Platzwart!
ZitatAlles anzeigenDer Abstieg ist so gut wie besiegelt, Hannover 96 braucht einen Neuanfang - in Liga 2. „Wir legen die 96-Philosophie fest und suchen danach die Leute aus“, sagte Martin Kind kürzlich. Das macht Hoffnung, aber verunsichert auch irgendwie. Schließlich ist der Verein bisher 123 Jahre ohne wirklichen Plan ausgekommen. Woher der plötzliche Sinneswandel?
Herzlichen Glückwunsch! Hannover 96 ist in diesen Tagen 123 Jahre alt geworden, was selbst ungeübte Betrachter an der derzeitigen Spielweise ganz gut sehen können. Zum Gratulieren war halb Mönchengladbach nach Hannover gekommen, inklusive Dieter Hecking und ein paar Jungs in kurzen Hosen. Und da die 96er mit Geschenken traditionell nicht gut umgehen können, verteilen sie diese vorsichtshalber lieber selbst. Gladbach bekam seine drei Punkte von einem Präsentkorb überreicht. Randnotiz vom rechten Rand: Julian Korbs Zweikampfquote war in diesem Spiel schlechter als die von Bobby Wood, und der spielte am Samstag nur mit der Fernbedienung seines Fernsehers.
Acht Spiele ohne Sieg in Folge, Aufsichtsratswahl vergeigt, Abstieg vor Augen, da braucht es ein neues, frisches Thema, mal was Positives. Die Wahl von Martin Kind: Philosophie – schon immer eines der großen Themen des Fußballs. Kind hat schon als Kind, wenn andere PS-Zahlen von landwirtschaftlichen Zugmaschinen verglichen, immer Philosophisches Quartett um Geld gespielt. Noch heute erzählt man sich in Großburgwedel die Anekdote, wie der Martin als kleiner Bub mit nur einem Ass (Wittgenstein) seinen Mitspielern die Existenzialistenflöte Jaspers, Kierkegaard, Sartre und Camus abluchste, um dann im letzten Stich mit Sepp Herberger blank auf der Hand den Heidegger (Ass) einzusacken. Genial.
123 Jahre ohne Plan - Woher der Sinneswandel?
Philosophie geht also immer, findet Martin Kind und hat Folgendes beschlossen: „Wir legen die 96-Philosophie fest und suchen danach die Leute aus.“ Potzdonner! Das hat eingeschlagen und viele auch verunsichert. Philosophie? Das klingt fast nach einem Plan. Und das bei 96! 123 Jahre ist Hannover 96 irgendwie ohne Plan ausgekommen – woher der überstürzte Sinneswandel? Bislang, ohne Philosophie, hat Martin Kind zu Saisonbeginn das Glücksrad rausgeholt, einmal gedreht und danach die Marschroute ausgewählt. Zur Auswahl standen „Mit alten Säcken Kräfte wecken“ in der Popescu-Gedächtnissaison 2002/2003, „Masse hält die Klasse“ im Resterampensommer 2004/2005, „Torsegen aus Norwegen“ (2010 bis 2012) und „Berlin, Berlin, wir fahren nicht nach Berlin“ (seit 1992).
Eine junge, dynamische Lösung muss her
Jiri Stajner hatte eine eigene Philosophie: „Ich spiele mein Spiel. Alles andere ist doch scheiße.“ Das war zielorientiert, für jedermann verständlich und erfolgreich. Stajner wusste, wie man gegen Gladbach spielen muss, um den Abstieg zu verhindern. Wenn Philosophie zu solchen Typen führt – dann mal los. Apropos Typen. Für die Nachfolge von Horst Heldt wird eine „junge, dynamische, frische Lösung“ gesucht, die Jan Schlaudraff helfen soll, die Post in die Geschäftsstelle hochzutragen. Mit den Bewerbern sprechen sollen Martin Kind, Dirk Roßmann und Gerhard Schröder, zusammen 221 Jahre alt, versiert in wirtschaftlichen und politischen Themen und 48-Stunden-Deo. Topkandidaten für den Job neben Schlaudraff wären nach diesen Maßgaben Heidegger und Hecking.
Geld muss her für die Mission Titelverteidigung von 1954
Man fragt sich, was passieren würde, gäbe Hannover 96 die Philosophie „Meister in zwei Jahren“ aus? Ginge das mit Wimmer, Wood und Walace? Oder müsste man zunächst deren Arbeitsspeicher für unverhältnismäßig viel Geld erweitern? Sollte Wittgenstein Nachfolger von Horst Heldt werden, dann wird es klare Ansagen geben: Geld muss her für die Mission Titelverteidigung von 1954! Alle verkaufen. Auch die, die uns gar nicht gehören, und die, die vielleicht nur Hartgeld einbringen wie Kickererbse Uffe Bech.
Die Stadt Hannover begräbt ihr unsinniges Projekt Kulturhauptstadt, bringt 80 Millionen, dazu Felipe als Dauerleihgabe an das Museum der deutschen Sportmedizin, bringt allen was. Noch mehr Geld? Kein Problem, ans Eingemachte gehen. Denn wer erinnert sich nicht an Wittgensteins zentrale fußballphilosophische Fragestellung, die da lautet: „Was ist grün und hinkt ganz frisch?“ Niclas Füllkrug??? Demnächst in dieser … Bundesliga.