieser Stadt direkt bescheuert, wenn man zum Einwohnermeldeamt geht, oder kommt das erst mit der Zeit?“ Der im Auto anwesende Berliner weiß leider keine Antwort auf diese Frage, tut aber auch nicht sonderlich erstaunt über meinen Eindruck, dass in dieser Stadt jeder kräftig was am Helm zu haben scheint.

    DIE BAHN – DIE GRÖSSTE KASPERBUDE DER WEL

    Fleißige Leser dieses Blogs wissen, dass Beiträge gerne mal mit „eigentlich wollten wir woanders hin…“ beginnen. So auch hier. Eigentlich wollten Hannoi und ich in den Südwesten, das Saarland und den Pfälzerwald unsicher machen, aber die Wettervorhersage war mit „grauenhaft“ noch äußerst wohlwollend umschrieben. Für Berlin war auch kein besseres Wetter vorhergesagt, aber in einer Stadt ist sowas ein Stück weit egaler, als auf irgendwelchen Hügeln bei irgendwelchen Burgen, wo man auf passende Bedingugnen angewiesen ist. Also buchten wir zwei Tage vor Abfahrt schnell ein Hotel und schossen ein paar Fotospots aus der Hüfte.

    Atypisch durfte Hannoi fahren, weil meine Frau das Auto einforderte und so kam ich in den Genuss einer frühmorgendlichen Bahnfahrt von Essen zum hannoverschen Treffpunkt. „Kann jemand ein gutes Jump’n’Run empfehlen?“ „Essener Hauptbahnhof nach 22 Uhr. Ein iPhone in der Hand erhöht den Schwierigkeitsgrad.“ Diese herumlungernden Figuren vermischten sich mit den letzten Halloween-Überbleibseln, die vielerlei nach einer harten Nacht aussahen. Ein anderer brüllte „Rot Weiss Essen, F*** und vergessen“ quer durch die Bahnhofshalle. Feinste Unterhaltung, wenn da nicht die Bahn an sich wäre: 10 Minuten vor Abfahrt meines ICE war erst von einer Verspätung die Rede und weitere zwei Minuten später fiel der Bahn ein, dass sie heute keine Lust hat, in Essen und Bochum zu halten. Was zum?!?

    GLEIS-ORIGAMI

    In Dortmund mochte wieder gehalten werden, aber nun hatte ich plötzlich die Herausforderung, pünktlich in Dortmund zu sein. Zufällig (*hust*) hatte der eintreffende Intercity nach Dortmund genug Verspätung, sodass er zu meinem favorisierten Ziel wurde. Welcher Idiot hat in Dortmund eigentlich die Gleise numeriert? Gleis 11 direkt neben Gleis 16? Was soll das? Und warum laufen hier Leute in Gladbach-Trikots rum?

    Später machte ich mir die Gaudi, den Zugbegleiter nach diesem ausfallenden Halt zu fragen. Mit der Antwort, dass sie das auch erst seit Düsseldorf (also 20 Minuten vorher) wüssten, war ich doch etwas überfordert.

    Der Wurst-Basar am hannoverschen Hauptbahnhof führt morgens leider nur belegte Brötchen. Auf dem Bahnhofsvorplatz sind Waffen verboten – aber nur nachts. Tagsüber geht so’n Butterfly also scheinbar klar…


    Die weitere Fahrt bis Berlin verlief erstaunlich ereignisarm, außer dass wir bei Magdeburg einen ca. einstündigen Stau umfahren durften und wir fast von jemandem aus Hannois Heimatkreis über den Haufen gefahren wurden, was nur durch meinen äußerst präzisen Warnruf „Achtung, ein Irrer!“ verhindert werden konnte.

    Nach dem Check-In im, für solche Ausflüge perfekt gelegenen, Ibis an der Messe (kostenlose Parkplätze zuhauf und S-Bahn-Ring direkt vor der Tür), ging es für uns erstmal ziellos in die Stadt. Im Osten ist die Sonne im Winterhalbjahr ja echt früh weg, sodass es um kurz vor 17 Uhr schon ziemlich duster war. Dies kam unserem ersten Fotospot direkt entegen – dem Hauptbahnhof selbst. Die Hugo-Preuß-Brücke am Spreebogen gibt eine hervorragende Führungslinie ab, weil sie gewölbt und gebogen ist.

    DIE ERSTEN VERRÜCKTEN

    Von dort ist es auch nicht weit bis zum Regierungsviertel. Ich stelle mich auf den Balkon des Marie-Elisabeth-Lüders-Hauses und will gerade den Reichstag fotografieren, als ein bunt beleuchtetes Partyschiff über die Spree geschippert kommt. Danke, Schiff. 😀

    Direkt gegenüber liegt das Paul-Löbe-Haus, in dem sich – wie auch in seinem Nachbargebäude – verschiedene Sitzungssäle und Abgeordnetenbüros befinden. Ich entdeckte eine Führungslinie in Form einer Betonfuge. Hannoi saß daneben und langweilte sich demonstrativ: Blödes Haus. Blöde Kunst. Blöde moderne Architektur!

    Blöde Radfahrer! Wie du ja am Bild erkennen kannst, ist rechts auf dem Fußweg echt viel Platz. Locker mehr als fünf Meter. Warum man seinen Drahtesel dann direkt an der Treppe entlangsteuern muss, wunderte mich noch gar nicht. Warum wir von der Tante dann angepöbelt wurden, nur weil wir wegen ihr nicht in die Spree springen wollten, wird aber immer ihr Geheimnis bleiben, denn die Antwort „ich steck dir gleich mein Stativ in die Speichen, du blödes Huhn“ wirkte irgendwie nicht deeskalierend. Komisch.

    Nach diesem kleinen Ausflug fuhren wir zurück ins Hotel, um uns kurz zu sammeln und den Fotokram wegzubringen. Für den Abend stand mal wieder Fußball auf dem Programm, die heimische Hertha traf im DFB-Pokal auf den FSV Mainz 05. Kein Leckerbissen. Ich habe festgestellt, dass ich tatsächlich schon ewig nicht mehr im Olympiastadion war. Am 4. Februar 2012 sah ich ein furchtbares 0:1 gegen Hannover bei ebenso furchtbaren Minus 17 Grad. Kein Witz! Verflucht, war das damals kalt!

    Kalt war es heute nicht, und selbst wenn, wir hätten kein Geld mehr gehabt, uns irgendwie zu wärmen. Die Hertha hat uns erst das Geld und dann die Seele geraubt. 35€ latzten wir für eine Karte, auf meine Frage, wo die ganzen Tickets der 25€-Kategorie denn hin sind, die ein paar Stunden vorher noch online waren, wusste der Shop-Mitarbeiter keine Antwort.

    NOCH MEHR VERRÜCKTE

    Wir hätten natürlich auch vor dem Stadion bei irgendwem kaufen können, der noch Tickets übrig hatte. Einer hielt ein Ticket hoch. 10 Meter weiter hielt einer ein mit Edding handgemaltes Pappschild hoch und suchte Tickets. Man könnte meinen, sie hätten nach rechts geswiped und ein anderer Fan war noch so freundlich, den Suchenden auf den Verkäufer aufmerksam zu machen: „Dit weeß ick och! Kiek doch mal richtig off dat Schild!“ gab es als Antwort zu hören. Auch hier war ich irgendwie nicht sonderlich deeskalierend zu dem Montagsmaler, langsam fragte ich mich aber, warum hier jeder mit einem imaginären Messer zwischen den Zähnen durch die Gegend zu laufen scheint.

    Natürlich habe ich wieder nur mit dem Handy fotografiert. Zwangsläufig. Wir sind ja schließlich in Deutschland…

    Das Spiel ist schnell erzählt: Der Schiedsrichter hatte – zum Pokalcharakter des Spiels passend – eine erfreulich lange Lunte und Zweitligist Hertha war dem Bundesligisten Mainz in allen Belangen überlegen. Am Ende stand es 3:0, aber nicht mal 30.000 Zuschauer wollten sich für diesen Kick erwärmen. Klar, die 25€-Kategorie war bestimmt spontan restlos ausverkauft…

    Danach ging es ins Hotel und direkt in die Koje, denn Sonnenaufgänge sind im Osten Deutschlands tendenziell echt früh…

    HOCH HINAUS

    …und deshalb verpennten wir den erstmal stilecht. Eine gute Stunde nach Sonnenaufgang schreckte ich hoch und blickte in ein hell erleuchtetes Zimmer. Wir machten uns fertig und fuhren zum Drachenberg -keine 10 Minuten entfernt – und trösteten uns damit, dass der Spot für einen Sonnenaufgang Anfang November sowieso nicht perfekt war. Nicht trösten konnte uns der 70-jährige, der die Treppen des Aufstiegs mit Leichtigkeit hoch sprintete, während wir uns auf dem Weg auf den 99 Meter hohen „Gipfel“ einen abröchelten. Aber wir hatten ja auch schwere Fotoausrüstung dabei. Und überhaupt, warum habe ich eigentlich dieses Stativ mitgeschleppt?

    Der Drachenberg entstand, wie sein Nachbar, der 120 Meter hohe Teufelsberg nach dem 2. Weltkrieg, als man den Trümmerschutt irgendwo hinkarren musste. Ich kenne das Prinzip Halde natürlich von zuhause, aber allein die Vorstellung, dass für diese beiden Berge ein einzelner Krieg verantwortlich ist. Krass.

    Der Teufelsberg ist freilich bekannter, weil die Amerikaner im Kalten Krieg dort eine Abhörstation errichteten, die seit Ende der 90er lustig verfällt. Ein frei zugänglicher Lost Place, den wir allerdings nur aus der Ferne beobachteten.

    Über die immer noch leicht goldene Stunde freute sich meine Drohne, die sich zuerst am Olympiastadion austoben durfte.

    Danach durfte sie noch die Siegessäule kennen lernen. Übrigens ist es gar nicht so einfach, neben der Straße des 17. Juni zu landen, ein neuerlicher Slowakei-Moment blieb mir aber zum Glück erspart. Vielleicht wäre es auch nicht unbedingt gut angekommen, wenn mir das Ding direkt auf ne Bundesstraße geklatscht wäre. Natürlich hätte ich das Foto lieber mit der richtigen Kamera gemacht und grundsätzlich gibt es am Bahnhof Tiergarten auch einen halbwegs geeigneten Spot dafür, aber wir hatten die Rechnung mal wieder ohne unser Lieblingstier gemacht: Dem Baukran! Der sollte uns am Wochenende noch öfter heimsuchen…

    IM OSTEN DER STADT

    Naja, erstmal Frühstück jetze… das geht nirgendwo besser als an der Curry-Baude am Bahnhof Gesundbrunnen. Beste Currywurst Berlins! Danach eierten wir etwas ziellos durch die Stadt und hielten unterwegs am Sportforum Hohenschönhausen, der Heimat des BFC Dynamo, dem Serienmeister der DDR-Oberliga in den 80ern. Hohenschön sind die Hausen dort tatsächlich.

    Geschäfte mit Supernamen: Gin-Chilla! Den Salami Social Club (natürlich ne Pizzeria) sahen wir später auch noch.

    Es zog zu. Die Oberbaumbrücke ist tagsüber recht undankbar, irgendwie fanden wir keine Position und irgendwie hatte das für uns nur Schnappschuss-Charakter. Dafür hatten wir Spaß im Parkhaus:

    Nirgendwo kann man schneller die Menschenwürde verlieren, als wenn man an einer Parkhaus-Ausfahrt zu weit weg vom Karteneinführungsschlitz angehalten hat und in möglichst unnatürlicher Haltung versucht, das Parkticket einzuführen. Wenn man dann noch versucht, seinen feinen Zwirn dabei nicht dreckig zu machen, hat man jede Menge belustigte Fans. Grüße nach Kiel.

    Auch die Abteibrücke war dank des Himmels nicht so spektakulär wie erhofft.

    Nebenbei nahmen wir das Rathaus Köpenick mit.

    Auf dem Rückweg schauten wir noch an der Alten Försterei vorbei, dort spielt Union Berlin Bundesliga. Noch.

    Rückweg ist ein gutes Stichwort, wir waren für Berliner Verhältnisse echt am Arsch der Heide und wollten nun ins Hotel zurück. Natürlich verbanden wir das mit Sightseeing, denn wir machten einen Abstecher zum Kottbusser Tor. Das innerstädtische Pendant zum Kölnberg. Alter Schwede, was für eine Gegend!

    BLAUE STUNDE AM POTSDAMER PLATZ

    Im Hotel warfen wir nur kurz das Auto auf den Parkplatz und bestiegen die nächstbeste S-Bahn. In der Innenstadt wäre das Auto nur im Weg. Dies waren am Potsdamer Platz auch die Weihnachtsbuden. Am 2. November! So ein Blödsinn! Wobei nicht mal die Buden das Hauptproblem waren, sondern diese Rutschbahn, oder was zum Geier das auch immer darstellen sollte.

    Ich wollte nämlich eigentlich den Bahnhof, also diesen riesigen Glasquader, als Vordergrund nutzen. Tja, schade Schokolade.

    Auch ein Versäumnis, dass am Bahntower nicht wenigstens das DB-Logo beleuchtet ist. Wahrscheinlich ist es ihnen selbst peinlich, oder sie brauchen das Geld für die Vorstandsboni.

    Die blaue Stunde war schnell vorbei und passend fing es an zu regnen. Das ist sogar ernst gemeint, denn der Regen sorgte dafür, dass weitaus weniger Touristen vor dem Brandenburger Tor herumlungerten, als das üblich wäre.

    Bereits gestern stellten wir fest, dass der Fernsehturm irgendwie so gar nicht spektakulär beleuchtet war. Vermutlich, weil gerade die Aussichtsetage saniert wird. Der Berliner Dom war ebenfalls völlig finster. Stand aber auch ein Gerüst dran. Vom Fernsehturm machten wir daher nur einen Alibischuss, weil wir eh gerade in der Nähe waren.

    Mittlerweile goss es in Strömen, was dazu führte, dass wir unsere fotografischen Ambitionen für heute begruben und uns in den in den Zug nach Schöneweide hockten, um uns dort beim Italiener die Bäuche vollzuschlagen. Die Trattoria Il Monello, die ich von früheren Berlin-Besuchen kenne, liegt direkt am S-Bahnhof Schöneweide und wird hiermit klar empfohlen! Kein Nobelitaliener mit Chichi, sondern ein ganz bodenständiger und genau deshalb ganz wunderbarer Laden.

    Nanakorobiyaoki

  • DORT STERBEN TRÄUME – BERLIN TEIL 2

    Dort sterben Träume - Berlin Teil 2 - valokuva.de
    Vielen Dank an Kollege nordpolar für den Titel. Er las Teil 1 der Berlin-Tour und schickte mir Beileidsbekundungen via WhatsApp, die nicht unbedingt Verliebt…
    valokuva.de


    Vielen Dank an Kollege nordpolar für den Titel. Er las Teil 1 der Berlin-Tour und schickte mir Beileidsbekundungen via WhatsApp, die nicht unbedingt Verliebt in Berlin klangen:

    Zitat
    Nach Berlin kriegen mich keine zehn Pferde… Gott, finde ich diese Stadt beschissen…
    Die ganze Stadt, die Leute, alles. Ich kann diese Stadt nicht ausstehen, dort sterben Träume…

    Wer in Hamburg wohnt, darf allerdings voller Abscheu auf andere deutsche Großstädte blicken. Besser wird’s halt nicht mehr…

    FLUTLICHTFREITAG

    Da ich bekanntermaßen kaltstartfähig bin, wurde mir die Aufgabe zuteil, Sonnenaufgangs-Inspektor zu spielen. Das sah so aus, dass ich mit dem Aufzug kurz in die 8. Etage hoch fuhr und von dort einen Blick aus dem Fenster riskierte. Mit dem Hotelpersonal hatte ich vorher abgesprochen, dass wir kurz mit Kamera & Stativ auf die Terrasse dürfen, aber das forderte ich gar nicht erst ein. Heute kein Sonnenaufgang… hier ein Alibifoto mit dem Smartphone aus dem geschlossenen Fenster:

    Schade, der Spot hat echt Potential… Also legten wir uns erstmal noch ein paar Stunden hin, ehe wir um kurz vor 10 zum Schloss Charlottenburg aufbrachen. Sieht im Herbst bestimmt wunderschön aus, zumal jetzt auch das Wetter mitspielte. Tja… was soll ich sagen? Natürlich wurde der gesamte hintere Bereich des Schlosses gerade großflächig von ein paar Baggern umgepflügt.

    Ich kramte etwas Laub zusammen, das mir als Vordergrund dienen sollte und verließ mich auf das alte Motto „Blende offen und hoffen“. Vielleicht habe ich etwas übertrieben und hätte mehr als Blende 1.4 nutzen sollen, vielleicht habe ich auch falsch fokussiert. Das Schloss ist jedenfalls nicht ganz scharf geworden. Auch die Front des Schlosses wurde verunstaltet, nämlich von einer riesigen Batterie Dixi-Klos. So blieb uns nur dieser Verlegenheitsschuss.

    IM SÜDWESTEN

    Ob die gegnerischen Agenten sich verlegen anschauten, als sie während des Kalten Krieges auf der Glienicker Brücke gegen ihre feindlichen Kollegen ausgetauscht wurden? Vermutlich nicht. Ob diese Überleitung verlegen im Boden versinken würde, wenn sie könnte? Vermutlich schon.

    Nicht versenkt habe ich die Drohne, die sich den Spaß derweil von oben anschauen durfte.

    Und auch das Schloss Babelsberg kann man von dort ganz wunderbar fotografieren. Vorausgesetzt, man hat ein Tele dabei.

    Anschließend verweilten wir bei wunderschönem Sonnenschein eine gute Stunde am Wannsee, ehe es weiter zum Mommsenstadion, der Heimat von TeBe Berlin, ging.

    Halt, Moment. Hannoi wackelte am Wannsee noch schnell anne Bude. Brøndby-Mütze, Kippe im Maul… und bestellte einen Latte Macchiato. Passende Reaktion der Bedienung: „Ick hätt jewettet, du nimmst’n Bier!“ Hätte er wohl auch am liebsten, ich genoss derweil meinen Status als Beifahrer und kringelte mich vor Lachen auf dem Boden. Der Kollege hier machte es besser und genoss in seiner Mittagspause erstmal ein zünftiges Pilsken.

    Wir entdeckten am Wannsee einen Steg, der leider nicht so einsam war, wie erhofft. Boote, blauer Himmel und herbstliche Bäume gehen aber immer.

    Nun wartete doch ein straffes Programm auf uns, für das wir trotz Innenstadtlage das Auto bevorzugten. Die blaue Stunde wollten wir am Bode-Museum zubringen, was wir letztlich auch taten.

    Auch der Bahnhof Friedrichstraße und somit der „Tränenpalast“ ist ganz in der Nähe.

    Wer mal in Bonn ist und sich nur ein bisschen für Deutschland in der Nachkriegszeit interessiert, dem sei das Haus der Geschichte wärmstens empfohlen. Kost‘ auch nix. Im Tränenpalast ist eine Dependance davon eingerichtet, die sich vornehmlich mit der deutschen Teilung und den Reisen zwischen der BRD und der DDR beschäftigt. Für einen Besuch der Ausstellung blieb keine Zeit, für ein Foto des Gebäudes schon.

    DER STASI ZU FÜSSEN

    Thematisch blieben wir sogar fast dabei, denn wir fuhren jetzt nach Lichtenberg. Hier, direkt neben der ehemaligen Zentrale des Ministeriums für Staatssicherheit, liegt das Hans-Zoschke-Stadion des Oberligisten Lichtenberg 47. Diese spielten heute gegen TeBe, wobei uns das Spiel absolut nicht interessierte, ich wollte nur mit der Drohne ein Bild mit dem hell erleuchteten Stadion im Vordergrund machen.

    In der Finsternis zu fliegen, ist gar nicht so das Problem, nur die Landung versprach, knifflig zu werden. Rechtzeitig erinnerte ich mich daran, dass ich eine Fotoleuchte im Rucksack hatte, stellte diese auf knallpink und legte sie als Orientierungshilfe auf den Boden.

    Spätestens jetzt wird klar, warum wir das Auto bevorzugten, wir mussten nämlich 10 km fahren. In Berlin. Zum Feierabendverkehr. Mit der Bahn hätte es noch länger gedauert, denn an unser Ziel fuhr weit und breit keine Bahn, obwohl es nicht mal einen km vom Hauptbahnhof entfernt lag. Außerdem hätten wir uns dann im Hbf. ein Schließfach für die Stative und so mieten müssen. Na? Wer ahnt es? Richtig, Fußball! 🙂

    DAS POSTSTADION

    Welches Spiel wir sahen, werde ich gleich noch schildern, zuerst mal ging es um das Stadion und hätte ich vorher gewusst, dass ich aufgrund der Platzverhältnisse dort überhaupt keine Möglichkeit haben würde, zu fotografieren, wir wären vorher schon mal hingefahren…

    Das Poststadion ist eins der typischen Trümmerstadien. Nicht, weil es in Trümmern liegt, sondern weil es mit Kriegstrümmern vergrößert wurde. In Hannover, Ludwigshafen, Augsburg, Leipzig und anderen deutschen Städten wurden ganze Stadien allein aus aufgeschichteten Kriegstrümmern errichtet und verrichten größtenteils bis heute ihren Dienst, auch wenn sie über die Jahre natürlich umgebaut, oder modernisiert wurden.

    Ein Schicksal, das dem Poststadion lange nicht zuteil wurde. Spätestens als sich Wacker Berlin 1979 endgültig aus der zweiten Bundesliga verabschiedete, übernahm der Zahn der Zeit das Zepter und nur noch die Platzanlage wurde notdürftig instand gehalten. Zum Glück war wenigstens der Denkmalschutz war auf zack und „rettete“ die Haupttribüne, die – zusammen mit dem Stadion – in vier Jahren ihren 100. Geburtstag feiert. Um das Areal einen Steinwurf vom neuen Regierungsviertel entfernt, kümmerte sich jedoch über zwei Jahrzehnte lang niemand. Pläne und Konzepte gab es genauso viele, wie mittlerweile Bäume auf dem Spielfeld wuchsen. Das „Große Buch der deutschen Fußballstadien“ schrieb noch 2001 „so wird das Poststadion, ein historisch bedeutender deutscher Sportstättenbau, wohl weiter verrotten, als trauriges Symbol für verfehlte Landespolitik.“ Die Zuschauerplätze waren zu dem Zeitpunkt schon längst aufgrund von Baufälligkeit gesperrt.

    Ende der 2000er bewegte sich plötzlich etwas, das Stadion wurde wieder hergerichtet, wenn auch freilich in anderen Dimensionen. Heute fasst es noch 10.000 von zwischenzeitlich 60.000 Zuschauern und wird seit 2008 hauptsächlich vom Berliner AK 07 genutzt.

    BERLINER AK VS. FC CARL ZEISS JENA

    Dieser Berliner AK gilt trotz des kurzzeitigen Intermezzos von Türkgücü München im Profifußball als erfolgreichster deutsch-türkischer Verein des Landes. Der BAK spielt zwar auch „nur“ Regionalliga, dies aber konstant seit 2011. Allerdings wurde im Sommer 2023 wohl der Abgesang eingeläutet, als sich das Präsidium und einige Sponsoren relativ überraschend zurückzogen. So steht der BAK zur Winterpause mit 11 Punkten am Ende der Tabelle, wenn auch nicht ganz aussichtslos.

    Dazu beigtragen hat auch diese – man muss es so deutlich sagen – furchtbare Partie gegen den FC Carl Zeiss aus Jena. Furchtbar waren gewiss beide Mannschaften und Jena eigentlich noch viel mehr. Der BAK hatte nach 17 Minuten einen Lattentreffer und der Nachschuss ging geradewegs in den Gästeblock. Hätte er mal den Vorsänger getroffen und vom Zaun geschossen, hätten wir uns wenigstens nicht 90 Minuten lang diesen Lalala-Dauergesang von 30 Mann anhören müssen.

    Danach war mit dem Heimteam nicht mehr viel los, aber auch Jena war absolut ungefährlich und hatte in 90 Minuten nicht einen echten Torschuss. Warum Jena trotzdem gewonnen hat, lässt sich mit „Kacktor des Monats“ nur recht unzureichend beschreiben, passte aber durchaus zu diesem furchtbaren Kick: Kurz vor der Halbzeit wollte Jena eigentlich einen Ball in den Strafraum flanken, dieser rutschte dem Spieler hauchzart über den Spann, nahm eine sehr eigenwillige Flugbahn und schlug hinter dem Torwart ins Netz ein, der mit großen Augen zurückblieb. Wir und unser derweil eingetroffene „Gast“ und ausgewiesener Berliner Fußballexperte Captain BlackAdder schüttelten verwundert den Kopf und Hannoi ging Bier holen.

    IM REISKOCHER DURCH DIE NACHT

    Hannoi stellte sich die geholten Bier auch in die Figur, ob aus Gewohnheit, oder um sich diesen grausigen Kick schönzusaufen und zurück am Auto wunderte er sich, dass er einen Autoschlüssel bei sich trug. Da war ja was… Ehe ich mich versah, hatte ich den Schlüssel in der Hand und durfte ihn und den Captain durch das nächtliche Berlin gurken.

    So gar nicht zufrieden mit der Speisenauswahl vor Ort, lotste Captain uns erst zum Wrangelkiez, nur um festzustellen, dass er sonst immer mit dem Drahtesel oder der BVG unterwegs ist und ich da vermutlich jetzt noch einen Parkplatz suchen würde. Also ging die Reise weiter in seine Hood, die lustigerweise gar nicht so weit von unserem Italiener von gestern Abend entfernt lag und er führte uns zu einem sensationell guten Vietnamesen. Danke dafür! Danach hieß es Abschied nehmen. Wir wollten noch ein paar nächtliche Fotospots abklappern, verloren jedoch schon beim ersten Versuch östlich der Jannowitzbrücke die Lust. Keine Parkplätze, wieder einsetzender Nieselregen und die Uhr zeigte fast Mitternacht. Ab ins Hotel!

    DRECKSBAHN II

    Nicht, dass wir am nächsten Morgen irgendwelche Termine gehabt hätten. Sonnenaufgang gab’s wieder keinen. Auch die Stadien hatten wir entweder schon alle abgeklappert, oder sie lagen in der Einflugschneise des Flughafens Tegel. Hier nix Drohne. Wir fuhren nochmal zur Frühstückscurrywurst am Gesundbrunnen und dann zum Sportplatz an der Wullenweberstraße. Dieser ist zwar weit entfernt davon, spektakulär zu sein, aber die Lage gefiel mir.

    Wenn etwas spektakulär ist, dann die Bahn. Hannoi fuhr mich wieder nach Hannover und währenddessen kristallisierten sich bereits zwei Dinge heraus. Mein Zug wird mit mindestens 30 Minuten Verspätung in Hannover angkommen UND wieder nicht in Essen halten. Die Zugbindung wurde zwar aufgehoben, aber der frühere Zug war natürlich auf die Sekunde pünktlich und ich sah nur noch die Rücklichter.

    Meine Fahrt endete also in Dortmund, wo ich eigentlich nur in einen Regionalzug umsteigen wollte. Allerdings regierte in Dortmund das blanke Chaos. Sämtliche Züge waren deutlich verspätet, zig Mal wurde das Gleis geändert. Auch die anwesende Polizei zeigte sich wieder von ihrer hilfsbereitesten Seite. Parallel spielte Bayern München in Dortmund und offenbar wurden einige nicht so gern gesehene Gäste aus Bochum (die eine Fanfreundschaft mit Bayern haben) direkt wieder einkassiert und sollten zurück nach Bochum begleitet werden. Die Anzeigen waren mittlerweile mit den ständigen Gleiswechsel komplett überfordert und ich musste in den gleichen Zug. Also fragte ich die anwesende Staatsmacht, ob der Zug in Richtung Bochum denn schon durch wäre. Ignorantes Schulterzucken war die Antwort. Naja, was erwarte ich Trottel auch…

    Die Rolltreppen funktionierten natürlich auch nicht und es macht total viel Spaß, drei Mal mit dem ganzen schweren Fotozeug quer durch den Bahnhof zu hetzen. Irgendwann kam sogar der RE und neben mich setzte sich eine Dame mittleren Alters, die sogleich damit begann, mir ungefragt von ihrem Tag zu berichten und stolz Fotos ihres Hundes zu zeigen. Dabei wollte ich doch einfach nur nach Hause… So ein hässlicher Köter!

    Nanakorobiyaoki

  • Wieder alles großartig ge- und beschrieben - da kann man richtig reinschlüpfen und sich Situationen vorstellen! :applaus: :nuke:


  • :D


    Wenn man schaut, wo ihr euch so herumtreibt, dann ist das auch kein Wunder!


    1) Olympiastadion & Hertha: massives Aufgebot an Steppjacken und 'Camp David' - Shirts. Was erwarteste? :D


    2) Hauptbahnhof / Poststadion: genau dazwischen liegt die Stadtmission. Und das Union Hilfswerk betreibt in der Gegend mehrere Unterkünfte für Leute mit diversen Diagnosen. Die Wahrscheinlichkeit, dass da einer mit IQ 50 und Drogen(vergangenheit) herumstiefelt ist gar ncith so gering.


    3) Das Kotti ist einer der Touristenattraktionen bei Hipstern. Das Berliner Gegenstück zur Sternschanze. Da sollte die olle Nappsülze aus Hamburg mal nich vergessen, in Berlin gibt's nur prozentual weniger höhere Söhne und Töchter. :*


    Und nicht zu vergessen: alle Bundesländer schicken ihre Spinner hierher. Die Masse der Kloppis sind Schwaben, Bajuwaren und aus Düsseldorf. :kuzze:



    Aber schön, dass ihr beiden Süsswassermatrosen mal wieder hier wart. Das Spiel legendär grottig, dafür was das Essen wirklich gut. Ich kenne da noch ein paar ähnlich besuchenswerte Lokalitäten und Anlass zum Essen sollte man stets freudig ergreifen. Lasst euch mal wieder hier blicken!

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